Freitag, 20. Februar 2009

John Rabe

Nun hat der Film John Rabe beim Deutschen Filmpreis den wichtigsten Preis für den "Besten Film" erhalten und dabei den - ebenfalls nominierten - Film Baader Meinhof Komplex ausgestochen. Darüber hinaus gab es noch eine Auszeichnung in den Kategorien "Bester Hauptdarsteller", "Bestes Kostümbild" und "Bestes Szenenbild".

Und natürlich ist John Rabe ein guter, sehenswerter Film. Die Frage ist jedoch: Ist er ein großartiger Film? Ein Film, der mit einem Meisterwerk wie Schindlers Liste mithalten kann. Denn das - so wird man den Eindruck bei all den Massenszenen nicht los - war offenbar die Absicht der Filmemacher: Das, was uns die Amerikaner so grandios vorgemacht haben, nun endlich mit eigenen Mitteln zu inszenieren. Immerhin ziert das Filmplakat ein jüdisches Sprichwort, das im Film Schindlers Liste eine zentrale Rolle einnimmt: Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt.

Und leider muss man sagen: Nein. Ein grandioser Film ist John Rabe schlichtweg nicht. Um Emotionen zu erzeugen, schwankt der Film zwischen Horrorbildern (zum Beispiel von abgeschlagenen Köpfen) und grauenvollen Kitschszenen, sei es die "heile Welt" in irgendwelchen Eheszenen, oder - ganz furchtbar - am Ende, als die anderen zum Abschied ein "For he is a jolly good fellow" anstimmen.

Und das ist das Bedauerliche an John Rabe. Man findet viel Pathos und Kitsch, aber kaum Tiefen. Es gibt zwei Völker, die man sauber in die Kategorien "Opfer" (Chinesen) und "kaltblütige Killer" (Japaner) eingeteilt hat. Dadurch bleiben sie uns jedoch merkwürdig fremd, sie erzeugen je nachdem Mitleid oder Kopfschütteln, aber es gelingt dem Film nicht, sie uns näher zu bringen, ihr tatsächliches Leiden fühlbar zu machen. Als Identifikationsfiguren bleiben also nur die europäisch/amerikanischen "Herrenmenschen", die als großmütige und stets überlegene Retter Schicksal spielen dürfen. Rabe verkörpert dabei ebenfalls ein Klischee, das des braven, pflichtbewussten Deutschen, der seine Frau liebt und nachts Klavier spielt. Das reicht jedoch nicht, um uns die Figur wirklich nahe zu bringen.

Dass noch nie ein deutscher Film in China mit so vielen Filmrollen gestartet ist, während man den japanischen Markt von vorneherein abschrieb, zeugt von einem gewissen Kalkül. Da bleibt nur zu hoffen, dass die Chinesen nicht merken, dass sie in diesem Film nur undankbare Statistenrollen einnehmen. Eine Figur wie zum Beispiel die des Itzhak Stern in Schindlers Liste sucht man bei John Rabe vergeblich. Daher erzeugt der Film - außer dem Grauen - auch sonst keine Emotionen. Es gibt keine Trauer, es gibt auch keine Freude. Was bleibt, ist die Spannung eines Hollywood-Unterhaltungsfilms und die Erkenntnis, dass eine große Geschichte und ein großer Aufwand nicht automatisch einen großen Film garantieren.