Mittwoch, 28. April 2010

Im Blut

Aus der Reihe "Fast wia im richtigen Leben" von Gerhard Polt gibt es eine herrliche Szene. Polt spielt einen Familienvater, der ein Zimmer an den Farbigen "Herrn Tschabobo" untervermietet hat. Herr Tschabobo befindet sich in Deutschland, weil er im Bereich der molekularen Spektralanalyse promoviert. Die Figur, die Polt spielt, redet so lange auf "Herrn Tschabobo" ein, bis der sich bereiterklärt, auf die Kindertrommel vom Sohn zu trommeln, worauf Polt den Satz sagt: "Des hams halt im Blut, die Neger!"

Leider scheinen die Deutschen auch etwas im Blut zu haben. Nämlich Volks- und Bürgerhetze.

Upsi!

Kommt er jetzt etwa? Der ganz unpassende und verbotene "Nazi"-Vergleich? Wie beim "Fastenprediger Barnabas" beim Starkbieranstrich 2010 auf dem Münchner Nockherberg? So etwas tut man doch nicht, oder? Die Verbrechen der Faschisten und Nazis sind so ungeheuerlich, dass jeder Vergleich doch auch diese Verbrechen verharmlost!

In der Tat: Mit solchen Vergleichen sollte man vorsichtig sein. Und leider ist manch einer bei solchen Vergleichen nicht gerade zimperlich. Wenn sich Kettenraucher wegen der Nichtraucherschutzgesetze mit verfolgten und getöteten Juden vergleichen, dann ist das einfach nur haarsträubend dumm und geschmacklos.

Nur: Was man durchaus vergleichen kann, das sind die Propagandamethoden.

Und damit meine ich das, was sich hierzulande zum Beispiel gegen Muslime, Hartz-IV-Empfänger oder griechische Bürger (oder wer sonst gerade praktisch ist, um von eigenen Fehlleistungen und Verstrickungen abzulenken) abspielt. Auch wenn diese Propaganda nicht in einem Holocaust münden mag, so bleibt sie doch nicht minder boshaft, gemein, hinterhältig und Menschen verachtend.

Erschreckend ist nicht die Diffamierung selbst, sondern mit welcher Penetranz sie betrieben wird. Obwohl die Zahl freier Stellen nur ein Bruchteil der Zahl der Arbeitslosen ausmacht, bleibt es längst nicht mehr bei platten Formulierungen, wie "unflexibel" viele Arbeitslose doch seien (womit man unterstellt, die Arbeitslosen seien einfach zu doof oder zu langsam beim radikalen "Reise nach Jerusalem"-Spiel sprich Jobsuche). Der Übergang zu Hetzwörtern und -formulierungen wie "Abzocker" oder "anstrengungsloser Wohlstand" geht bewusst einen Schritt weiter: Das soll Wut erzeugen. Wut auf eine Menschengruppe, die meist nicht in der Lage ist, sich zu wehren.

Erschreckend ist auch, dass diese Praxis inzwischen wie selbstverständlich von hochrangigen Politikern praktiziert wird. Und das "Bürgertum", die intellektuelle Presse... die stehen da und sehen zu, tun wenig bis gar nichts, pflichten vielleicht sogar insgeheim bei, weil "sich endlich mal einer traut, was zu sagen".

Und genau DAS ist schon einmal passiert! Man betreibt Hetze. Und reagiert nicht. Widerspricht nicht.

Wer meint, ich übertreibe, der klicke bitte unbedingt auf diesen Link. Danach gibt es keine Fragen mehr.

Freitag, 16. April 2010

Küss den Zeichentrick

Roger Ebert bringt es wieder mal so schön auf den Punkt, dass ich mich da gar nicht bemühen werde, das zu übertreffen. Ich begnüge mich einfach mit einem simplen Zitat: "Die Eröffnungsszene von Disneys 'Küss den Frosch' ist wie eine kühle Dusche nach einem langen und schweißtreibenden Tag. Das ist das, was klassische Animation einst war! Kein 3-D! Keine Brillen! Kein Aufpreis bei der Kinokarte! Kein verrückter Wahnsinn bei der hirnlosen Action! Und ... halt mich fest ... eine Story! Charaktere! Eine Geschichte! Es spielt in einer konkreten Zeit und an einem konkreten Ort! Und es zeigt (ich muss mich beruhigen) liebevolle handgezeichnete Animation, das mit menschlichem Tempo einhergeht und nicht diese merkwürdigen Glattheit hat. Ich werde mich einfach hinstellen und es über mich ergießen lassen."

"Küss den Frosch" ist nicht so grandios wie "Die Schöne und das Biest". Einige Szenen sind überdreht, in der Mitte wird die Geschichte ein wenig schwerfällig. Dennoch: Die Songs sind fetzig. Die Bilder sind zum Teil brillant und stimmungsvoll. Die Geschichte ist mitreißend, originell und gefühlvoll. Was allerdings noch wichtiger ist: Die Tradition der großen Disney-Zeichentrickfilme wurde mit "Küss den Frosch" endlich fortgesetzt. Und nicht nur das: "Küss den Frosch" steht wieder in der Tradition der "Märchen-Musicals". Wie man je geglaubt haben konnte, dass diese herrliche gezeichneten Filme durch computeranimierte Pixar-Streifen"verdrängt" werden können, ist mir ohnehin schleierhaft.

Am 16. Dezember kommt bereits der nächste Disney-Zeichentrickfilm in die deutschen Kinos: "Rapunzel". Ich freue mich schon.

Mittwoch, 14. April 2010

Pandemie


Wir im Spielekreis spielen immer wieder gerne das Spiel "Pandemie". Es hat sich zum echten Dauerbrenner entwickelt. Das Besondere an dem Brettspiel: Die Spieler arbeiten gemeinsam an dem Ziel, mehrere Pandemien, die sich über der Weltkarte ausbreiten, rechtzeitig einzudämmen. Es macht immer wieder Spaß.

Doch auch andere spielen gerne mal Pandemie. Und zwar sind es ein paar Pharmakonzerne. Die Regeln sind ein wenig einfacher als bei dem Brettspiel. Man muss nur seine Einflüsse in Organisationen und Politik spielen lassen, auf schlechten und sensationslüsternen Journalismus vertrauen, und schon rollt der Rubel.

Die letzte große Pandemie waren die Pocken (nicht AIDS, wie man meinen könnte), doch durch den massiven Verkauf von Impfstoffen hat die Industrie blöderweise die eigenen Käuferschichten im wahrsten Sinne des Wortes "gesundschrumpfen" lassen. Es ist klar: Das Pandemiegeschäft brauchte einen dringenden Relaunch.

Den ersten Schritt hierfür ermöglichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO). Früher war eine Pandemie eine länderübergreifende Seuche mit hoher Sterblichkeit. Doch heutzutage haben wir natürlich höhere Ansprüche ans Leben. Wir wollen alle ewig jung und fit sein, nur "überleben" ist zu wenig. 2006 hat daher die WHO den Passus "eine sehr große Anzahl von Toten und Kranken" einfach aus der Pandemie-Definition gestrichen, womit nun bei jedem Schnupfen eine Pandemie-Warnung ausgerufen werden kann. Es war natürlich reiner Zufall, dass die Impfstoffhersteller Novartis und GlaxoShmithKline entsprechende Vertreter in der WHO sitzen haben, die auch den einzelnen Regierungen den Ausruf der Pandemiewarnung empfahlen, woraufhin - so ist es halt mal, rein zufällig - die Aktienkurse beider Unternehmen in die Höhe schnellten.

Jährlich sterben an der normalen Grippe Tausende von Deutschen. An der Schweinegrippe starben weitaus weniger. Selten hat man eine so harmlose Grippe erlebt wie die Schweinegrippe. Dafür war diese Grippe umso lukrativer. Allein die "Schnelltests", bei denen man mit einer Exaktheit von "50:50" testen konnte, ob man infiziert ist (mit anderen Worten, man hätte auch eine Münze werfen können) sorgten für Rekordeinnahmen. Die BILD-Zeitung schürte mit etlichen Schlagzeilen die Angst der Bevölkerung. Adolf Windorfer, Professor an der Medizinischen Hochschule Hannover, prophezeite "auch bei einem eher milden Verlauf" allein in Deutschland "25.000 bis 30.000 Tote".

Letztlich fand man 235 Tote, die tatsächlich mit den Virus infiziert waren. Ungeprüft der Umstand, ob überhaupt eine dieser Personen "an dem Virus" verstorben ist, oder ob sie verstarben und zeitgleich infiziert waren.

Man muss die Pharmakonzerne aber auch verstehen. Sie sind börsennotiert! Die "Kranken" sind als Kunden zwar zahlungskräftig und willig, aber eine viel zu unzuverlässige Größe! Denn kranke Menschen haben eine dumme Eigenheit. Entweder, sie sterben an der Krankheit, oder sie werden (zum Glück in den allermeisten Fällen) schlicht und einfach gesund. Doch wie auch immer: Sie fallen als Kunde irgendwann aus der Zielgruppe. Zwar gab es schon vor etlichen Jahrzehnten perfektionierte Methoden, Kranke auf Dauer im "behandlungsbedürftigen Zustand" zu halten (herrlich beschrieben in "Der Zauberberg" von Thomas Mann), letztlich klappt es aber nicht immer, auch wenn sich viele Ärzte durch eine Vielzahl an Nachuntersuchungs- und Beobachtungsterminen redlich bemühen, den Kranken nicht so schnell an den unlukrativen Personenkreis der "Gesunden" zu verlieren.

Daher hat es die Industrie schon seit über 100 Jahren auf eine viel größere und stabilere Zielgruppe abgesehen: Die der "noch nicht kranken". Denn letztlich ist es doch genau das, was jeder gesunde Mensch ist: Ein potenzieller Kranker. Das erreicht man leicht, indem man irgendwelchen Messgrößen frei nach Phantasie "Grenzwerte" zuschreibt und indem man kerngesunde Menschen am besten monatlich zur "Vorsorge" schickt. In den USA hat man den "Vorsorge-Wahnsinn" sogar perfektioniert: An 70 Prozent aller Frauen, bei denen die Gebärmutter entfernt wurde, wird dennoch Gebärmutterkrebs-Vorsorge betrieben - jährlich rund zehn Millionen Tests, die natürlich dank ihres durchschlagenden Erfolgs gut für die Statistik sind.

Ist das alles weit hergeholt? Eine Verschwörungsthese von so ein paar Spinnern, die das Gras wachsen hören? Dann muss man dazu auch Uwe Dolata zählen, Pressesprecher im Bund Deutscher Kriminalbeamte und als Wirtschaftskriminalist Fachmann für Korruption und Wirtschaftskriminalität. Er behauptet, in der Gesundheitsbranche herrschten mafiöse Strukturen und meinte in der Sendung "Pelzig unterhält sich" vom 16. April: "Die Gesundheitslobby, die Pharmabranche, ist zu stark. Sie hat die Politiker im Griff, die sind praktisch nur noch Marionetten."

Denn eines ist klar: Die wollen alle nur unser Bestes. Nämlich unser Geld.

Mittwoch, 7. April 2010

Zwischenbericht: Spiele


Seit dem Kauf meiner PlayStation 3 am 7. Februar sind nun genau zwei Monate vergangen. Seitdem habe ich ein paar Spiele "durchgezockt", wie es so schön cool heißt. Hier eine kurze Übersicht.

1. Dante's Inferno

Ein geniales Spiel, allerdings mit ein paar nervigen Stellen. Aber die Idee ist witzig und genau nach meinem Geschmack. Ein Höllenort, der diesen Namen verdient. Während man allerlei Höllendämonen niedermetzelt und die Verdammten in noch tiefere Schlünde der Verdammnis schickt, erlebt man sogar noch eine recht coole Story. Super!!!

2. Dead Space

Ein grandioses Spiel mit unglaublich viel Atmosphäre. Man spielt hier unter ständiger Anspannung. Für mich allerdings auch auf der Stufe leicht bockschwer. Dennoch: Teil 2, der Ende des Jahres kommt, gilt jetzt schon als gekauft.

3. Final Fantasy XIII

Das bislang beste Spiel, das ich je gespielt habe. Wunderbar episch, mit einer herrlich erzählten Story und hochdramatischen Endkämpfen. Ein riesiges Spiel, das mich vollends ins "Final Fantasy"-Fieber getrieben hat. Ich habe mir sogar den Soundtrack geholt. 50 Stunden Spielzeit hat es mich gekostet, und dann hätte ich noch zahlreiche Nebenmissionen spielen können. Unglaublich!!!

4. Uncharted

Ein originelles Abenteuerspiel, bei dem man für meinen Geschmack manchmal etwas arg lange Szenen hatte, in der man nur Scharen von Söldnern abknallen musste. Das wurde manchmal eher frustrierend. Dennoch: Ein extrem witziger Held namens Drake und eine originelle Indiana-Jones-Story machten mir hier sehr viel Spaß.

5. Uncharted 2

Vielleicht hätte ich "Uncharted 2" nicht gleich nach Teil 1 durchspielen sollen. Diese Graphikbombe ist das Vorzeigespiel für die "Playstation 3". Die Story war hier noch origineller und abwechslungsreicher, und man musste nicht gar so lange Szenen mit Schießereien über sich ergehen lassen. Auch so manche Kletterei war nicht gar so fieselig wie in Teil 1. Dafür nervt es mich manchmal, ewig herumsuchen zu müssen, wo es wie weitergeht. Irgendwie habe ich dafür noch keinen Blick und keine Geduld. Dennoch: Ein sehr sehr gutes Spiel!

6. Heavy Rain

Ein Spiel als Film, ein Film als Spiel. Emotional, mitreißend, fesselnd. Ein Film, bei dem man das Happy End selbst in der Hand hat, und bei dem einen die Figuren so sympathisch werden, dass man auch unbedingt ein Happy End haben will. Einfach mal aus Spaß eine Figur killen, das geht hier nicht. In "meiner" Version haben nicht alle überlebt. Aber es gab herzrasende Spannung bis zur letzten Szene.

Andere Spiele habe ich bislang nur angespielt. Nach "Sonic Unleashed" und "Wall-E" weiß ich: Reine Jump&Runs sind nichts für mich. Ich habe keine Lust, dauernd irgendwo runterzufallen. "Devil May Cry 4" hat den Funken leider nicht überspringen lassen. "Saw" war wohl ein Fehlkauf. Nerviges Herumlaufen und Herumsuchen, mehr war es bislang nicht. "Fracture" sieht ganz nett aus und hat eine nette Idee, aber auch da ist irgendwie der Funke nicht übergesprungen. "F.E.A.R. 2" fand ich bislang stimmungsvoll, aber völlig rätselhaft. Vielleicht ergeht es einem so, wenn man Teil 1 nicht kennt.

Just Cause 2

Mein neuestes Spiel ist "Just Cause 2". Ein geniales Open-World-Spiel mit unglaublich viel Witz. Es ist gewollt abgedrehter Action-Trash der ultrakomischen Sorte. Als unkaputtbarer Superagent macht man die Insel Panau unsicher, spürt einen offenbar übergelaufenen Agenten auf und stürzt schließlich den Diktator. Ich bin noch mittendrin, und auch wenn mich die Tücken des Spiels immer wieder in den Wahnsinn treiben, macht es doch auch immer wieder Spaß. Vor allem finde ich es ungeheuerlich, wie viele Details in einem einzigen Spiel stecken können. Oben ist eine Videosequenz, die als Beispiel für eine Mission gilt, die man im Spiel erledigen muss.

Dienstag, 6. April 2010

Neuer Doctor

"Doctor Who" ist der James Bond der Science-Fiction.

Das Konzept ist so einzigartig, so typisch, dass es alle möglichen Darsteller überdauert. Es bleibt "Doctor Who".

Zu Ostern begann in England die fünfte Season der "New Doctor"-Ära, die einst mit Doctor Nummer 9 begann und nun bei Doctor Nummer 11 angelangt ist. Darsteller ist der 26jährige Matt Smith. Die Episode selbst schrieb der neue Showrunner Steven Moffat, der zuvor Highlightfolgen wie "Blink" abgeliefert hatte.

Was auffällt: Auch wenn der 11. Doctor von dem bislang jüngsten "Doctor"-Darsteller aller Zeiten gespielt wird - was auf eine Verjüngung und Modernisierung deutet - gibt es mit ihm dennoch eine Rückbesinnung auf alte "Doctor Who"-Tugenden. Bei "Doctor Who" ist es das Kleine, das Nebensächliche, hinter dem sich mehr verbirgt. Die Tardis in Form einer kleinen Polizeibox, im Inneren aber unendlich groß, ist dafür regelrecht Symbol.

Russel T. Davies war nicht für das Kleine. Bei ihm konnte "Doctor Who" gar nicht groß genug sein. Und der Erfolg gab ihm recht. Inzwischen war es völlig normal geworden, dass der Doctor in London mit großrangigen Politikern verkehrte. In der Pilotfolge der neuesten Staffel ist es anders. Diesmal landet der Timelord wieder in einer englischen Kleinstadt. Und es ist der harmlose Riss in der Wand eines Kinderzimmers, der für die Menschheit zur Gefahr wird. Ich finde diese Rückbesinnung auf klassiche Doctor-Elemente sehr erfreulich.

Die erste Folge machte in jedem Fall Spaß. Matt Smith machte Spaß. Er geht mit voller Leidenschaft in dieser Rolle auf. Amy, seine neue Begleiterin, macht ebenfalls eine gute Figur. Das neue Abenteuer kann also kommen! Einziger Schwachpunkt bislang ist die Titelmelodie mit ihrer recht verkrampften Ausrichtung auf Horror und Science Fiction. Solange aber der Rest stimmt, braucht das nicht weiter zu stören.

Samstag, 3. April 2010

Neue Religion

Es dürfte so ein Jahr her sein, da stand im SPIEGEL ein herrlicher Artikel, der aufzeigte, dass die Ernährung inzwischen den Status der Religion eingenommen hat. Es gibt "Sünden" und "Gebote". Es gibt das Allheilversprechen der "gesunden Ernährung" als modernes Paradies (man bleibt für "immer jung", "schlank" und "gesund"), zugleich gibt es die Hölle: Wer "sündigt", der wird dick, krank und kriegt Krebs.

Der selbsternannte Ernährungs-Jesus Jamie Oliver zog dann auch schon los ins sündige Land des Fast-Foods, um seine Lehren vom gesunden Essen unter das heidnische Volk der Junkfood-Esser zu bringen, musste dort aber verzweifelt aufgeben, weil seine Lehre vom Besseren Essen einfach nicht akzeptiert werden wollte. Und alle schütteln eifrig den Kopf über all die vielen verlorenen Seelen der unbekümmerten Junk-Esser. Der englische Spruch "lies make baby Jesus cry" (Lügen bringen den kleinen Jesus zum Weinen) muss neu formuliert werden. "Junk food makes Jamie Oliver cry". Und da wir ja alle wissen, dass es ganz böses Essen gibt, ganz sündiges Essen, daher hinterfragt auch niemand, wieso eigentlich eine ganze Nation ihr Essensverhalten ändern sollte, bloß weil ein unendlich nervtötender Engländer daherkommt und ihnen das einreden will.

In den USA verbannen viele Schulen inzwischen das "böse Essen". CNN hat berichtet, dass ein Schüler an einer Schule in Connecticut, der immerhin Klassensprecher und "Ehren-Schüler" war, für drei Tage vom Unterricht ausgeschlossen wurde, weil er auf dem Schulgelände doch tatsächlich einen Schokoriegel verzehrte. Der (übrigens sehr normalgewichtig aussehende) Schüler durfte sich auch nicht länger "Ehren-Schüler" nennen und auch nicht am "Ehren-Schüler-Essen" teilnehmen. (Logisch, er hätte dort am Ende noch eine Cola getrunken!!!) Außerdem musste er seine Rolle als Klassensprecher abgeben. Im Grunde kann er doch froh sein, dass er nicht gleich ganz der Schule verwiesen wurde.

Ich denke, das ist der richtige Weg und nur konsequent. Und sagen wir, wie es ist: Früher ist man mit Ketzern noch ganz anders umgesprungen. Ein solcher Akt ungehobelter Blasphemie muss drakonisch bestraft werden, wollen wir nicht alle früher oder später schnurstracks in die Kalorien-Hölle fahren. Die nächsten Schritte sind: Der Ausbau der Weight Watchers zur Weltreligion, öffentliche Fasten- und Fitness-Riten und das Kreuzigen einer Leitfigur in der Hoffnung, sie könne so all die überflüssigen Fett- und Kalorienpölsterchen auf sich nehmen. An den Eingängen diverser Fitness-Studios könnten wiederum Ablassscheine für den sorglosen Verzehr von sündigem Essen erworben werden. Im Anschluss daran kann natürlich eine reuevolle Beichte beim nächsten Weight-Watchers-Coach nicht schaden. Die Buße kann man ja in der Zahl zu vertilgender Sellerie-Stangen bemessen.