Mittwoch, 31. März 2010

So kann es gehen

So kann es gehen.

Ich halte "Magnolia" nicht nur für einen ganz großen Film, ich finde ihn auch - trotz der drei Stunden Dauer - keine Sekunde langweilig.

"Magnolia" zeigt einen Tag aus dem Leben von mehreren Personen in Los Angeles. Keine einzige Figur ist ein "Held" im filmischen Sinn. Es sind gebrochene Figuren und absonderliche Einzelgänger, deren Leben von Schuld-, Reue-, Rache- oder Verdrängungsgefühlen geprägt ist.

Ich halte den Film für vielschichtig, in etlichen Szenen unglaublich intensiv, sehr emotional und in seinen Wendungen immer wieder überraschend. Während mir viele Filme immer dünnbrettbohriger vorkommen, sehe ich in "Magnolia" einen Film, vollgestopft mit Figuren und Geschichten. Mit Haupt- und Nebenplots, die durch ihre vielen Querbezüge, Symmetrien und Spiegelungen faszinieren. Väter, die gerade Schuld auf sich laden im Kontrast zu Vätern, die einst Schuld auf sich geladen haben und sie nun nicht loswerden. Wunderkinder, die beim Erstellen eines neuen Rekords scheitern, und solche, die einst siegten und am Leben zerbrachen. Vor allem bietet der Film Blicke hinter Masken und Fassaden. Hinter die Fassade eines erfolgreichen Quizmasters oder hinter die eines selbsternannten Sexgurus, der in besonders komischen Szenen des Films verklemmten Männern Macho-Allüren beibringt.

Daher gab es gestern Abend eine groß von mir angepriesene gemeinsame Sichtung.

Der Film kam aber überhaupt nicht an. Er wurde als langweilig, witz- und belanglos und als zum Einschlafen empfunden. Das ist eben die große Gefahr, wenn man Filme empfiehlt: Man kann dabei gnadenlos scheitern. Letztlich ist es unmöglich, einem Gelangweilten die Faszination an einer Sache zu erklären. Wie soll man begründen, dass man eine Szene grandios und fesselnd fand, in der sich zwei verklemmte Menschen einander hilflos annähern (ein Polizist mit den immer gleichen Belehrungen über zu laute Musik, weil er in seinem Job nichts anderes gewohnt ist, als Menschen zu belehren, die Frau hingegen in Panik, der Cop könnte entdecken, dass sie gerade gekokst hat), wenn eine solche Szene bei einem anderen einfach nicht funkt.

So kann es eben gehen... Nichtsdestotrotz empfehle ich den Film noch immer ganz ausdrücklich, auch auf die Gefahr hin, dass sich manch einer dreieinviertel Stunden lang unmenschlich langweilt. Für mich ist "Magnolia" eine Aneinandereihung grandios gespieler und hoch emotionaler Szenen, von denen mich keine einzige auch nur eine Sekunde langweilt. Oder wie es Filmkritiker Roger Ebert so treffend ausdrückte: "'Magnolia' is operatic in its ambition, a great, joyous leap into melodrama and coincidence, with ragged emotions, crimes and punishments, deathbed scenes, romantic dreams, generational turmoil and celestial intervention, all scored to insistent music." ("Magnolia" hat Ambitionen vom Ausmaß einer Oper und stürzt sich lustvoll ins große Melodram und in große Fügungen, mit kantigen Emotionen, mit Schuld und Sühne, mit Szenen am Totenbett, mit romantischen Träumen, mit Generationsklüften und mit himmlichen Interventionen, das alles untermauert von eindringlicher Musik.)

Sonntag, 28. März 2010

Das Ende am achten Tag

So, jetzt melde ich mich mal wieder. Und zwar mit der Nachricht, dass "24" mit der aktuellen Season enden wird. Die Macher gaben zu, dass ihnen nichts mehr einfällt. Ein Geständnis, das nicht nötig war, die Beweislage war längst eindeutig. Zu oft wurden die USA nun schon von Nuklearsprengköpfen oder Giftgasflaschen bedroht, die von allen möglichen Superterroristen aus verschiedenen Nationalitäten kamen.

Die Gegner kamen bei "24" aus England, Russland, Deutschland und waren gerne auch fundamentalistische Moslems. Es gab bereits Atombomben in Los Angeles und abgeschossene Air Force One-Maschinen. Was James Bond für die Generation des Kalten Krieges war, das ist nun Jack Bauer für die Welt der Terroranschläge. Jack ist weitaus spießiger als Bond. War Bond ein Frauenheld, so machte man aus Jack einen Familienvater, der so gut wie nie lächelt und schon gar nicht flirtet.

Denn das ist es, was die Serie so einzigartig machte: Der völlige Verzicht auf Verschnaufpausen, auf ruhige Phasen, wie man sie normalerweise aus allen Serien oder Filmen kennt. Ein Tag in Jack Bauers Leben beginnt dramatisch und endet so. Ständig tickt die Uhr, jeder Bedrohung muss umgehend eine noch schlimmere folgen, jede Anspannung wird durch eine neue ersetzt. Das ist so absurd wie faszinierend, aber es führt eben zwangsläufig zur Wiederkehr des Gleichen.

Inzwischen hat sich das Fernsehen weiterentwickelt. Es gibt Serien, die nicht weniger spannend als "24" sind. Aber den Adrenalinkick der ersten zwei Seasons, der damals die Zuschauer völlig unvorbereitet traf, ist zu Recht Kult geworden. Und dafür sollte man "24" in Erinnerung behalten.

Freitag, 12. März 2010

Neue Diät

Ich habe eine neue, gute Diät- methode entdeckt.

Man kommt heim, setzt sich vor die PlayStation 3 und spielt ein Spiel. Ehe man es sich versieht, ist auch schon Schlafenszeit (manchmal ist es sogar noch später). Zeit fürs Essen bleibt da gar nicht mehr. Auch nicht für Knabberei nebenher. Denn - und das ist das Gute: Man kann beim "Zocken" nichts nebenher essen.

Ich bin mir zwar nicht sicher, ob das bei tüffteligen Szenen ausgeschüttete Stresshormon Cortisol den Effekt nicht leicht mindert, aber wie ich gerne in Anlehnung an den Satz "reich wird man nur von dem Geld, das man nicht ausgibt" sage: "Dünn wird man nur von dem Essen, das man nicht isst."

Gestern begann ich mit dem Spiel "Final Fantasy 13", mein erstes Rollenspiel und auch meine erste Begegnung mit der berüchtigten "Final Fantasy"-Reihe. Das Spiel ist herrlich, wenn auch typisch japanisch abgedreht. Die Full-HD-Graphik ist einfach nur der Hammer.

Erst hatte ich ja große Bedenken, ob ich bei so einem Spiel überhaupt durchblicken würde. Doch, oh Freude: Ausnahmsweise fand ich dieses Spiel bislang sogar zu einfach. Es läuft bis jetzt so: Ich wähle ich im Kampf eine Aktion - wobei die Wahl bislang meist leicht fällt, weil es bislang meist nur eine Aktion zur Auswahl gibt und das Spiel sogar eine Empfehlung der besten Aktion abgibt. Dann warte ich, bis sich der ATB-Balken hinreichend gefüllt hat. Dann aktiviere ich die Aktion. Fertig.

Bei einigen Gegnern gibt es einen "Schock-Balken". Bei genügend Treffern verfällt der Gegner in einen "Schock". Dann ist es leichter, ihn zu besiegen. Das heißt für mich aber im Moment: Draufhauen, bis der Schockbalken voll ist, und dann draufhauen, damit das Vieh den Geist aufgibt.

Später wird das noch viel komplexer, vor allem dann, wenn man für die Begleiter verschiedene Paradigmen festlegt und während eines Kampfs wechselt.

Dafür wird man von Anfang an mit originellen Figuren und einer vollkommen abgedrehten Welt belohnt. Die Macher von "Final Fantasy 13" haben übrigens betont, sie hätten sich von "Lost" inspirieren lassen. Daher entfaltet sich die Hintergrundgeschichte der Charaktere allmählich in Rückblenden, während die Neugier mit rätselhaften Gedankenfetzen angeheizt wird.

Die Levels sind zum Glück so linear, dass noch nicht einmal ich mich verlaufe, und das will was heißen. Es wirkt so, als hätten die Entwickler gesagt: Jetzt machen wir mal ein "Final Fantasy"-Spiel für den Thomas. Mit sehr langer Lernphase, viel Sience Fiction, einer "lost"-artigen Erzählstruktur und einem Spielfeld, bei dem man immer nur gerade aus laufen muss, was zusätzlich mit einer Karte verdeutlicht wird.

Da kann man nicht meckern...

Mittwoch, 10. März 2010

Ich habe fertig!

Endlich habe ich "Dead Space" durchgespielt. Das Finale war noch einmal großartig. Neuer Schauplatz, faszinierende Wendungen, heftige Kämpfe und ein geniales Schlussvideo. (Das Spiel selbst verzichtet auf sogenannte "Video-Sequenzen", es gibt eine zu Beginn und am Schluss.) Für einen Spieleanfänger wie mich ist "Dead Space" eine schweißtreibende Sache, zumal es eigentlich ein PC-Spiel ist und dort die Steuerung per Maus viel leichter ist als mit einem Controller. Aber ich habe mich dann doch durchgebissen und sogar für den Endgegner nur zwei Anläufe gebraucht.

"Dead Space" ist ein Spiel, das wie für den Beamer und die Surround-Anlage geschaffen ist. Wenn man im Dunkeln dasitzt und auf die 2-Meter-Leinwand guckt, während es um einen herum hallt und pocht - man glaubt, in die Welt des Höllenschiffes USG ISHIMURA vollends einzutauchen.

Kurz zum Spiel: Ein Technikerteam, das mit der USC KELLION unterwegs ist, soll eigentlich die Kommunikationsanlage des Bergbauschiffs USG ISHIMURA reparieren. Doch aufgrund eines fehlerhaften Traktorstrahls legt man eine Bruchlandung im Hangar hin. Die KELLION ist schwer beschädigt. Doch auch die ISHIMURA ist in einem schlimmen Zustand, und von den 1000 Besatzungsmitgliedern fehlt jede Spur. Das soll sich allerdings bald ändern. Die 1000 vermissten Personen haben sich nämlich in monströse Isomorphs verwandelt, nachdem sie kollektiven Selbstmord begangen hatten.

Später gibt es einige überraschende Wendungen. Der Captain der ISHIMURA war ein Anhänger der fanatischen "Unitology Church", deren Anhänger in den Isomorphs die nächste, gottgewollte Daseinsstufe sehen. Doch nicht nur das. Bald stellt sich auch die Frage, ob man den Überlebenden Hammond, Daniels und Clarke trauen kann.

Somit ist "Dead Space" weit mehr als ein simples Shooter-Game mit Horroreinlagen. Das stimmungsvolle Set ist mir einer fesselnden Story verwoben, die immer wieder neue, unvorhergesehene Wendungen bereithält, buchstäblich bis zu den letzten Sekunden. Ein "must play", wie ich sagen würde. "Dead Space 2" wird bereits entwickelt und soll vielleicht noch Ende 2010 kommen. Ist gekauft. Am ersten Tag! Ein Prequel-Game gibt es für die Wii, und es soll sogar ganz gelungen sein. Blöderweise habe ich keine Wii.

Heute Abend sehe ich mir den Film an, und auch den Comic werde ich mir besorgen.

Montag, 8. März 2010

Oscars

Die aktuelle Oscar-Verleihung erfreut. Anstatt einem geradlinigen Kommerzfilm wie "Avatar" die wichtigste Trophäe für die Kategorie "Bester Film" zu überreichen, ging der Oscar an den Film "Tödliches Kommando - The Hurt Locker". Ein Film, der sich nicht für ein simples "Gut und böse"-Schema interessiert, sondern den Menschen als Individuum darstellt.

Der Rest: Nun ja. Sandra Bullock kriegte ihren Oscar für "The Blind Side", einen Film, den ich mir dann ansehe, wenn ich irgendeine ganz sicher geglaubte Wette verliere. Jeff Bridges hatte auch noch keinen Oscar, in seinem Fall zu Unrecht, gut also, dass er nun endlich einen gekriegt hat. Hätte Christoph Waltz für seine Rolle in "Inglourious Basterds" keinen Oscar erhalten, der Skandal wäre riesig gewesen. Also auch hier: Völlig verdient. Schade, dass "Inglourious Basterds" ansonsten leer ausging.

Ansonsten wird die Verschleierungstaktik Hollywoods - einmal im Jahr so tun zu müssen, als habe man immer noch großartige Filme und Stars von echtem Kaliber vorzuweisen - immer durchschaubarer. Entsprechend langweilig wirkt auch das, was man über diese witzlose Pflichtveranstaltung zu lesen kriegt. Doch wie soll eine Feier auch origineller sein als das aktuelle Kinoniveau? Hollywood ist im Moment in einer künstlerischen Krise, die echten Innovationen finden im Moment bei TV-Serien und nicht auf der großen Leinwand statt. Mehr als mit 3D und überteuerten Preisen den Umsatzschwund aufzufangen, fällt Hollywood im Moment nicht ein. Die Filmindustrie kreiert keine Stars mehr, sondern nur noch talentlose Promis, deren Schauspielkunst gerade mal für eine Daily Soap reichen würde. Die, die heutzutage das Niveau noch einigermaßen hoch halten, sind fast ausschließlich gealterte Stars aus anderen Jahrzehnten. Das Credo der Hollywood-Bosse scheint zu sein, dass heutzutage das Budget eines Film umgekehrt proportional zum Niveau des Streifens zu sein hat. "Tödliches Kommando - The Hurt Locker" konnte sich ein hohes Niveau leisten, immerhin hat dieser Film nur 15 Millionen Dollar gekostet. Das sind etwa fünf Prozent des "Avatar"-Budgets.

BTW: Den Oscar für den besten Sountrack erhielt Michael Giacchino für den Film "Oben". Michael Giacchino hat unter anderem auch den Soundtrack zur Serie "Lost" komponiert.

Freitag, 5. März 2010

Alt genug für einen Abflussreiniger

Verbote und Begrifflichkeiten haben eins gemeinsam: Sie werden irgendwann nicht mehr hinterfragt. Dabei werden so manche Begriffe ganz gezielt von einer skandalsüchtigen Presse erfunden. Inzwischen mutierte jeder Mord zum „Amoklauf“, obwohl von Amok manchmal keine Rede sein kann. Und es hat auch nichts mit einer „Raubkopie“ zu tun, wenn unerlaubt eine Datei vervielfältigt wird, weil ein Raub nicht nur die Wegnahme einer Sache, sondern auch die Anwendung von Gewalt erfordert. Die „Produktpiraterie“ hat mit dem „Piratentum“ auch wenig zu tun, genauso wie auf dem Bild eines sogenannten „Nacktscanners“ weniger zu erkennen ist als auf einem Röntgenbild. Der Begriff „Killerspiel“ ist natürlich ebenfalls polemisch gemeint. Selbst wenn manche Leute glauben, damit eine treffende Bezeichnung für Computerspiele gefunden zu haben, in denen das Töten von Menschen simuliert werde, so muss man sich doch fragen, weshalb es dann keine „Killerfilme“ gibt? Jeder „James Bond“-Film würde die Definition eines „Killerfilms“ erfüllen.

Bei Verboten gilt das gleiche. Es gibt das berühmte Affen-Experiment. Man sperrt Affen in einen Käfig. Darin befindet sich in der Mitte eine Leiter, an deren oberen Ende sich Bananen befinden. Sobald sich aber ein Affe auf die Leiter begibt, werden die anderen Affen mit kaltem Wasser bespritzt. Irgendwann beginnen die Affen, ihren Artgenossen daran zu hindern, die Leiter zu betreten. Dann wird ein neuer Affe in den Käfig gesetzt, ein anderer rausgeholt. Der neue Affe weiß nicht, dass es verboten ist, die Leiter zu betreten. Er wundert sich auch, als ihn die anderen Affen ziemlich aggressiv daran hindern. Erneut wird ein Affe ausgetaucht, und erneut hindern ihn die Affen am Betreten der Leiter, auch der Affe, der zuvor selbst daran gehindert wurde, ohne den Grund zu kennen. Es werden immer mehr Affen ausgewechselt, bis keiner mehr den Hintergrund mit dem kalten Wasser kennt. Dennoch halten sich alle brav an das Verbot, die Leiter zu betreten.

Altersfreigaben für Filme folgen inzwischen diesem Affenprinzip. Niemand hinterfragt, warum es überhaupt solche Altersfreigaben gibt und wie sie überhaupt zustande kamen. Auch hinterfragt niemand die doch eher willkürlich wirkenden Altersstufen 6, 12, 16 und 18.

Natürlich: Viele Filme enthalten Darstellungen von Gewalt und Sex. Wenn man glaubt, solche Darstellungen seien für Kinder und Jugendliche ungeeignet, scheint eine Freigaberegelung die logische Konsequenz zu sein. Nur: auch viele Comics, Romane oder Zeitschriften enthalten Gewalt und Sex. Doch hier gibt es keine Altersfreigabe. Warum? Ist es logisch, dass ein Disney-Film eine groß aufgedruckte Altersfreigabe braucht, ein Heft wie die "Bravo" jedoch nicht?

Unabhängig von den Medien: Warum klebt auf einer Schnapsflasche nicht ein „ab 18 Jahren“-Logo? Jeder von uns ist sich klar, dass ein Abflussreiniger nicht in Kinderhände gehört. Die Frage ist aber: Ab welchem Alter kann man einem Kind den Umgang mit einem Abflussreiniger zumuten? Wäre ein Aufkleber „ab 12 Jahren“ bei einem Abflussreiniger richtig? Oder nicht doch lieber „ab 16 Jahren“?

Lächerlich? Die Folgen, die der falsche Umgang eines Abflussreiniger hat, sind klar. Das Kind kann sich Verbrennungen oder andere schwere Verletzungen zuziehen. Was ein Film „ab 16“ bei einem Zehnjährigen „anrichtet“, ist aber völlig unklar. Dennoch tut man gerade so, als seien die Altersfreigaben bei Filmen von einem Expertenteam nach geradezu wissenschaftlichen Kriterien ermittelt worden.

Die ganze Prüferei hat allerdings eher traditionelle Gründe. Die Prüfgremien testen nur den Anteil von Sex und Gewalt, meist reduziert auf die schlichte Formel: Mehr Nacktheit heißt mehr Sex, mehr Blut heißt mehr Gewalt. Zwar behauptet die FSK immer wieder, man überprüfe auch den Kontext, das ist aber schlichtweg Blödsinn. Man tut es eben nicht. Ich sehe mir aus einer obskuren Laune heraus gerade die alten Folgen von „Der Denver-Clan“ auf DVD an. (Rückblickend empfinde ich „Der Denver-Clan“ als Serien-Kult und historisches Sittengemälde der 80er Jahre.) Ich bin bei Staffel 4 angekommen und sah inzwischen drei Vergewaltigungsszenen. Einmal vergewaltigte Blake seine Ehefrau Kristle, was sie ihm sofort demütig verzieh. Kurz darauf wird sie schwanger, was sie als großes Glück empfindet. Das Kind wurde offenbar am Tag der Vergewaltigung gezeugt, weil es der einzige Tag war, an dem sie ihre Anti-Baby-Pille nicht nahm. In Staffel 4 versucht Kristles Exmann Mark Jennings, Kristle zu vergewaltigen. Er zerreißt ihr die Bluse und wirft sie herum. Sie verzeiht auch ihm, weil er ihr vorher mal das Leben gerettet hat. Eine weitere Szene betrifft Kirby, die von Adam vergewaltigt und daraufhin schwanger wird. Das Entsetzen packt sie jedoch erst, als sie von ihrer Schwangerschaft erfährt und sich fragt, wie sie das vor ihrem gerade angeheirateten Mann Jeff verheimlichen soll. Altersfreigabe: „ab 12 Jahren“.

Warum? Weil man „nichts sah“. Keine nackten Brüste, kein Blut. Und das ist nach wie vor das einzige, was geprüft wird. Es ist natürlich letztlich auch das einzige, was überhaupt „prüfbar“ ist. Weiter kann eine Prüfung nicht gehen, ohne sich dem Vorwurf auszusetzen, schlechte Filme mit einer höheren Freigabe zu bestrafen. Das aktuelle Vorgehen hat aber zur Folge, dass zum Beispiel die zweite Staffel von „Lost“ mit einer Freigabe „ab 18 Jahren“ versehen wurde, weil in ihr drastischere Gewalt- und Folterszenen vorkamen. Dass eine Serie wie „Lost“ dennoch intelligenter ist als „Der Denver-Clan“ und dass sie mit ihrer Cleverness Diskussionsstoffe innerhalb von Familien liefern kann, das wird offensichtlich von der FSK nicht geprüft.

Natürlich wird „Der Denver-Clan“ kaum „Schäden“ bei Zwölfjährigen hinterlassen. Da mag das Frauenbild noch so fragwürdig und der Umgang mit dem Thema Homosexualität noch so haarsträubend und überholt sein. Der durchschnittliche 12jährige ist sicher schlauer als der „Denver-Clan“ (wenn sich überhaupt einer in dieser Altersgruppe findet, der sich für diese Serie interessiert). Ob es von Filmen hervorgerufene Schäden überhaupt gibt, wird man ohnehin nie beweisen können. Wie auch? Bei einem so komplexen Gebilde wie dem Menschen kann man nicht einmal nachweisen, was der tägliche Verzehr von zwei Tafeln Schokolade bewirkt, wie will man da Aussagen über die Wirkung eines Films treffen?

Offenbar gibt es jedoch etliche Personen, die glauben, man könne die Einflüsse von Filmen und Serien auf Kinder- und Jugendliche gar nicht hoch genug einschätzen, anders ist das nun verpflichtend vorne auf dem Cover abzudruckende Logo in absurder Übergröße nicht zu erklären.

Wenigen ist klar, dass dieses FSK-Logo noch immer den Moralvorstellungen des 19ten Jahrhunderts folgt. Da wurden nämlich erstmals die ersten Filmvorführungen für Jugendliche verboten, weil man in ihnen – jahrmarktsmäßig – nackte oder leicht bekleidete Frauen zu sehen bekam. Daran hat sich nicht viel geändert. Sex und Gewalt sind nach wie vor die einzigen Prüfkriterien. Dahinter steckt die Idee des vorletzten Jahrhunderts, wonach Darstellungen von Sex und Gewalt zum "schädlichen Schund" erklärt wurden, dem sich "beeinflussbare Personen" (damals zählte man übrigens auch die Frauen dazu) entziehen sollten.

Dabei wird die Jugend – und nicht nur die – aktuell von etwas ganz anderem bedroht: Von der in den Medien immer heftiger um sich greifenden Idiotie. Dagegen wirkt eine Folge aus „Der Denver-Clan“ manchmal so gehaltvoll wie ein antikes Theaterstück.

Aber das spielt eben bei Altersfreigaben keine Rolle. Ein Film kann noch so dümmlich sein, solange er sich in Sachen Sex und Gewalt zurückhält, gibt es eine Freigabe „ab 0 Jahren“. Die prangt dann groß auf dem Filmcover, und sie redet den Eltern ein, jetzt vollkommen unbesorgt zugreifen zu können. Und auch wenn inzwischen jeder Käufer einer DVD zwangsbelehrt wird, dass die Altersfreigabe keine Empfehlung sei, so wird sie doch sicher von vielen als "Unbedenklichkeits-Siegel" wahrgenommen. Damit ist sie eine Empfehlung. So wie das Logo "Biokost". Ein niedriges FSK-Logo heißt: "Für den kindlichen Geist bekömmlich." Und was bekömmlich ist, kann nicht zugleich schlecht sein.

Und das wird auch in 50 Jahren noch so sein. Denn wie gesagt: Verbote werden ab einem bestimmten Punkt nicht mehr hinterfragt.

Ich aber hinterfrage!

Ich frage: Ist es wirklich elementar wichtig, Kinder- und Jugendliche vor bestimmten Filmen zu schützen? Wichtiger als bei anderen Gebrauchsgegenständen mit realen Giftstoffen und Säuren? So wichtig, dass jedes Cover mit einem Logo verschandelt werden muss? So wichtig, dass man an manche Filme auch als Erwachsener nicht herankommt?

Kann man die "Geeignetheit" von Filmen wirklich anhand weniger Kriterien kategorisieren? Sind Sex und Gewalt wirklich die einzigen maßgeblichen Kriterien? Sind sie für Kinder schädlicher als dummdreiste Sprüche und inhaltsleeres Blabla?

Ist es in Zeiten, in denen das Internet keinerlei Kontrollen unterliegt (gar nicht unterliegen kann), nicht überholt, käufliche Medienträger mit Logos zu versehen?

Wäre den Eltern nicht viel mehr mit einem Logo geholfen, das gute Filme für bestimmte Altersklassen empfiehlt, anstatt mit einer antiquierten und nichtssagenden Sex- und Gewaltprüfung (selbst bei Tierdokumentarfilmen!) den zum Teil übelsten Blödsinn als "ab XY Jahren geeignet" zu veredeln? Würde ein solches Logo nicht vielleicht eher die Qualität fördern?

Donnerstag, 4. März 2010

Spiele...

Gestern habe ich zwei Spiele beendet. Zum einen "Heavy Rain". Bei mir ist der Origami-Killer überführt, aber blöderweise auf freiem Fuß. Dafür konnte sein jüngstes Opfer, der Junge Shaun, vor dem Ertrinken gerettet werden. Immerhin. 22 unterschiedliche Enden soll das ungewöhnliche, filmartige Adventure-Spiel haben. Am Ende saß ich auf jedem Fall mit Herzrasen da und versuchte, im Zweikampf gegen den Killer als Sieger hervorzugehen.

Dann habe ich noch ein ganz klassisches Spiel beendet: "Uncharted". Als nächstes nehme ich mir "Uncharted 2" vor. "Uncharted" lebt von einer witzigen Story, leidet aber an zu viel Ballerei, vor allem in der zweiten Hälfte. Der Endgegner trieb mich dann auch noch dazu, fast in den Controller zu beißen. Ein telefonisch eingeholter Rat, ob es denn einen Trick gibt, die Horden der Angreifer abzuwehren, während die Deckung buchstäblich wegbröselt und man nur alle zehn Sekunden schießen kann, weil ansonsten der Laserstrahl eines Präzisionsgewehrs auf einen gerichtet ist, war zwar nicht gerade unsagbar hilfreich ("du musst halt erst alle Gegner abschießen"), letztlich konnte ich dann aber doch das Spiel erfolgreich beenden.

Reine Definitionsfrage ist übrigens das Wort "leicht". Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich täglich zocken müsste, um ein Spiel wie "Uncharted" auf der Stufe "leicht" zu spielen und es auch wirklich als "leicht" zu empfinden. "Leicht" heißt in der Spielewelt offenbar, dass man dennoch bei der einen oder anderen Szene eine halbe Stunde lang festsitzen kann. "Uncharted" hat - wie die meisten Spiele - die Schwierigkeitsstufen "leicht", "normal" und "schwer". Also, ich habe eindeutig eine andere Vorstellung davon, was "leicht" ist. Ich würde es eher als "nicht ganz unmöglich", "unmöglich" und "völlig unmöglich" bezeichnen.

Bei "Uncharted 2" gibt es übrigens "sehr einfach", "einfach", "normal" und "schwer". Übersetzt also: "Nicht unlösbar", "fast unlösbar", "unlösbar" und "völlig unlösbar".