Sonntag, 16. Mai 2010

Noch eine Folge, dann das Finale...


"Lost" nähert sich in den USA dem Ende. Noch eine Folge, dann folgt das Finale. Es ist die sechste Season, die Season der "Antworten", und nach jeder Folge kommen die in etwa gleichen Reaktionen: Man wundert sich über noch immer ausbleibende Antworten, und man empört sich über neu eingeführte Rätsel.

Ein Wunder ist es nicht. Die Season wurde massiv als Season der Antworten beworben. Es gilt ohnehin: Schnell bauen sich bei Serien Erwartungshaltungen auf, die nicht nur vom Text an sich erzeugt werden, sondern auch durch das Umfeld. "Harry Potter" hatte ein ähnliches Phänomen, und am Ende konnte das, was der letzte Band lieferte, nur enttäuschen. Bei der umfangreichen "Dunkle Turm"-Fantasy-Reihe warnte der Autor Stephen King am Ende sogar selbst den Leser, nicht weiterzulesen, die Auflösung des Geheimnisses des Dunklen Turms würde den Leser garantiert enttäuschen. "Akte X" leidet noch immer unter dem Vorwurf, am Ende keine Antworten geliefert zu haben, was vollkommener Unsinn ist. Im Gegenteil: "Akte X" lieferte sämtliche Antworten, im Finale wurden diese Antworten überflüssigerweise sogar noch einmal durchgekaut...

Zurück zu "Lost". "Lost" ist noch immer eine Serie, die so etwas wie langweilige Momente nicht kennt. Das muss man sich immer bewusst machen. Nur sagen manche: Ja, aber diese Spannung wird durch Tricks erzeugt. Durch Rätsel, die wahrscheinlich nie zu einem sinnvollen Ganzen führen. Ich bezweifle das. Rätsel allein reichen nicht, um eine derartige Faszination, ein vergleichbares Mitfiebern auszulösen. Es sind die Figuren, die diese Spannung erzeugen. Daher fesselt mich in der sechsten Season sogar eine Parallelhandlung, ein Element, das ich für gewöhnlich zu beliebig und daher langweilig finde. Die Macher betonen stets, sie fühlten sich nicht den Rätseln, sondern den Charakteren verpflichtet. (Erstaunlicherweise wurden sie diesem Prinzip mit der Folge 6.15 untreu. So als wollten sie denen, die immer sagen, sie verfolgen die Serie nur wegen der Mystery und nicht wegen der Charaktere, eine lange Nase drehen.)

Mit der sechsten Season hat "Lost" eine neue, sehr originelle und in dieser Form einmalige Erzählebene gefunden. Die Einflüsse von "Lost" auf die Serienwelt sind wahrscheinlich nur mit dem Serien-Meilenstein "Twin Peaks" zu vergleichen. Nur dass "Twin Peaks" als gescheitertes Experiment gilt, während "Lost" zu einem Abschluss findet. Ich bin gespannt.

"Lost" wird (in den USA) heute in einer Woche enden. Doch unabhängig davon, ob mich die finale Auflösung nun von den Socken haut oder nicht, es wird an meiner Einstellung zu "Lost" nichts mehr ändern können. Auf die "Lost"-Reise würde ich mich jederzeit wieder begeben. Genauso wie ich unabhängig von dem unbefriedigenden Ende auch "Twin Peaks" für eine herausragende Serie halte.

9 Kommentare:

  1. Es sei erwähnt, daß der obige Promo-Trailer zum Finale von den Fans gemacht wurde. Ich hatte jedenfalls Gänsehaut beim Anschauen. :-)

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  2. Das Problem mit dem siebten Potter-Band war, dass die Horkruxe bis einschließlich Band 6 (man erinnere sich an den Basin in der Höhle) als unheimlich stark geschützt dargestellt wurden (Dumbledore stirbt faktisch bei der Zerstörung des Rings).

    Und in Band sieben dann werden die Dinger husch-husch eingesammelt und zerstört.


    Und ich wäre sehr enttäuscht, wenn LOST wie BSG enden würde (Gott wars! Ende.)

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  3. Mir gefiel ja das "Galactica"-Ende. Es ist übrigens fast immer so, dass Gegner, die zu Beginn geradezu unbesiegbar wirken, am Ende leicht zu knacken sind... :-)

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  4. Siehe z.B. die Borg in "Best Of Both Worlds" von TNG!

    Tja, ich war bisher eigentlich ganz zufrieden mit der sechsten Staffel. Doch 6x15 macht es mir jetzt doch sehr schwer. Hier wurde eines der ältesten Rätsel von LOST in einer Art und Weise aufgelöst, sodaß ich mich frage, ob Darlton wirklich jemals einen Masterplan bezüglich der LOST-Handlung hatten! :-(
    Naja, mal sehen, was die nächsten 7 Tage bringen!

    P.S.: Sorry, Thomas, ich habe Dir ja unrecht getan. Du warst ja schon längst dabei, etwas Neues über LOST zu schreiben.

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  5. Die Beiträge haben sich überlappt! :-) Ich habe halt immer ein schlechtes Gewissen, in Deutschland über "Lost" zu schreiben, weil viele ja warten werden, bis die Episoden im deutschen Free-TV laufen.

    Aber wenn das Finale gelaufen ist, werde ich garantiert was schreiben. :-)

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  6. Unbefriedigendes Finale? Twin Peaks? Na, da wage ich zu widersprechen. Zumindest im Ansatz. Geht immerhin um meine Lieblingsserie - die es wie keine zweite schaffte, gleichzeitig das Beste und das Mieseste zu sein, was narratives Serienfernsehen m.E. sein kann. :-)

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  7. Das Finale von "Twin Peaks" drehte alles noch mal ins Negative, wodurch es ein wenig unbefriedigend war. :-) Schlecht fand ich "Twin Peaks" aber nie.

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  8. paranoid android19. Mai 2010 um 11:14

    Folge 6x15 hat an einigen Stellen gehakt, aber ein großes Problem war wohl das Timing. Früher in dieser Staffel, als eh nicht viel los war (was sollte nochmal der ganze Quark im Tempel?), hätte man eine solche Folge bringen können, aber so wurde voll auf die Bremse getreten, als die Handlung gerade richtig in Schwung kam.
    6x16 macht das allerdings wieder gut. So ergibt sie Serie zwar immer noch von vorn bis hinten keinen Sinn, macht aber wenigstens Spaß!

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  9. paranoid android25. Mai 2010 um 16:04

    Bin mal schwer gespannt auf deinen Kommentar zum Finale. Zumindest ist es einer Tradition der Serie eindeutig treu geblieben: Wie so oft saß ich ein paar Minuten nach dem Ende noch da und dachte: "Was zum Teufel war DAS?"

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