Sonntag, 29. August 2010

Persons

Robert Picardo meinte auf der vorletzten FedCon, kaum sei er zu "Stargate" gestoßen, wurde die Serie eingestellt. Dann stieg er bei "Stargate: Atlantis" zur Hauptfigur auf, und die Serie wurde eingestellt.

Passend, dass er nun plötzlich in der letzten Folge der Serie "Persons Unknown" als Obermotz auftauchte. Denn diese Serie ist damit auch schon wieder zu Ende.

Stephen King meinte ja in seinem "Entertainment Weekly"-Artikel, "Persons Unknown" gehöre zu den guten Dingen im Sommer 2010. Die Serie lief auf dem US-Network NBC. Und dort hatte man noch nicht einmal genug Geduld, wenigstens alle 13 Folgen zu zeigen. Die Quoten waren schließlich so schlecht, dass der Sender Folge 11 einfach wegließ. Das wohlgemerkt bei einer Serie mit einer komplexen, fortlaufender Handlung. Die, die es wirklich interessiert - so der Sender -, könnten sich die Folge ja im Internet ansehen.

Das zeigt mal wieder: Programgestaltern ist alles scheißegal. Völlig wurscht, ob der Zuschauer überhaupt noch durchblickt. Sich dann aber groß wundern, dass es immer schwerer zu werden scheint, neue Serien zu etablieren. "Flash Forward", "Heroes", "Reaper", "Jericho", "Eastwick", "Kyle XY" und "Terminator: Die Sarah-Connor-Chroniken" - alles aktuelle Serien ohne Abschluss. Wer hat da noch Bock, sich auf eine neue Serie einzulassen?

"Persons Unknown" blieb bis zur letzten Sekunde spannend und wendungsreich, das Ende konnte aber nicht befriedigen. Viele Handlungsfäden blieben unbeendet, und ganz wesentliche Fragen offen. Bei einem Film würde man das so wohl sogar akzeptieren, bei einer Serie erwartet man aber schlichtweg mehr.

Wir wissen zwar nun, wie das "Programm" läuft und wer involviert ist, aber wir kennen noch immer nicht den Hauptzweck. Stattdessen eine doppelbödige, fast esoterische Wendung im Stil von "The Prisoner". "Persons Unknown" war fesselnd und mitreißend, mit einigen hammerharten Überraschungen, die man beim besten Willen nicht kommen sah. Als in sich geschlossene Miniserie funktionierte die Serie für mich nur bedingt.

Samstag, 21. August 2010

Wortbrüchige SPD


Ist schon so eine Sache mit der wankelmütigen SPD. Beschließt erst in der großen Koalition die Rente mit 67. Und dann - so ganz plötzlich aus heiterem Himmel - will sie das nicht mehr.

Dabei ist es genau anders herum. Die SPD hat damals, als die Rente mit 67 "beschlossen" wurde, klare Kriterien und Bedingungen aufgestellt. Diese Kriterien und Bedingungen wurden ins Gesetz selbst aufgenommen. Die Bedingungen waren: Höhere Erwerbsbeteiligung Älterer, kein früheres Ausscheiden der 55-Jährigen mehr, leichtere Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser usw..

Die Bedingungen sind nicht erfüllt. Und in dem Gesetz steht auch klar drin, dass die Rente mit 67 nicht in Kraft treten darf, solange diese Bedingungen nicht erfüllt sind. Mit anderen Worten: Die SPD wäre gerade dann wortbrüchig, wenn sie an der Rente mit 67 festhält, obwohl die von ihr selbst aufgestellten Bedingungen nicht erfüllt sind. (Genauso wortbrüchig wäre natürlich die CDU, denn die hat ja das gleiche Gesetz beschlossen.)

(Dass wir bei einer längst überfälligen Ausweitung der Beitragszahler und einer Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze gar kein Rentenproblem hätten, wird ja gerne verschwiegen. Inzwischen weiß jeder, dass Geld nicht mehr nur durch Löhne erwirtschaftet wird, sondern vor allem auch auf dem Finanzsektor. In der Schweiz fließen zum Beispiel auch Einnahmen durch Zinsen und Mieten in die Rentenkassen, daher hat die Rentenversicherung dort auch überhaupt kein Problem. Ich weiß, ich weiß, bei uns zahlt der Staat auch jährlich aus Steuergeldern 60 Milliarden in die Rentenkassen ein. Nur: Er entnimmt zugleich 80 Milliarden für "versicherungsfremde Leistungen". Vielleicht sollte man damit mal aufhören? Es reicht ja schon, dass unsere Regierung in den letzten zehn Jahren 50 Milliarden an Steuereinnahmen verschenkt hat, weil man sich hartnäckig gegen den Mindestlohn wehrte. Und genau diejenigen, die von genau dieser Politik profitieren - die Unternehmer - fordern nun die Rente mit 70!)

Freitag, 20. August 2010

Rentenkürzung in Holland

Da jammern wir über die Rente ab 67 und Nullrunden, und in Holland droht eine Rentenkürzung um 14 Prozent!

14 Prozent!!!

Und zwar nicht irgendwie im Jahr 2027, sondern schon ab kommendem Jahr!

Wie das?

Ja, in Holland haben die nämlich genau das nicht, was bei uns ja so gerne kritisiert wird. Bei uns zahlen die aktuellen Beitragszahler die Rente der aktuellen Rentner. Und die Medien werden nicht müde, zu betonen, wie "anfällig" ein solches System sei. Weil es in Zukunft wegen des "demografischen Wandels" und der "radikal gestiegenen Lebenserwartung" einfach "nicht mehr trägt".

Wie gut, dass es die Holländer doch so viel besser gemacht haben. Bei denen wird die Altersrente nämlich durch private Pensionsfonds erwirtschaftet.

Denn: Privat ist super! Privat ist gewinnorientiert! Privat ist geil! Privat heißt Wettbewerb!!!

Und vor allem: Privat heißt irgendwie, dass der Einzahler "sein" Geld "behält"!

Bei uns ist das ja so doof, weil von "unserem" Geld irgendwelche ganz fremden Rentner ihre Miete bezahlen! Und wenn wir mal selbst Rente kriegen, dann kommt die von ganz "fremden Geld", nämlich dem Geld derjenigen, die dann arbeiten.

Und mit dieser Vorstellung hat so mancher ein Problem. Man glaubt: Moment mal! Ich gebe heute Geld her, damit ich morgen Geld von anderen kriege. Das ist aber doof.

Die Idiotie geht so weit, dass sich irgendwelche Pärchen schwer was darauf einbilden, ein paar Hartz-IV-Empfänger in die Welt zu setzen, weil "die" dann "ihre" Rente bezahlen können. Die bösen Kinderlosen sollten am Besten gar keine Rente kriegen. Auch wenn gerade die in ihrem Leben meist mehr in die Rentenkasse eingezahlt haben als so manche Eltern.

Nein: Mit dem "Generationen-Vertrag" haben die Leute so ihre Probleme. Man will einfach nicht wahr haben, dass so ein Generationen-Vertrag viel krisensicherer ist als alles andere.

Die Leute misstrauen - dank der Gehirnwäsche der Medien - der gesetzlichen Rentenversicherung, und glauben blind an das, was Banken ihnen anpreisen. Formulierungen wie "Geld ansparen", "Geld liegen lassen" und "Geld mehren lassen" erzeugen leider auch völlig falsche Bilder im Kopf.

Das Geld, das eine Bank bekommt, ist nämlich genauso "weg" wie das Geld, das ich in die gesetzliche Rentenkasse einzahle. Die Bank muss sogar nur einen sehr kleinen Prozentsatz als Eigenkapital vorweisen können. Das ist vielen gar nicht klar. Sie meinen: Das Geld, das ich in die Rentenversicherung einzahle, das kann man mir nehmen. Das "nimmt" man mir bereits. Doch das Geld auf der Bank kann mir keiner nehmen.

Da dürften die Holländer jetzt ein anderes Liedchen singen. Dort haben nämlich vor allem kleinere Pensionsfonds durch Spekulationen dank der (durch Spekulationen ausgelösten) Wirtschaftskrise ihre Einlagen so gefährdet, dass nun ein Bankrott droht. Und weg ist das tolle "angesparte", "liegen gelassene" und sich "automatisch mehrende" Geld.

Dieser Bankrott wäre nur durch eine drastische Rentenkürzung aufzuhalten.

Da kann man ja mal gespannt sein, wie viel von dem Geld, das die Leute heute brav in allerlei Pensionsfonds und Riestereien einzahlen, später wirklich wieder zurück kommt. Vielleicht dämmert es dann so manch einem, dass es vielleicht doch besser ist, der Staat verwaltet die Altersversorgung, bevor man das Geld irgendwelchen gewinngeilen Zockern überlässt, die damit ins Casino gehen und zugleich die Bürger mit völlig haltlosen Versprechungen nach Strich und Faden verarschen.

Übertreibe ich damit? In der September-Ausgabe 2010 der "Finanztest" erzählt ein frischgebackener Riester-Rentner, dass er sage und schreibe 0,38 Euro mehr als die mickrige "Garantierente" erhält! Die Garantieverzinsung beträgt bei Riester gerade mal 2,25 Prozent! 2,25 Prozent!!! Das übertrifft kaum die Inflationsrate! Dennoch werben Nepper, Schlepper, Riesterfänger noch immer mit grandiosen Steigerungsraten von bis zu neun Prozent, ohne dieses Versprechen jemals erfüllen zu müssen! Wenn das keine Verarsche ist, dann weiß ich auch nicht.

Man lernt nie aus

Gestern habe ich so einiges gelernt. Nämlich: Es gibt viel radikalere "Lost"-Fans als mich. Pepsi Light schmeckt auch mit Wodka. Es ist sagenhaft komisch, wenn man während eines Hustenanfalls die Vorhänge zuzieht. Und Toffifee gehen manchmal nur sehr schwer aus der Alu-Verpackung raus.

Mittwoch, 18. August 2010

Hokuspokus Glaskugel 2

"Konjunkturerwartungen sinken überraschend deutlich" schreibt die Welt hier. Und es heißt: "Der ZEW-Index fällt erheblich."

Wahnsinn! Der ZEW-Index fällt.

Heute redet man nicht mehr übers Wetter, man redet darüber, was das Barometer vorhersagt. Und dass es auch schon mal gern was anderes vorhersagt, als man selbst vorhergesagt hätte. Oder dass es nicht das vorhersagt, was ein anderes Barometer ein paar Wochen vorher verhersagte.

Was nun ist der ZEW-Index? Der entsteht aufgrund von Mitarbeitern in einem Mannheimer Institut. Die rufen einmal im Monat 400 Spekulanten und Analysten an und fragen: "Na, was denkt ihr wohl? Geht es im nächsten halben Jahr mit der Konjunktur aufwärts oder abwärts."

Diese anderen Wahrsager geben dann drei mögliche Antworten. Wird besser, bleibt gleich, wird schlechter. Die, die sagen: Bleibt gleich, werden gleich mal in den Papierkorb geworfen. Sie spielen keine Rolle. Nehmen wir an: 30 Prozent sagen: Wird besser. 40 Prozent sagen: Wird schlechter. Dann kommt ein ZEW-Index-Wert von -10 heraus.

Wobei der ZEW-Index selten einfach nur eine -10 wäre. Denn bei 400 Befragten kann man da schon immer brav eine Stelle nach dem Komma angeben. Im Vormonat lag der Wert also bei 21,2 Punkten, jetzt liegt er bei 14 Punkten.

14 Punkte. Das kann heißen: 10 Prozent sagten, wird schlechter. 24 Prozent sagten: Wird besser. Es kann aber auch heißen: 40 Prozent sagten, wird schlechter. 54 Prozent sagten: Wird Besser. Es kann aber AUCH heißen: Gar keiner sagte, es wird schlechter, während 86 Prozent sagten, alles bleibe beim alten und nur 14 Prozent erhoffen sich eine Verbesserung.

Mit anderen Worten: Diese Zahl ist vollkommen für den Arsch. Da ruft ein Wahrsager bei 400 anderen Wahrsagern an und ermittelt daraus eine Zahl, die noch nicht mal wirklich was über die Stimmung bei den Wahrsagern aussagt. Und weil die Medien offenbar allesamt an geistiger Fäulnis kranken, zugleich aber die leeren Flächen in den Magazinen und ihre Online-Seiten dringend mit Geschwafel füllen müssen, wird darüber auch noch berichtet!

Über einen solchen Stuss wird echt berichtet!!!

Nicht nur das: Man befragt "andere" Wahrsager, die ebenfalls Wahrsage-Werte wahrsagten und die nun über die neuen Wahrsage-Zahlen überrascht sind, was sich dann in Sätzen wie "Zuvor befragte Analysten hatten im Mittel mit einem leichten Rückgang auf 21,0 Punkte gerechnet." äußert.

Und wer jetzt denkt, damit wäre der Wahnsinn am Ende: Aber nicht doch! Denn der ZEW-Index wird von anderen Wahrsagern weiterverarbeitet. Und zwar vom viel prominenteren "ifo-Geschäftsklimaindex"! Da kommt jetzt das "Institut für Wirtschaftsforschung" in München ins Spiel. Die verschicken Fragebögen an Unternehmen, die diese ausfüllen können. Wenn sie wollen. Wenn sie nicht wollen, dann halt nicht. Die kann ja keiner zwingen, bei diesem Schwachsinn mitzumachen. Wenn mich heute einer anruft und fragt, ob ich damit rechne, dass im nächsten Monat das Radioprogramm besser wird, denke ich auch eher: Der hat wohl einen an der Waffel! Könnte mir also vorstellen, dass gerade bei Firmen, denen es gerade nicht so gut geht und bei denen deshalb eine gewisse Hektik herrscht, so ein Fragebogen auch schon mal schnell im Papierkorb landet.

Die Umfragen, die zurückkommen, werden dann nach irgendeinem Schlüssel zusammenaddiert, dann mixt man das noch ein wenig mit dem ZEW-Index, und schon präsentiert man dem staunenden Publikum eine neue Zahl, was dann meist zu folgenden zwei Schlagzeilen führt: "1. Die Zahl ist gut, was beweist, was für eine Spitzenregierung wir haben!" Oder: "2. Die Zahl ist schlecht, was eindeutig beweist, dass wir alle mindestens bis zum 70. Lebensjahr arbeiten müssen."

So tickt also der moderne Mensch. Er glaubt vielleicht nicht mehr an Gott, aber ganz sicher an Zahlen. Sobald man ihm irgendeine Zahl präsentiert, am besten noch mit einer unverständlichen Bezeichnung, einer Kommastelle und garniert mit den Worten "Experten" und "Institut", dann glauben die Menschen vollkommen unhinterfragt, dass diese Zahl irgendwie relevant und aussagekräftig ist.

Freitag, 13. August 2010

Erfolg

"Erfolg" ist ein Roman von Lion Feuchtwanger, der für mich bis vor Kurzem noch zu den "schon immer mal lesen wollte"-Büchern zählte. Nun habe ich es endlich getan, und das einzige, was ich danach bereute, ist, es nicht früher getan zu haben.

Der Roman spielt in München in den zwanziger Jahren. Gegen den unkonventionellen Museumsdirektor Krüger wird ein Meineidprozess angezettelt, der ihn unschuldig ins Zuchthaus bringt. Krügers Freundin Johanna Krain versucht daraufhin, seine Begnadigung zu erwirken.

Diese Rahmenhandlung nutzt Lion Feuchtwanger für einen bitterbösen Einblick in eine ganze Epoche. In die Zeit, die sich zum Nährboden des "Dritten Reichs" entwickelte, was Lion Feuchtwanger schon damals mit unglaublicher Weitsicht durchschaute. Der Roman wurde zwar damals, in den 1920er Jahren, geschrieben, tut aber so, als erzähle er die Geschichte rückblickend aus dem Jahr 2000. Damit schuf Feuchtwanger sowas wie den "historischen Gegenwartsroman".

Das Zeitbild rund um die Stadt München ist für alle lesenswert. Wenn man aber - wie ich - in München lebt, kommt man um diesen Roman nun wirklich nicht herum. Es ist auf jeder Seite fesselnd, wie Feuchtwanger noch vor der Machtergreifung der NSDAP die Entstehung des Dritten Reichs treffend und phantasievoll schildert. Inflation, rechte Justiz und Hitler-Putsch werden mit bissigem Sarkasmus und treffenden Formulierungen dargestellt. Wundervoll auch die Beschreibung von Hitlers Reden (wobei Hitler in dem Roman "Kutzner" heißt). Pure Politik-Satire macht sich in dem Roman breit, wenn die Intrigen der bayerischen Politiker am "zünftigen Stammtisch" mit "Weißwurdt und Bier" dargestellt werden. Zugleich entlarvt der Roman, weshalb in einer Gesellschaft Ungerechtigkeiten toleriert werden. Das muss die Hauptfigur Johanna immer wieder erfahren. Heute noch sind die Leute mit ihr über den Justizskandal empört, morgen haben sie es längst vergessen.

Es war nicht mein erster Feuchtwanger-Roman, ganz sicher aber auch nicht mein letzter.

Donnerstag, 12. August 2010

Hokuspokus Glaskugel

Als Kind hörte ich ja gerne die Hörspielreihe "Hexe Schrumpeldei". Die Hexe Schrumpeldei sah immer wieder gerne in ihre "Hokuspokus Glaskugel", wo sie allerlei sehen konnte, darunter auch die Zukunft.

Faszinierenderweise scheint die Regierung auch über so eine Hokuspokus Glaskugel zu verfügen. Da im Moment ja über die "Rente ab 67" gestritten wird (obwohl nur jedes zweite Unternehmen in Deutschland überhaupt Personen über 50 beschäftigt!), braucht man für diese ungenierte Rentenkürzung ja ein paar Argumente. Oder zumindest sowas, was sich wie Argumente anhört. Und da bietet sich doch nichts besser an, als so ein kleiner Blick in die Zukunft!

(Besonders schön ist, dass sich nun auch Arbeitgeberlobbyisten einschalten und die Rente "ab 70" fordern. Diese Arbeitgeberlobbyisten werden komischerweise nie als solche bezeichnet, man nennt sie vielmehr "Wirtschaftsexperten".)

Ich will auf das ganze Gewäsch gar nicht eingehen, hier kann sich jeder ausführlich mit Fakten informieren. Ich will hier nur zitieren.

Da schreibt die Bundesregierung: "Lag die mittlere fernere Lebenserwartung der 65-jährigen Männer und Frauen im früheren Bundesgebiet im Jahr 1960 noch bei 12,3 bzw. 14,6 Jahren, so beträgt sie heute für die Bundesrepublik 17,1 bzw. 20,4 Jahre. Es ist davon auszugehen, dass die mittlere fernere Lebenserwartung der 65-jährigen bis zum Jahr 2030 für beide Geschlechter um weitere gut zweieinhalb Jahre anwachsen wird. Dies ist Folge der erreichten gesellschaftlichen wie medizinischen Entwicklung."

Soso!

Da ist "davon auszugehen". Die berühmte "es ist davon auszugehen"-Argumentationskette, gelle? Gesellschaftliche Entwicklung. Ist ja schön, dass die Regierung die gesellschaftliche Entwicklung der nächsten 20 Jahre kennt. Und dass sie angeblich so positiv ist! Mich überrascht vor allem die medizinische Entwicklung. Schließlich sind Regierung und Mainstream-Medien normalerweise nicht gerade zimperlich darin, in hysterischem Gehabe den dramatischen Anstieg sogenannter Zivilisationskrankheiten heraufzubeschwören, mit ganz ganz schrecklichen Folgen. Aber wahrscheinlich glaubt die Regierung, der Mensch von heute würde in der Zukunft - ausgeruht und erholt von der sozialen Hängematte und natürlich optimal medizinisch versorgt - kerngesund und fidel biblische Greisenalter erreichen.

Natürlich denkt das keiner in der Regierung. Die denken das deshalb nicht, weil die offenbar generell nicht gerne viel denken. Letztlich fußt das ganze nämlich nur auf der Doofen-Logik nach dem Motto: Was in den letzten 30 Jahren anstieg, steigt genauso auch in der Zukunft. Kennen wir ja von den Aktienkursen.

Mit anderen Worten: Wenn in den letzten 50 Jahren die Lebenserwartung im Schnitt um fünf Jahre stieg, steigt sie in den nächsten 20 Jahren halt einfach nochmal um ca. 2,5 Jahre. Ist doch klar und einleuchtend. Simple Mathematik. Schöne, halbwegs lineare Kurve ...

Dann kann man nur sagen: Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben. Denn nach dieser Logik werden die Menschen im Jahr 3010 durchschnittlich 205 Jahre alt, wodurch die Rentenanpassung in dieser Zeit eine Rente ab dem 180. Lebensjahr vorschreiben müsste ...

Die Hexe Schrumpeldei würde wohl sagen: "Potz Hokuspokus, hi und hu, beschlossen ist die Rentenkürzung im Nu!"

Dienstag, 10. August 2010

Scheinheiligkeit

Kann es sein, dass im Moment die Scheinheiligkeit der Gesellschaft einen neuen Level angenommen hat? Oder fällt sie mir einfach nur mehr auf als früher?

Da gibt es ein krisengesichertes oberes Drittel der Gesellschaft - meist höhere Beamte und Vermögende - die in die Politik gehen und die sich mehr um die Sicherheit der Banken als um die soziale Sicherheit der Bevölkerung scheren. Da wird absichtlich Lohndumping gefördert, und dann jammert man über das fehlende Geld bei der Sozialversicherung. Da treibt man die Privatisierung der Rentenversorgung voran und kürzt damit zugleich die Einnahmenseite der gesetzlichen Rente. Da erhöht die SPD das Renteneintrittsalter auf 67 Jahre, und zwei Jahre später stellt Sigmar Gabriel ganz überrascht fest, dass es für Menschen im Rentenalter kaum Arbeitsplätze gibt.

Das, was an Lügen über die angebliche soziale Hängematte von Hartz-IV-Empfängern verbreitet wird, erinnert mich allmählich an einen Film, den 1942 die Nazis in Auftrag gaben. Mit getürkten Aufnahmen sollte gezeigt werden, wie luxuriös die Menschen in Warschauer Ghetto leben. Der Film wurde aus unbekannten Gründen nie fertig gestellt, vielleicht war selbst den Nazis eine solche Lüge zu dreist. Heute erzählt man hingegen ungeniert die Lüge, Hartz-IV-Empfänger seien alle unausgebildet (dabei hat die Hälfte eine abgeschlossene Berufsausbildung) und lebten zum Teil besser und reicher als die arbeitende Bevölkerung. Zum einen will man offenbar davon ablenken, dass Hartz-IV nichts anderes ist als staatlich verordnete Armut. Zum anderen will man die Bevölkerung damit gezielt auf weitere Kürzungen im Sozialbereich einstimmen.

Parallel dazu wird immer wieder der Fachkräftemangel beklagt. Dabei gibt es einen solchen Mangel überhaupt nicht, sieht man sich die Zahl der gut ausgebildeten Jobsuchenden an. Nur sind die halt "zu alt" (über 40) und "zu teuer" (die wollen dreisterweise wenigstens soviel verdienen, um davon einigermaßen gut leben zu können). Außerdem braucht die Industrie fürs Lohndumping natürlich ein großes Heer an Arbeitslosen. Also hofft man nun auf billige Inder und ärgert sich, dass die lieber nach Amerika gehen.

Aber ich weiß, ich weiß: Es ist Optimismus angesagt. Ein böser Spielverderber ist der, der behauptet, dass die deutsche Exportindustrie zurzeit vor allem von der Euro-Schwäche profitiert. Vielleicht will uns die Regierung ja einreden, es liege an der unglaublich wichtigen Mehrwertsteuersenkung für Hotels, was den Steuerzahler eine schlappe Milliarde (pro Jahr!) kostet.

Ein halber Kommunist ist natürlich der, der es wagt zu behaupten, ein "Sparpaket", das Hartz-IV-Empfänger belastet und Besserverdienende schont, sei ungerecht. Und die Argumentationskette von einer Frau Schröder, die erklärt, weshalb man Hartz-IV-Empfängern das Elterngeld wegnimmt, während man es oberen Einkommensschichten ohne Abstriche belässt, ist doch auch schlüssig. Wer dagegen lästert, der ist halt vom "Sozialneid" befallen. Und gar keine Ahnung hat nun wirklich der, der einfach nicht sehen will, was für eine ultimativ-genial-innovative Gesundheitsreform es doch war, als man einseitig die Krankenkassenbeiträge für Pflichtversicherte erhöhte. Wobei darin sogar wirklich eine gewisse Logik steckt. Früher ging man noch davon aus, Arbeitnehmer und Arbeitgeber seien an der Gesundheit der arbeitenden Bevölkerung interessiert. Doch warum sollte das heute einen Arbeitgeber interessieren? Der Markt der Arbeitslosen bietet ihm doch jederzeit hinreichend meist jüngeren und billigeren "Ersatz".

Es muss herrlich sein für krisensichere Regierende. Man kann endlos Milliarden an Staatsgeldern verplempern, um die Vermögen der Reichen (und damit die Parteispenden) und die Bonis der Banken-Manager zu schützen. Und dann kann man im gleichen Moment bei den Sozialausgaben kürzen. Medien, die das hinterfragen, scheinen nahezu ausgestorben.

Dank Schröder und Müntefering gibt es längst auch keine politische Alternative mehr. Wer tatsächlich noch sowas Albernes wie soziale Gerechtigkeit will, der wird eiskalt an die Fanatiker der Linkspartei verwiesen.

Es gibt viele Punkte, die die Linkspartei schlichtweg unwählbar machen. Aber selbst, wenn man diese für einen Moment ignoriert: Viel erwarten muss man sich von dieser Partei auch nicht. Immerhin gönnt sich auch die Linkspartei einen Parteivorsitzenden, der gerne Porsche fährt und der aus Steuergeldern neben den Diäten von fast 8000 Euro und der steuerfreien Pauschale von 4000 Euro noch mal rund 3.500 Euro Zulage von der Partei und weitere fast 2000 Euro von der Fraktion der "Linken" bekommt, obwohl er gar keine Funktion in der Bundestagsfraktion hat. Mit anderen Worten: Eine grundlose Doppelbezahlung - finanziert aus Steuergeldern. Das macht den Mann ungefähr so glaubwürdig wie eine Bischöfin, die Verantwortung und Moral predigt und dann nachts sturzbesoffen durch rote Ampeln fährt.

Und alle jammern.

Die Geistlichen beklagen einen Verlust der Spiritualität. Komisch. Dabei müsste einem doch das religiöse Herz aufgehen, wenn christliche Bischöfe im Zusammenhang mit der Tragödie der "Loveparade" von einem "strafenden Gott" schwafeln, ohne zu erklären, weshalb es dann angesichts jüngster Skandale der Kirche nicht unentwegt Blitze auf den Petersdom hagelt.

Und die Politiker lamentieren als Gipfel der Scheinheiligkeit kopfschüttelnd über die grassierende "Politikverdrossenheit", obwohl nun auch der letzte erkennen kann, dass es sowohl Regierenden als auch der "Opposition" nur noch um die eigenen Pfründe und den Erhalt von Privilegien geht.

Montag, 9. August 2010

Gott

Im Christentum erzählt man ja immer gerne von dem liebenden, gütigen Gott. Wenn man dann nach konkreten Beispielen fragt, wann Gott denn in der Bibel mal so gütig und liebend gehandelt hat, wird's meist ein wenig dünn. Gerade mal, dass er sich irgendwie selbst in der Gestalt seines Sohnes von den Menschen hat kreuzigen lassen - ein Vorgehen, das man ja gerne negativ "den Juden" (und komischerweise nicht den Römern) anlastet, obwohl dieses Kreuzigen letztlich ja doch irgendwie was total Positives für die Menschen war, weil Gott damit sämtliche Sünden der Menschen irgendwie auf sich lud. Dieses Kreuzigen jedenfalls hat Gott dann großzügig "der Menschheit" verziehen.

Wie auch immer, ist ja auch völlig egal, denn offenbar wollen die Menschen, die den Glauben an eine Gottheit für ihr Leben brauchen, gar keinen liebenden und gütigen Gott. Sagen wir, wie es ist: Liebend und gütig ist jeder lahme Schlappschwanz. Dann schon lieber einen Jack Bauer! Strafend und richtend! Und sei es, dass er sich selbst richtet, indem er sich irgendwie freiwillig - aber doch gezwungenermaßen - ans Kreuz nageln lässt.

Und so bringt es nicht nur eine offenbar vollkommen durchgeknallte Blondine auf den Punkt (deren Eltern sich wahrscheinlich immer noch ärgern, ihr jemals das Sprechen beigebracht zu haben), wenn sie "göttliches Eingreifen" bei dem tödlichen Unglück auf der diesjährigen "Love Parade" vermutet.

Nein, was so eine Blondine kann, das kann auch der Salzburger Weihbischof Andreas Laun. Er greift nun auch freudig die Idee eines Gottes auf, der zwar bei Hungersnöten, sexuellem Missbrauch von Kindern, Steinigungen, Nazi-Greueln, Weltkriegen und Terroranschlägen offenbar gütig und liebend zuguckt, bei einem so satanischen Treiben wie der "Love Parade" aber offenbar mit der göttlichen Faust auf den Tisch schlägt. Ist ja klar. Bei solchen Outfits und dieser Musik muss ja letztlich dem gütigsten Gott der himmlische Kragen platzen.

Also hat dieser liebende und gütige Gott mit seiner göttlichen Macht Behörden und Bürgermeister behext, damit sie schließlich ein offensichtliches Sicherheitsrisiko absegneten. Da verstehe einer, wie man überhaupt noch Rücktritte fordern kann, wenn die Verantwortlichen doch alle in göttlichem Auftrag handelten. Vielleicht sollte der Papst darüber nachdenken, Oberbürgermeister Adolf Sauerland heilig zu sprechen.

Dann hat Gott mit seiner göttlichen Allmacht noch für ein wenig Inkompetenz bei denen gesorgt, die eigentlich dazu da waren, diese Tragödie zu verhindern. Und schon war der göttliche Wille geschehen.

Und das alles hat Gott getan, weil die "Love Parade" - wie der Bischof erklärt - "Sünde und Einladung zur Sünde!" war.

Ich frage mich nur eins: Wenn all diese Bischöfe wirklich an einen richtenden und strafenden Gott glauben, wie kommt es dann, dass sie sich selbst überhaupt noch aus dem Haus trauen? Normalerweise müssten sie doch annehmen, angesichts eines derart bescheuerten Gesülzes augenblicklich vom Blitz erschlagen zu werden. Andererseits: Ich kenne keine Religion, in der dummes Geschwätz zur Sünde erklärt worden wäre. Kann ja auch keine Sünde sein. Wäre es eine, die Menschheit wäre vor lauter Sintfluten längst ein reiner Wasserplanet.

So gesehen können die Vollidioten der Gattung Mensch munter weiter predigen, ohne irgendeinen göttlichen Zorn befürchten zu müssen.

Sonntag, 1. August 2010

Love-Parade

Wenn man zu einem Thema was sagen möchte, dann aber jemand anderes das, was man sagen möchte, brillant recherchiert und auf den Punkt formuliert, gibt es zwei Möglichkeiten. Man kopiert den Beitrag, formuliert ihn um, übernimmt die Hauptaussagen und reichert sie mit ein paar zynischen Sprüchen an, die auf dem eigenen Mist gewachsen sind.

Oder man verlinkt einfach auf diesen Beitrag. Was ich hier mit tue. Ein Beitrag, der einfach nur erfrischend ist.