Montag, 2. Januar 2012

Prost Neujahr


Alle Jahre wieder. The same procedure as every year.

Ein neues Jahr beginnt, und neben all den Rückblicken gibt es natürlich auch die Vorschau. Hier kommen wir in den Bereich, den man gemeinhin als Wahrsagerei beizeichnet. Früher tummelten sich die Wahrsager auf dem Jahrmarkt, heute nennt man diese Personen Experten.

Experten zeichnen sich dadurch aus, dass sie immer so tun, als wüssten sie alles. Statt bunter Tarotkarten haben sie meist fade Excel-Tabellen, doch eins haben sie mit den Kollegen vom Jahrmarkt gemein: Sie kümmern sich nie um den Blödsinn, den sie in den letzten Jahren verzapft haben.

Da wäre zum Beispiel die Zeitschrift Brigitte, die mal wieder die endlose Diätgeldmaschine anwirft. Wie heißt es in der Überschrift? "Weil alte Gesetze nicht mehr gelten."

Ach, die "alten Gesetze" gelten nicht mehr? Da gab es wohl eine Gesetzesreform. Und jetzt muss man sich halt den "neuen Gesetzen" anpassen, nicht wahr? In Wahrheit ist es natürlich so, dass diese Zeitschrift mit ihrer von allen Seiten gelobten Brigitte-Diät jahrzehntelang unzählige Frauen in eine abstruse Reduktionsdiät mit Körnern und anderen Voodoo getrieben hat, was zum unweigerlichen Jojo-Effekt führte. Und wenn das die gleichen Leute einfach über den Haufen werfen, dann nutzt man das auch noch für eine verkaufsfördernde Schlagzeile. Raffiniert.

Focus-Money hingegen verspricht mal wieder Anlagetipps. Man staunt, dass es noch immer möglich ist, Leser mit Anlagetipps zu ködern. Wir hatten die tollen Lebensversicherungen, die man heute nur noch mit einem "wie konntest du nur?" quittiert. Wir hatte Telekom-Aktien und Fonds von asiatischen Aktien, die heute nichts mehr wert sind. Wir hatten die Riesterrente, die selbst den klassischen Sparstrumpf unterbietet, und wir hatten den Hype aufs Gold, der genauso geplatzt ist wie alle anderen Finanzblasen. Und dennoch wagen es Zeitschriften noch immer, Leser mit angeblich "sicheren" Anlagetipps zu ködern.

Den Vogel schießt allerdings der Spiegel ab. Da diese Zeitschrift politisch auf den Hund gekommen ist, widmet man sich nach Themen wie "Jesus" und "Hitler" wohl nur noch dem geschlagenen Schaum. Nach einem Titelbericht über die "ewige Liebe" ist nun der Optimismus dran, und der ist – man kommt aus dem Staunen nicht raus – gar nicht mehr so angesagt. Im Gegenteil. Irrationaler Optimismus ist nun plötzlich schuld an allerlei Finanzblasen, Krisen und dem berühmten bösen Erwachen. Da ist es noch gar nicht lange her, da wurde uns von selbsternannten Gurus eingebläut, dass positives Denken das Nonplusultra ist, dass Skeptiker und Ängstliche selbst schuld seien an ihrem Elend und sich gar nicht zu wundern bräuchten, wenn dann "das Universum" (!!!) genau diese Skepsis erfülle und nicht die positiven Wunschträume ... In der Tat muss man feststellen, dass das Universum bei den positiven Erwartungswunschträumen der Finanzexperten wohl ein wenig geschlafen hat, dennoch staune ich darüber, wie schnell das von allen Seiten propagierte positive Denken nun zur Ursache des Problems erklärt wird.

Und das wird auch 2012 die große Konstante sein. Man wird den Leuten erzählen, was sie essen, denken und wie sie sich auf die jetzt schon feststehende Zukunft vorbereiten sollen. Experten werden uns über "dumme Irrtümer" aufklären, die sie zum Teil selbst in die Welt gesetzt haben. Und man wird immer wieder überrascht sein, wenn die millionste Prognose sich dann doch ganz überraschend als falsch entpuppt.