Gleich vorweg: Ich kann mir nicht vorstellen,
keine Bücher mehr zu haben. Allein der
Geruch eines neuen Buches gehört für mich zur
sinnlichen Erfahrung des Lesens. Und auch wenn meine Bücherschränke dauernd aus den
Nähten quillen, so will ich doch die Bücher, die ich gelesen habe,
um mich scharen. Bücher im Regal sind die Hirschgeweihe der Leseratten.
Dann habe ich mir auf der
Buchmesse das große
Amazon-Kindle (Kindle DX) zeigen lassen (das man leider noch nicht in Deutschland kaufen kann, nach Deutschland wird nur das kleine Kindle 2 verschickt), und ich muss sagen:
Haben will!Nachdem es um die die
E-Books ja bereits
2003 einen recht albernen Hype gab, diese
unausgereiften Teile aber bald wieder in der Versenkung verschwanden, sagen nun viele: Auch
diesmal wird es
nix. Nur: Viele Anfangsprobleme sind inzwischen beim Amazon-Kindle gelöst.
Das Geniale am Kindle ist nämlich: Es funktioniert
technisch wie eine
Druckseite. Die Technik nennt sich "electronic paper". Das heißt: Es wird tatsächlich
Druckerschwärze verwendet, doch die Partikel werden
elektronisch angeordnet. Es gibt also
kein spiegelndes Display, sondern wirklich etwas, das wie eine Papierseite aussieht. Das Kindle hat daher auch
keine Beleuchtung. Das heißt: Wenn es dunkel ist, braucht man eine
Leselampe. Strom verbraucht das Kindle nur beim Umblättern. Ansonsten bleibt die aktuelle Seite angezeigt, auch wenn die Batterie längst leer ist.
Die
einhellig negative Meinung über E-Books beginnt mich zu langweilen. Die Argumente werden immer wieder
durchgekaut. Und natürlich ist das große
Kindle DX mit 489 Dollar (die kleineren sind völlig uninteressant)
einfach zu teuer. Das weiß ich alles.
Nur: Es gibt auch einige Argumente
für das Kindle. Und die sind
nicht nur technischer Natur. Daher hier ein paar Punkte, die
für das E-Book sprechen.
1. Vergriffene Bücher.Wer immer nur Zeug wie
Dan Brown liest, mag das nicht wissen, aber es sind tatsächlich
nicht immer alle Bücher erhältlich. Es gibt sogar sagenhaft viele Bücher, die man nicht mehr kaufen kann. Ich selbst habe mir mal für 40 EUR beim Marketplace von Amazon eine nicht mehr erhältliche Biografie gekauft.
Gerade Genre-Klassiker aus den Bereichen
Fantasy und
Science Fiction sind oft nicht mehr lieferbar. Hier ergeben sich für Verlage neue
Geschäftsfelder. Wenn schon niemand das Geld aufbringen will, die Klassiker von
Edmond Hamilton nachzudrucken, so könnte man sie künftig doch zumindest als
E-Book anbieten.
2. BuchvielfaltE-Books erhöhen die
Buchvielfalt. Wer selbst einen Roman schreibt, kann ihn künftig viel einfacher als
E-Book veröffentlichen. In Japan gibt es
"Handy-Romane", mit denen es etliche Autoren-Neulinge geschafft haben, sich einen Namen zu machen. Die wurden später dann auch
gedruckt!
3. ZeitungenSchon mal eine
Süddeutsche in einer
vollen S-Bahn gelesen? Das ist furchtbar umständlich, jedes Umblättern wird zum Kampf. Dagegen kann man bei einem E-Book mit
einer Hand die Seiten umblättern, ohne dabei seinem Nachbarn den Ellenbogen ins Gesicht zu rammen. Außerdem: Bei einem E-Book fliegen einem nicht als erstes
ein Pfund an Werbebeilagen entgegen.
4. Eigene TexteWer wie ich viel selbst schreibt, der kann diese Texte jetzt
viel besser am E-Book lesen, ohne sie extra
ausdrucken zu müssen. Denn das E-Book kann auch Word-Files, PDFs, HTMLs und vieles mehr darstellen. Im Gegensatz zum PC kann ich mich mit dem Kindle auch
aufs Sofa legen.
5. Amazon surfenMit jedem Kindle kann man weltweit
kostenlos auf Amazon herumsurfen. Allein das kann viel Spaß machen. Man kann Inhaltsangaben und Kritiken lesen. Doch nicht nur das. Amazon plant, bei fast allen Büchern
das erste Kapitel zum
kostenlosen Probelesen anzubieten. Dafür braucht man übrigens keine
Hotspots oder ähnliches, es klappt überall dort, wo man auch einen
Handyempfang hat.
6. HeftromaneEs ist ein Jammer, dass der vielgescholtene
Heftroman inzwischen ein solches
Randphänomen geworden ist. Dabei ist der Heftroman sowas wie eine
TV-Serie zum Lesen. Er könnte aber durch das E-Book eine Renaissance erleben. Heftromane sind billig und kurz, und so manch einer möchte sich vielleicht für eine kürzere Bahnfahrt den neuesten
Jerry Cotton oder
Perry Rhodan aufs E-Book laden.
7. Technische SpielereiIst doch bloß eine
technische Spielerei. Na und? Wenn E-Books
cool werden, wird auch das
Lesen wieder
cool. Und zwar auch für Leute, die normalerweise nicht so viel lesen. Wäre das wirklich so blöd?
Bleibt bei all den Vorteilen noch ein Nachteil: Es gibt das doofe Teil
noch nicht in Deutschland. Auch wenn man das "
Kindle 2" (Bildgröße DinA6) inzwischen aus den USA bestellen kann, so werde ich doch warten, bis es das
Kindle DX (Bildgröße DinA5) wirklich in Deutschland gibt.