Dienstag, 23. August 2011

Prequel-Wahn

Mein erstes Prequel, das ich bewusst sah, war der "Dallas"-TV-Film "Dallas - Wie alles begann". Er lief 1987 im deutschen Fernsehen und erzählte die Vorgeschichte des Ewing-Imperiums. Und schon damals fragte ich mich: Wen interessiert das?

George Lucas muss diesen Film gesehen haben, als er sich daran machte, die Vorgeschichte zu "Star Wars" zu bringen. Das Geniale an Episode 1 bis 3 war, dass George Lucas damit die Geschichte umkehrte und aus dem vorherigen Bösewicht Darth Vader den Haupthelden des Sechsteilers machte. George Lucas hatte erkannt, dass er nicht mehr länger Luke Skywalker, sonder Darth Vader geworden war. Diese aus filmhistorischer Sicht einmalige Sache wurde natürlich von wenigen überhaupt nur wahrgenommen, die meisten waren damit beschäftigt, über den ach so albernen Jar Jar Binks zu jammern.

Wie auch immer: Seitdem scheint mir im Kino der Prequel-Wahn ausgebrochen zu sein. Allerdings ohne die Genialität von George Lucas, also ohne den geschickten Schachzug, durch das Prequel auch die bisherigen Filme in ein neues Licht zu rücken.

Heute dreht man Prequels, um zum einen eine "Marke" fortzuführen und die "Stamm-Zuschauer" mitzunehmen, und zum anderen, um neue Zuschauer zu ködern, die von "zu viel Vorwissen" abgeschreckt sein könnten. Denn das ist ja die neueste Leier: Um Fortsetzungen wie "Final Destination 800" oder "Alien Nr. 2000" oder einen weiteren "Star Trek"-Film "verstehen" zu können, braucht man als gewöhnlicher Zuschauer ein Elefantengedächtnis und das eingehende Studium des Franchises, anderenfalls wäre es unmöglich, der ultragenialen, von brillanten Hollywood-Literaten ausgeheckten Story zu folgen, denn schließlich flossen bislang ja stets sämtliche Inhalte von Hunderten von "Star Trek"-Folgen in die einzelnen Filmdrehbücher ein, weshalb die "Star Trek"-Filme für normale Zuschauer vollkommen unverständlich wurden, nicht wahr?

In meiner Kindheit gab es zig "Planet der Affen"-, "Dracula"- und "Godzilla"-Filme, und kein einziger davon war ein Prequel. Aber heute? "Alien" kriegt ein Prequel. Warum? Interessiert das irgendjemanden? Oder glaubt wirklich irgendwer, es bestünde die Gefahr, jemand könnte der 0815-Story einer weiteren Alien-Fortsetzung nicht folgen? (Wer so blöd ist, der scheitert garantiert bereits bei den Hürden der Online-Kartenreservierung und beim Aufsetzen der 3-D-Brille!) Die "X-Men" kriegen auch ein Prequel. "Star Trek" kriegt irgendeinen Zeitlinien-Prequel-Murks, der irgendwie weder die eigentliche Vorgeschichte noch etwas wirklich neues erzählt, sondern eine "ihr müsst euch kennenlernen, weil das so sein muss, damit wir von 'Star Trek'-Zitaten begleitet möglichst viel kaputt machen können und jemand wie Taylor Lautner in der Fortsetzung den Khan spielen kann"-Verblödung. Denn das ist der allerneueste Trend: Man erzählt am besten irgendeine Vorgeschichte, die gar nicht mehr zum Rest passt, die also in eine neue Dimension der Überflüssigkeit eintaucht.

Von "Sex and the City" soll es jetzt auch ein Prequel geben, als nächstes sind vielleicht die verzweifelten Hausfrauen dran oder Mulder und Scully, die sich vielleicht doch schon irgendwie in ihrer Kindheit gekannt haben. Oder die Jugendjahre von Rocky und Rambo, wobei da vorab die schwierige Entscheidung zu fällen wäre, was den Machern lieber wäre: Eine floppende TV-Serie, oder ein überflüssiges B-Picture, hauptsache gut besetzt mit billigen Teenie-Schauspielern, denn der Nachteil der Original-Schauspieler ist ja, dass sie nicht nur älter werden, sondern auch einiges an Gage fordern.

Das "Potenzial" für Prequels ist jedenfalls noch lange nicht ausgereizt.

7 Kommentare:

  1. Hallo Thomas,
    auf das Thema schießt du dich gerade aber ganz schön ein :D

    J.

    PS: Jar Jar Bings hat mir die Freude an SW genommen. *grummel*

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  2. Auf das Thema schoss ich mich schon immer ein. :-) "Enterprise" war ein Fehler. Sowas geht als Mini-Serie, mehr nicht. Prequels gehen wirklich nur in der Ausnahme gut, inzwischen wurden sie aber zur Regel. Und ich weiß, dass es auf diesem Planeten nur zwei Personen gibt, die Jar Jar Binks mochten. George Lucas ... und ich! :-)

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  3. Ich meinerseits warte darauf oder vielmehr fürchte, dass jemand bei Universal die - immerhin ganz offiziell vom Drehbuchautor stammende - Vorgeschichte zu "Zurück in die Zukunft" aufgreift: http://blog.hillvalley.de/2011/08/marty-doc-the-prequel/

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  4. Die Bilanz der Prequels ist ja bislang nicht so berauschend. Theoretisch könnte ich ihnen aber schon etwas abgewinnen.
    "Enterprise" wäre eine tolle Serie geworden, wenn Manny Coto aus Staffel 4 von Anfang an die kreative Kontrolle über die Serie gehabt hätte. Leider war Staffel 4 eine Ausnahmeerscheinung.
    Und über die Star Wars Prequels wurde ja schon alles gesagt. Trotzdem hätten auch sie wunderbar funktionieren können, wenn George Lucas weniger Einfluss auf die Story gehabt hätte (wie bei "Empire Strikes back")
    ALso, wenn ein PRequel in Zukunft mal tatsächlich gut sein sollte, bin ich auf jeden Fall dabei.
    Was mich eher viel mehr stört sind Reboots. Mit Ausnahme von BSG hasse ich Reboot!
    Beim Prequel muss man ja zumindest in der Theorie sich Mühe geben, dass neue Material, mit dem bereits Etablierten in Einklang zu bringen (auch wenn das bislang meist trotzdem nicht funktionierte, siehe Star Trek/Wars)
    Bei Reboots hingegen kann man alles ignorieren1Meist wird doch ein Franchise nur "gerebootet" wenn die Autoren zu faul sind, die Continuity zu wahren.(Siehe Star Trek) Oder die Hauptdarsteller zu teuer werden (siehe Spiderman)
    Und das wird dann den Fans auch noch als kreativer Befreiungsschlag verkauft(Orci/Kurzman über Trek11) Das ich nicht lache. Wenn schon ein Reboot, warum dann trotzdem die gleichen Catchphrases, Storylines usw.) Warum z.B. hören die Gerüchte über Kahn in Trek 12 nicht auf. An neuen Storys sind die Autoren meist doch gar nicht interessiert. Nur an einer alternativen Variation eines Films, den sie mochten, und der aufgrund des Reboots trotzdem eine gewisse Eigenmarke verströmen kann. (Orci/Kurzman über Wrath of Kahn)
    Man kann verdorbenes Essen auch mit Zuckerguss neu aufbereiten, und als Gourmet-Speise servieren! Genau so verhält es sich mit Reboots! Prequels hingegen könnten hingegen in der Theorie funktionieren. Auf den Beweis warte ich aber in der Tat noch.

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  5. Das stört mich allerdings auch. Einerseits das überhebliche Getue "wir wollen was Neues machen", und dann wird letztlich der Reboot nur genutzt, um wahllos Zitate und Story-Ideen neu aufwärmen zu können.

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  6. Habe gestern mal ausnahmsweise ein tolles Prequel gesehen. Achtung SPOILER:
    Final Destination 5 ist ein Prequel. Da man das aber erst in der Schlusszene realisiert, kommt dieser Twist sehr überraschend. ZUm Glück haben die Macher des Films, diesen Twist nicht gleich im Titel (Final Destination Zero, Final Destination begins usw.) vorher offengelgt.
    Wenns man das tatsächlich im Vorfeld nicht weiß, bleibt tatsächlich die Spannung erhaten. Prequels müssen ja meist dafür Prügel einstecken, da man ja den AUsgang der Geschichte kennt (z.B. das man ja weiß, dass Skywalker am Schluss Darth Vader wird usw.)
    So hat man dieses Problem aber mal elegant gelöst.

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  7. Boah, bist du ne Heulsuse!
    Ob eine Geschichte von Vorn nach hinten, oder andersrum erzählt wird spielt doch keine Rolle. Worauf es ankommt ist, dass die Geschichte interessant und der Film gut umgesetz ist. Ob als Prequel oder Sequel interessiert nicht.
    Bsp. Prometheus. Ich freu mich drauf, weil endlich was über diese weitere Art erzählt wird, von der schon im ersten Teil ein riesiger Toter zu sehen war. Seit ich den ersten Alienteil gesehen habe frage ich mich, was es mit denen auf sich hat. Und dem Trailer nach wird in Prometheus etwas dazu kommen. Ob das nun nach oder vor den bisherigen Alienteilen spielt ist dabei vollkommen unerheblich.
    Du erzählst irgendwas davon dass die Leute für blöd gehalten werden und so ein Blabla. Das glaube ich nicht. Dir wirft ja auch keiner vor eine Geschichte nicht zu verstehen, sobald ein früheres Ereigniss nach späteren Ereignissen erzählt wird.
    Wie gesagt, es kommt drauf an, dass die Geschichte interessant und gut umgesetzt ist.
    Und weil hier Ent angesprochen wurde, bis auf das Konzept der dritten Staffel (Eng zusammenhängende Handlung) und den Zeitreisequatsch, fand ich die Serie gut. Nicht nur die vierte Staffel (die ist sowieso die beste aller Serien), sondern auch die ersten beiden. Da sind die ersten beiden VOY-Staffeln auf jedenfall langweiliger.
    Also ich plädiere für "Prequel ist gut". Wär ja auch langweilig alles immer nur in einer Richtung zu erzählen. Immer nur zu fragen, was kommt danach, und danach, und danach, und danach... Ab und zu mal zu fragen, was war davor?! ist dann auch mal spannend.
    Nur schlimm, wenn man darauf hinweisen muss, dass es auf die Geschichte und die Umsetzung ankommt. Das gilt für Sequels nämlich genauso.

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