Samstag, 14. Oktober 2017

Star Trek: Discovery

Die Zeiten ändern sich

Wenn mir vor einigen Jahren jemand gesagt hätte, dass mich die Ankündigung einer neuen "Star Trek"-Serie absolut kalt lassen würde, hätte ich ihn für verrückt erklärt.

Aber das war damals, bevor Rick Berman "Star Trek" im Kino mit unsagbar miesen "Next Generation"-Filmen erst gegen die Wand fuhr, und dann ein J.J. Abrams kam, um mit einer überteuerten "Copy & Paste"-Aktion auch noch den letzten Lebensfunken von "Star Trek" auszublasen. Seitdem ist "Star Trek" nur noch eine unkreative Ansammlung von immer gleichen Schablonen.

Vollkommen anders, und doch etwas, das wir schon x-mal hatten

Nun kommt also erneut ein "Star Trek", das vollkommen anders sein will. Blöderweise wollte das auch schon "Deep Space Nine"! Und dann wollte es "Star Trek: Voyager", das hierfür den Maquis einführte und ans andere Ende der Galaxis flüchtete, wo man eben nicht das All erforschen, sondern stets nur "nach Hause" wollte. Und mit "Enterprise" versuchte man dann, das Rad neu zu erfinden, nur eben "dunkler". J.J. Abrams kam dann auf die "geniale Idee", eine Vorgeschichte zu erzählen, die so eigentlich gar nicht stattgefunden hat.

Es geht jetzt gar nicht darum, ob dieses oder jenes gut oder schlecht war. Es geht darum, dass sich "Star Trek" seit etlichen Jahren im permanenten Ausnahmezustand befindet. Stets soll es anders werden, oder es soll rebootet werden.

Gerade jetzt wäre die Zeit reif für klassisches "Star Trek" gewesen.

Stattdessen kam "Star Trek: Discovery". Eine Serie, die erneut von Leuten gemacht wird, die eigentlich gar kein "Star Trek" machen wollen. Leute, die schlichtweg nicht in der Lage sind, die vielen erzählerischen Möglichkeiten von "Star Trek" zu sehen, und die stattdessen nur über die angeblichen Einschränkungen jammern.

Jetzt also erneut eine Vorgeschichte, die vor Kirk spielt, um den lästigen Idealen der Sternenflotte ein Schnippchen zu schlagen.

Die ersten Minuten von "Star Trek: Discovery" könnten Geschichte schreiben

Ich sage es offen, die ersten Minuten der Pilotepisode erwischten mich gleich auf dem gänzlich falschen Fuß. Sie waren nämlich so grottenschlecht, dass sie fast schon wieder ein in sich geschlossenes Kunstwerk sind.

An jeder Filmhochschule könnte man künftig die ersten Minuten von "Star Trek: Discovery" zeigen, um allen Anwesenden innerhalb kürzester Zeit so ziemlich alle "No Go"s vorzuführen, die man beim Drehbuchschreiben begehen kann.

Das beginnt schon einmal mit einer mehr als langweiligen Szene, in der ein Klingone eine endlos lange Rede hält und uns darin seine Motive erläutert. Das ist allein deshalb bescheuert, weil es bei "Star Trek" in der Regel darum ging, die Motive und Ansichten des (oft vermeintlichen) Gegners zunächst einmal herauszufinden. Hier aber werden sie uns als erstes in vollem Umfang aufgetischt, natürlich hochkreativ in einer Rede, die ein Klingone hält.

Ist es ja schon drollig genug, dass man zwar auf der einen Seite etwas "Neues" machen will, dann aber auf der anderen Seite mit den Klingonen kommt, so ist es aus spannungstechnischen Gründen mehr als unsinnig, aus den Zielen und Motiven der Gegner nicht zumindest streckenweise ein Geheimnis zu machen.

Aber diese Szene fand ich gar nicht so grauenhaft. Sie war nur langweilig. Wirklich schlimm war das, was gleich danach folgte.

Im Anschluss daran sahen wir nämlich, wie Captain Georgiou und Commander Burnham auf einem Wüstenplaneten umherwandeln und dabei einen Dialog abliefern, der an Idiotie schlichtweg nicht zu überbieten ist.

Burnham: "Wir kommen in Frieden. Deshalb sind wir hier! Ist das nicht die zentrale Idee der Sternenflotte?"
Georgiou: "Das habe ich Ihnen beigebracht."
Burnham: "Vertrauen Sie mir nicht Captain?"
Georgiou: "Ich vertraue Ihnen mein Leben an, Commander Burnham, aber das ändert nichts daran, dass Sie sich verlaufen haben. Völlig verlaufen."
Burnham: "Genau genommen hätten wir uns verlaufen."
Georgiou: "Wieviel Zeit bleibt uns noch, bis uns der Sturm dort hinten erreicht?"
Burnham: "Ich schätze noch eine Stunde, 17 Minuten und 22 Sekunden. Darum habe ich darauf geachtet, dass wir uns nicht verlaufen. Der Karte nach liegt der Brunnen in dieser Richtung, Captain."

Nein, das ist kein Nitpicking, das ist eine Analyse einer unglaublichen Unfähigkeit von Autoren 

Allein der erste Satz macht stutzig. Commander Burnham erklärt also Captain Georgiou, dass man in Frieden komme. Warum? Welcher Dialog mag hier vorangegangen sein? Hat Captain Georgiou gefragt: "Warum sind wir eigentlich auf diesem Wüstenplaneten?"

Welcher Dialog ist denkbar, der zu Burnhams Antwort "wir kommen in Frieden, deshalb sind wir hier" führen kann, gefolgt von der wohl rhetorischen Frage, ob das nicht die "zentrale Idee der Sternenflotte" sei?

Daraufhin antwortet Georgiou: "Das habe ich Ihnen beigebracht." Ernsthaft? Ich weiß, dies ist eindeutig der völlig hilflose Versuch der Autoren, im Rahmen eines Dialogs zu vermitteln, dass die beiden sich wohl schon länger kennen. Aber ich gehe davon aus, dass auch "zehn Jahre vor Kirk" jeder, um bei der Sternenflotte erster Offizier werden zu können, zunächst so einige schulische und akademische Laufbahnen durchlaufen muss. Und dennoch hat Burnham erst durch ihren Captain "beigebracht" bekommen, dass die Sternenflotte "in Frieden" kommt?

Hat Picard das auch Riker "beigebracht"? Hat Kirk das Spock "beigebracht"? Und was bitte hat Georgiou der guten Burnham noch "beigebracht"? Die Grundregeln einer Demokratie? Das Prinzip der Schwerkraft?

Doch dann erwidert Burnham etwas ganz Raffiniertes, nämlich etwas, das nichts, aber auch überhaupt nichts mit dem Dialog zuvor zu tun hat, nämlich: "Vertrauen Sie mir nicht, Captain?" Eine berechtigte Frage, wir wissen nur überhaupt rein gar nicht, welchen Anlass Burnham hat, jetzt den Captain zu fragen, ob sie ihr nicht vertraue.

Darauf erwidert Georgiou die Überzeugung, Burnham habe sich verlaufen. Was hat das damit zu tun, dass man "in Frieden" kommt? Kann man sich nur verlaufen, wenn man in Frieden kommt? Hat hier irgendein Dialog-Satz irgendwas mit dem Satz zuvor zu tun?

Jedenfalls fragt Georgiou nun plötzlich, wie lange es dauert, bis der Sturm sie erreicht. Und damit kein Missverständnis darüber aufkommt, ob sie damit den Sturm links, recht, oben oder unten meint, sagt sie auch klar: "der Sturm dort hinten".

Wie wir später erfahren, ist Burnham bei den Vulkaniern aufgewachsen. Und während sie bei Georgiou immerhin gelernt hat, dass die Sternenflotte immer "in Frieden" kommt, hat sie bei den Vulkaniern offenbar gelernt, durch den reinen Anblick von Wolken auf die Sekunde genau abzuschätzen, wann ein Sturm eintrifft. (Gut, es kann sein, dass sie damit einen Witz gemacht hat, aber das hätte irgendwer - vielleicht so ein ahnungsloser Wicht wie der Regisseur - den Darstellerinnen sagen sollen, damit sie das irgendwie in ihr Schauspiel für den Zuschauer nachvollziehbar hätten einbauen können. Aber wahrscheinlich konnten weder Schauspielerinnen noch Regisseur diesem Drehbuch irgendeinen Sinn abgewinnen, also hat man die Sätze einfach runtergedreht.)

Dann sagt Burnham, man habe sich also nicht verlaufen, und "der Karte nach" liege "der Brunnen" in einer bestimmten Richtung.

Commander Burnham hat eine Karte???

Und warum blickt man dann nicht zu zweit auf diese Karte? Warum tut Captain Georgiou so, als wisse sie mehr als Commander Burnham?

An diesem Punkt angekommen konnte ich mir als Zuschauer die Szene nur so erklären, dass es sich hierbei um eine Art Test handelt. So eine Art Adventure-Spiel-Test für Offiziere, und Captain Georgiou weiß alles, während Burnham herausfinden muss, was zu tun ist. Alles andere ergab für mich hier keinerlei Sinn. (Und tat es dann ja danach auch nicht.)

Ja, ich weiß, ich spreche hier immer noch nur über die ersten Minuten

Der Dialog geht aber weiter:

Burnham: "Die Dürre wird 980 Jahre andauern. Dadurch sind die Crepusculaner vom Aussterben bedroht. Sehen Sie diese Eierbeutel? Darin wächst der Nachwuchs heran."
Georgiou: "Sie haben hier seit über 1000 Jahren überlebt, Michael."
Burnham: "Ja, aber wenn wir jetzt nichts unternehmen, werden sie keine 1000 Stunden mehr überleben. Hm. Ein Meteoriteneinschlag hat so viel Strahlung freigesetzt, dass ein Großteil des Grundwassers verdampft ist. Wenn wir helfen können, ohne Kontakt herzustellen, verstoßen wir nicht gegen die oberste Direktive. Und da ist der Brunnen auch schon."
Georgiou: "Da hatte ich wohl Unrecht."
Burnham: "Oh, ihr Kleingläubigen."
Georgiou: "Ich hab nie gezweifelt. Wie viel Energie ist nötig, um das Gestein zu durchdringen?"
Burnham: "0,7 Impuls bei Stufe 13,5."

In diesem Dialog befinden sich jede Menge Informationen, die hier schlicht und ergreifend nicht hingehören. Diese Informationen gehören in einen Logbuch-Eintrag.

Die Logbuch-Einträge von "Star Trek" waren immer eine extrem effiziente und elegante Methode, dem Zuschauer mitzuteilen, was er wissen muss. Einfach, weil die Figuren der Serie in der Regel lange vorher wissen, weshalb sie einen bestimmten Planeten aufsuchen. Sie teilen es sich nicht erst gegenseitig mit, wenn sie sich bereits auf dem Planeten befinden.

Denn wie soll ich mir dieses Szenario vorstellen?

Dass eine lange Dürre droht und dass die Crepusculaner vom Aussterben bedroht sind, müssen doch beide Figuren zu diesem Zeitpunkt längst wissen. Denn das war ja zweifellos der Grund, weshalb man überhaupt gemeinsam zu dem Brunnen aufgebrochen ist. Es gibt keinen Grund für Burnham, dies kurz vor dem Ziel noch einmal zusammenzufassen.

Auch dass die Eierbeutel nicht nur Dekoration des Alien-Osterhasen sind, dürfte Captain Georgiou zu diesem Zeitpunkt klar sein. Und was die Ursache des Problems war, nämlich der Meteoriteneinschlag, kann ihr doch auch bislang unmöglich als Information gefehlt haben.

Oder soll es wirklich so gewesen sein, dass Commander Burnham die gute Captain Georgiou über gar nichts informiert hat? Ist Georgiou zusammen mit Burnham aufgebrochen, so nach dem Motto: "Kommen Sie mal mit mir mit, weshalb, das verrate ich Ihnen später!"

Wer jetzt sagt "ja, könnte doch so gewesen sein", den muss ich leider enttäuschen! Denn als die beiden den Brunnen erreichen, fragt Captain Georgiou sehr konkret, wie viel Energie nötig ist, um das Gestein im Brunnen zu durchdringen. Dabei zückt sie bereits ihre Waffe. Sie weiß also ganz genau, was der Plan ist, sonst hätte sie sich nämlich auch das erklären lassen müssen. Aber sie wusste die ganze Zeit über, dass man einen Brunnen sucht, in den man mit einem Phaser hineinschießen muss, um irgendwie das Wasserversorgungsproblem des Planeten zu lösen. Daher braucht Georgiou von Burnham nur noch die Information, auf welche Stufe sie ihren Sternenflotten-Thermomix einstellen muss, um das Gestein zu durchdringen.

Immerhin, die Werte errät Burnham diesmal nicht durch einen Blick in die Luft, sie liest die Werte von einem Scanner ab. Das ist ja fast schon sowas wie Glaubwürdigkeit.

Captain Georgiou schießt dann drei Mal in den Brunnen, ohne dass erklärt wird, woher sie weiß, dass dreimaliges Schießen zum Erfolg führt und nicht zu viel oder zu wenig ist.

Und jetzt wird es wirklich blöd. Und ich meine, wirklich blöd!!!

Aus dem Brunnen sprudelt Wasser wie aus einer Ölquelle hervor (ein interessanter Brunnen, aber gut), und beide gucken recht zufrieden aus der Wäsche. Es war also das, worauf es ankam.

Georgiou: "Georgiou an Shenzhou. Zwei zum Hochbeamen."
 (es kommt keine Antwort)
Burnham: "Der Sturm zieht schneller auf, als ich dachte. Es wird schwer für das Schiff, unsere Signaturen zu erfassen. Wenn wir Lieutenant Saru nicht kontaktieren können, sind wir hier gefangen, bis der Sturm vorbeizieht."
Georgiou: "Gehen wir spazieren."
(Die beiden gehen los.)
Georgiou: "Folgen Sie meiner Spur Michael. In gerader Linie."
Burnham: "Wozu? Captain, wohin gehen wir?"
Georgiou: "Nun müssen Sie mir vertrauen, Nummer Eins."
Burnham: "Dann sind wir wirklich verloren. - Wir sind mit bloßen Auge nicht zu erkennen, und ohne einen Stern können wir keinen Kurs setzen. Ist es klug, sich von der Siedlung zu entfernen?" 
Georgiou: "Es ist kaum zu glauben. Sie dienen unter mir schon seit über sieben Jahren. Ich finde, es wird langsam Zeit, dass wir über ein eigenes Kommando für Sie nachdenken."
Burnham: "Das weiß ich zu schätzen, Captain. Allerdings wüsste ich das noch mehr zu schätzen, wenn es eine Chance gäbe, auf das Schiff zurückzukehren."
Georgiou: "Gehen Sie einfach weiter, Michael. Was würden Sie tun, wenn Sie für 98 Jahre hier festsitzen würden?"
Burnham: "Was gar nicht so unwahrscheinlich ist, wenn wir hier nicht in der Wüste sterben."
Georgiou: "Mal angenommen, Sie überleben."
Burnham: "Als Xenoanthropologin könnte ich mich den Ureinwohnern zu erkennen geben. Ihre Kultur kennenlernen. Mich anpassen. Soweit es möglich ist. Und Sie Captain? Was würden Sie in den 98 Jahren hier machen?"
Georgiou: "Ich würde ganz einfach von hier fliehen!"
Burnham: "Das sind unsere Spuren. Sie haben uns im Kreis geführt."
Georgiou: "Nicht unbedingt im Kreis." 
Die Shenzhou erscheint am Himmel, aus unerfindlichen Gründen spielt dabei die Musik, die bisher ausnahmslos bei der Enterprise zu hören war. Ich gehe aber schlicht davon aus, dass die Macher dies eben nicht für die Musik der Enterprise, sondern für die Musik von "Star Trek" halten.
Burnham: "Wie haben die uns gefunden?"
Georgiou: "Durch einen Stern."
Daraufhin beamen beide hoch. Man sieht, dass die beiden im Sand die Form des Sternenflottensymbols gelaufen sind.

Zunächst einmal: Die beiden sind also auf den Planeten gebeamt und hatten eine Karte von dem Brunnen, den sie suchten.

Warum also in aller Welt haben sie sich nicht direkt zum Brunnen beamen lassen? Wer jetzt sagt: Ja, das Beamen geht ja nicht, dem muss ich widersprechen. Das Beamen klappt wegen des Sturms nicht, der Sturm wurde aber erst in den letzten Minuten schlimmer. Und daher ist Georgiou ja auch überrascht, als sie keinen Kontakt zur Shenzhou herstellen kann.

Nachdem das Beamen also nicht mehr klappt, laufen beide los, wobei Georgiou nicht verraten will, was ihr Plan ist. Daraufhin sagt Burnham etwas besonders Seltsames: "Wir sind mit bloßen Auge nicht zu erkennen, und ohne einen Stern können wir keinen Kurs setzen." Der Satz ist so idiotisch, dass ich zunächst von einem Übersetzungsblödsinn ausging. Zu Unrecht, der Satz kommt exakt so im Original vor.

Wer will hier bitte wen mit bloßem Auge erkennen? Die Shenzhou? Guckt man dort für gewöhnlich mit "bloßem Auge" auf die Oberfläche runter, bevor man Leute versucht, hochzubeamen?

Dann meint Burnham, man könne "ohne Stern" keinen Kurs setzen. Hat sie nicht ihren ach so nützlichen Scanner? Ist der aufgrund des Sturms gleich vollkommen wirkungslos geworden? Als Antwort erwidert Georgiou aber nur, dass sie möchte, dass Burnham ihr eigenes Kommando erhält. Gefolgt von der Frage, was Burnham tun würde, wenn sie 98 Jahre auf dem Planeten festsitzen würde.

Wieso in aller Welt würde bitte irgendwer der beiden 98 Jahre auf dem Planeten festsitzen? Würde die Shenzhou nach dem erfolglosen Beamen einfach wieder verschwinden? Würde man nicht ein Shuttle losschicken? Einen Suchtrupp? Immerhin muss denen ja ungefähr bekannt sein, wo sich die beiden befinden.

Burnham meint dann, dass sie sich in diesem Fall als Xenoanthropologin den Einwohnern zu erkennen geben würde.

Ach was! Als Xenoanthropologin darf man das? Sagte sie nicht nur wenige Sätze zuvor, dass eine Kontaktaufnahme ein Verstoß gegen die oberste Direktive wäre. Ja, was denn nun?

Ergibt irgendetwas in diesem Dialog irgendeinen Sinn?

Plötzlich stößt man auf die eigenen Fußspuren. Das hat folgenden Grund: Captain Georgiou war im Sand die Kontur des Sternenflottensymbols gelaufen.

Sollen wir also annehmen, dass Fräulein Superschlau mit dem männlichen Vornamen den ganzen Weg über nicht gemerkt hat, dass man eine bestimmte Kontur gelaufen ist?

Und just erscheint auch schon die Shenzhou am Himmel, denn wie sich herausstellt, konnte man also vom Orbit aus nicht Georgiou und Burnham erkennen, wohl aber eine Fußspur im Sand.

Diese Fußspur hat also die Shenzhou durch die dicke Wolkendecke hindurch vom Orbit aus sehen können, nicht aber die beiden Offiziere!!!

Es ist eine auch ansonsten beeindruckende Fußspur, hält sie doch dem heftigen Sturm vollkommen stand und wird nicht etwa wieder verweht! Normalerweise würde man meinen, dass Fußspuren im Sand das erste sind, das einem Sandsturm zum Opfer fällt.

Ehrlich gesagt, das ist ein Niveau, bei dem ich es noch nicht einmal fertig brächte, einem zehnjährigen Fan-Story-Autor irgendetwas Wohlwollendes zu sagen.

So viel Blödsinn auf einem Haufen ist schlichtweg jenseits von Gut und Böse.

Völlig sinnfrei waren auch die Sequenzen, in denen man sah, wie einige Crepusculaner herumlaufen. Diese dienten weder irgendeiner Spannung, noch hatten sie irgendeine irgendwie geartete Konsequenz. Sie wirkten eher wie ein: "Da brauchen wir noch ein paar CGI-Aliens, damit es nach irgendwas aussieht."

Nur Personen, die mit Science Fiction und "Star Trek" rein gar nichts am Hut haben (mit anderen Worten die Leute in der CBS-Chefabteilung), können einen solchen stümperhaften Unfug, der unzählige Millionen kostet und der immerhin das Flaggschiff für einen neuen Streaming-Dienst werden soll, durchwinken.

Aber als Trekker muss man doch aufgeschlossen und tolerant sein

Man mag es mir verübeln, wenn ich nach den offenbar strahlungsverseuchten Mutations-Klingonen zu Beginn und nach diesem geballten Schwachsinn als Einleitungssequenz, nicht gerade positiv gestimmt war, was den Rest der Episode anging.

Spätestens jetzt wird man als Trekker meist belehrt, dass man als Fan von "Star Trek" doch aufgeschlossen und tolerant sein sollte.

Das ist natürlich purer Schwachsinn.

Meine Aufgeschlossen- und Offenheit hebe ich mir für meine Mitmenschen auf. Das hier ist jedoch ein kommerzielles Produkt. Ich muss hier genauso wenig "aufgeschlossen" sein wie beim iPhone X oder bei der XBox One X. Ich kann diese Produkte auch ungeprüft und ohne längere Testphase als für mich uninteressant und wertlos erachten.

Goldig finde ich auch die permanenten Belehrungen, "Star Trek" müsse eben mit der Zeit gehen, und man müsse akzeptieren, dass "Star Trek" eben nicht mehr so aussehen könne wie zu Kirks Zeiten.

Es ist spaßig, was ich alles "muss".

Offenbar muss man vor allem Dinge einsehen, die man gar nie gefordert hat.

Ich will mich hier übrigens gar nicht verteidigen. Jeder kann gerne der Meinung sein, dass ich hier wenige Sätze überbewerte und dass ich der Serie ohnehin nie eine Chance geben wollte.

Allein fürs Protokoll möchte ich jedoch ohne Rechfertigungsansatz feststellen: Ich bin bei dieser Serie bis zum Beginn der dritten Folge gekommen. Und das ausnahmslos NUR deswegen, weil diese Serie die Wörter "Star Trek" im Titel trägt.

Ohne den "Star Trek"-Bonus wäre ich bei diesem stümperhaften Unsinn eindeutig nicht über den faden Vorspann hinausgekommen.

Und das liegt nicht daran, dass ich keine dunkle Science Fiction mag. (Das Remake von "Battlestar Galactica" hat mich von Anfang an gepackt, dieser Serie blieb ich bis zum Ende treu.)

Es liegt daran, dass alles, was ich bislang von "Star Trek: Discovery" sah, grottenschlecht war. Und dass ich die Nase voll habe, mir immer wieder bodenlos schlechtes "Star Trek" vorsetzen zu lassen.

Der Rest

Wie schon gesagt: Ich habe mir die ersten zwei Folgen dann noch zu Ende angesehen.

Ich sah viele dunkle Kulissen, bei denen dennoch ständig Lense-Flares aufblitzen. Manchmal glaubte ich auch, ich sei in einem Albtraum gefangen, der von Scarecrow aus dem Batman-Universum erzeugt wurde, denn warum war die Kamera immer so schief wie bei der 1960-er "Batman"-Serie?

Der Rest der Episode war nicht besser. Es wurde unentwegt behauptet, Michael Burnham (blöder Name übrigens, zu Beginn habe ich immer Berman verstanden) sei so unglaublich genial, ohne dass man diese Genialität auch nur ein einziges Mal als Zuschauer erleben durfte.

Einen noch krasseren Verstoß gegen die "Show, don’t tell"-Regel habe ich wirklich in noch keiner einzigen Serie erlebt.

Ich habe dann noch erfahren, dass Michael Burnham von Spocks Vater Sarek ganz erstaunliche Sachen beigebracht bekommen hat.

Michael Burnham kann also Wolken auf die Sekunde genau fehleinschätzen, kann mit Sarek über Lichtjahre hinweg per Telepathie kommunizieren, beherrscht den Nackengriff und darüber hinaus wahrscheinlich noch die Fünf-Punkte-Pressur-Herzexplosions-Technik.

"Genial" ist sie deswegen noch nicht.

Oder soll es "genial" sein, dass Burnham unbedingt auf die Klingonen feuern will, weswegen sie vor Genialität strotzend sogar meutert? Ist es genial von ihr, dass sie nach einem Angriff der Klingonen, eingesperrt von einem Schutzfeld, einen Computer, der wohl beim sprechenden Toaster von "Red Dwarf" in die Lehre gegangen ist, davon überzeugen muss, dass es unethisch wäre, wenn er sie ersticken lässt?

Ist es genial von ihr, dass sie einen erstaunlich winzigen Mini-Torpedo in einer klingonischen Leiche verstecken will, da die Klingonen in diesem angeblichen Nicht-Reboot ein vollkommen neues Interesse an Leichen entwickelt haben? Und das, obwohl sie unbedingt den Klingonen T'Kuvma (klingt der Name nicht eher vulkanisch?) lebend gefangen nehmen will.

Nachdem sie wegen der lebenden Gefangennahme von T'Kuvma lange auf Captain Georgiou eingeredet hat, erschießt sie dann übrigens vor Genialität strotzend den Klingonen aus Wut.

Into Darkness und ein paar Bier zu viel … oder noch immer zu wenig 

Ich habe dann noch die dritte Folge von "Star Trek: Discovery" begonnen, und mir davor ein paar Bier reingezogen. Ich dachte, ein paar Bier könnten nicht schaden. Das war wohl irgendwie eine Fehleinschätzung. Oder goldrichtig, wie man es nimmt.

Ich gebe nämlich zu, dass ich dabei nach zehn Minuten eingeschlafen bin.

Ich erinnere mich noch, dass diese Sternenflottenoffiziere mit Sätzen wie "Die Sternenflotte will, dass wir auch die Tiere füttern." oder "Wie ich sehe laden wir heute wieder allen möglichen Müll aus." um sich warfen. Mit anderen Worten: Gegen diese Offiziere wirken die Marines aus dem zweiten "Alien"-Film wie Philosophie-Professoren.

Das scheint übrigens ein merkwürdiges Phänomen zu sein: Immer, wenn "Star Trek" "dunkler" gemacht werden soll, schießt man vollkommen übers Ziel hinaus. Die Maquis waren nicht etwa nur rebellierende Sternenflottenoffiziere, nein, bei denen galt das Faustrecht, wie Chakotay in einer Voyager-Episode darlegte. Genau dann aber kann ich diese Maquis nicht mehr ernst nehmen.

Picard musste ja gleich zum halbwahnsinnigen Ahab mutieren, als er im Kino mit den Borg konfrontiert wurde. Borg-Trauma hin oder her, das war Picard im permanenten Ausnahmezustand, der mit der Serie nicht in Einklang zu bringen war.

Und jetzt macht man aus Sternenflotten-Offizieren Figuren, die in einem "Alien"-Film als komplette Vollidioten negativ herausragen würden.

Respektlos

Machen wir uns nichts vor. Alex Kurtzman hält uns Fans für absolute Vollidioten.

Er glaubt, wir würden sofort in unkontrolliertes Jubeln ausbrechen, wenn sich Cumberbatch im zweiten "Star Trek"-Reboot-Streifen als Khan zu erkennen gibt. Er glaubt, dass wir voll darauf abfahren, wenn Klingonen minutenlang klingonisch reden. Und er glaubt, dass all diese Elemente reichen, damit wir doch immer wieder begeistert einschalten und uns dann in Foren darüber die Köpfe heiß reden.

"Star Trek" steht und fällt mir seinen Figuren. Wer in einen "Star Trek"-Film geht, der will Kirk und Spock sehen. Oder er will Picard und die anderen sehen. Und zwar, weil diese Figuren ihn begeistert haben. Weil es Figuren waren, deren Einzigartigkeit nicht nur Behauptung blieb, sondern gezeigt wurde. Daher war man bereit, diesen Figuren immer und immer wieder - über hunderte Folgen hinweg - in spannende Abenteuer zu folgen.

Die Autoren von damals hatten Respekt gegenüber diesen Figuren, und daher hatten wir es auch als Zuschauer.

Das hier aber verdient meinen Respekt nicht. Einfach deshalb, weil die Macher dieser Serie keinen Respekt haben. Weder vor ihren Zuschauern, noch vor ihren eigenen Figuren.

Modernes Star Trek

Der zweite "Star Trek"-Reboot-Filmtitel "Into Darkness" war offenbar mehr als nur ein Filmtitel. Er war ein Omen, wohin es mit "Star Trek" gehen soll. Nämlich in stockfinstere Dunkelheit.

Selbst Gerichtsverhandlungen sind jetzt also in der Dunkelkammer. Aus stilistischen Gründen, versteht sich. Denn das ist ja spätestens seit J.J. Abrams das neue Motto für "Star Trek": "Style over Substance". Und ich als Trekker habe dann gefälligst einzusehen, dass diese Substanzlosigkeit in der heutigen Zeit alternativlos ist.

Ich aber glaube: Ja! Es kann sehr wohl modernes "Star Trek" geben, das Substanz hat. Und nein, dieses "Star Trek" muss nicht zwangsläufig so "retro" sein, wie es Seth MacFarlane aktuell so großartig und wundervoll mit der Serie "The Orville" hinbekommt. (Diese Serie wird hier noch besprochen.)

Warum kein "Game of Trek"? Mit verschiedenen Schauplätzen und Völkern. Da hätte sich sogar ein Prequel angeboten, denn in einem solchen hätte man zum Beispiel erklären können, was aus den Andorianern geworden ist und weshalb man sie im 24. Jahrhundert nicht mehr zu sehen bekam.

Aber gerade dafür braucht es starke Figuren.

Auch wenn es niemand ohne längeres Nachdenken glauben mag: Die Serie "Game of Thrones" und "Star Trek: The Next Generation" haben mehr Gemeinsamkeiten als "Game of Thrones" und dieses angeblich so moderne "Star Trek: Discovery". Denn die meisten Figuren aus "Game of Thrones" verhalten sich eher so, als seien sie bei Picard in die Schule gegangen. Daher gibt es in "Game of Thrones" extrem viele lange und sehr gute Dialogszenen. Und genau die bringen dann die wiederum genial inszenierten Action-Szenen erst so richtig zur Geltung. Weil man dann in diesen Schlachten mit den Figuren mitfiebert.

Alle loben immer den "Next Generation"-Zweiteiler "Best of Both Worlds" und sagen, so hätte die "Next Generation" von Anfang an sein sollen. Natürlich wäre "The Best of Both Worlds" ein besserer Pilotfilm gewesen als "Encounter at Farpoint". Aber seine massive Wirkung konnte "The Best of Both Worlds" erst entfalten, nachdem die Autoren drei Staffeln zuvor die Figuren aufgebaut hatten.

Was ich mir wünsche

Eine andere Frage ist aber: Will ich überhaupt modernes "Star Trek"? Will ich ein "anderes" "Star Trek"?

Seit dem Ende von "Star Trek: The Next Generation" versucht "Star Trek" ständig verzweifelt, irgendeinem Zeitgeist hinterherzulaufen. So als hätten die Borg gesiegt und "Star Trek" nun gezwungen, sich assimilieren zu lassen.

Ich aber habe die Nase voll von all dem "Star Trek", das ganz anders sein will und sich dabei ganz toll vorkommt.

Witzigerweise hat mir ausgerechnet "The Orville" klargemacht, wie sehr ich dieses klassische "Star Trek" vermisst habe. Wie sehr ich es vermisst habe, ein Schiff zu erleben, auf dem ich ebenfalls sein möchte. Wie ich es vermisst habe, Figuren zu erleben, die ich mag. Wie extrem ich es vermisst habe, eine Serie zu erleben, die mir Woche für Woche immer wieder etwas völlig Neues liefert, und nicht das stets gleiche.

Ja, von mir aus kann sich "Star Trek" weiter modernisieren, wenn es dabei wirklich gut ist. Aber wirklich wünschen würde ich mir ein "Star Trek", das wieder so ist wie das "Star Trek", das mich überhaupt erst zum Fan gemacht hat.

Wie gesagt: Vielleicht hätte mich ein modernes "Star Trek" überzeugen können, wenn es wirklich gut gemacht wäre. Man stelle sich vor, "Star Trek: Discovery" wäre ähnlich großartig wie "Game of Thrones". Mit fesselnden Figuren und echter Spannung. Vielleicht hätte ich dann gesagt: Ja, so muss modernes "Star Trek" sein.

Aber genau das ist bei "Star Trek: Discovery" eben nicht der Fall.

"Star Trek: Discovery" hat eindrucksvolle Effekte, die dennoch phantasielos wirken. Die Serie hat miserable Drehbücher und zieht seinen Unterhaltungswert nur aus den gelegentlichen Schauwerten der Action, nicht aus dem Interesse am Schicksal der Figuren.

Ich will nicht ausschließen, ob ich nicht doch irgendwann noch die fehlenden Episoden von "Star Trek: Discovery" nachholen werde. Aber ich gebe zu: Die Serie ist für mich ein Ärgernis. Ein Ärgernis, weil erneut eine Chance vertan wurde, wirklich gutes "Star Trek" zu machen.

Daher glaube ich im Moment tatsächlich auch nicht, dass es überhaupt sinnvoll wäre, die Serie weiter zu verfolgen. Das ganze reicht leider noch nicht einmal für einen leidenschaftlichen "Hate-Watch", worüber ich mich Woche für Woche auslassen könnte.

Im Moment erfreue ich mich eher an "The Orville", zu dem ich hier bald etwas schreiben werde.