Dienstag, 29. November 2011

Boykott von Amazon

Auf Spiegel-Online stand nun ein Betrag über einen Umstand, über den ich schon vor Wochen gelesen habe. Amazon.de lässt Arbeitslose ohne Lohn auf Kosten der Steuerzahler für sich arbeiten.

Als ich davon erfuhr, habe ich meine ausstehenden Vorbestellungen bei amazon.de storniert und in der Begründung eben auf diesen Missstand sozialer und menschlicher Ausbeute hingewiesen. Ohne eine Antwort zu erhalten.

Amazon.de braucht Saisonarbeiter, holt diese für sechs Wochen, lässt sie aber die ersten zwei Wochen unter dem Vorwand, es sei ein "Praktikum", kostenlos arbeiten. Die Arbeitenden erhalten weiterhin Hartz IV vom Staat.

Doch damit hat die Dreistigkeit kein Ende. Amazon wiederholt dieses Prozedere Jahr für Jahr, auch bei denen, die im Jahr zuvor bereits "eingestellt" worden waren und bei denen damit ein "Einarbeitungs-Praktikum" unnötig ist. Angeblich handelt es sich dabei um 9000 Leute, die Jahr für Jahr befristet eingestellt werden, stets erst nach der "unbezahlten Praktikumsphase". Bei der Hälfte wird diese Ausbeutung zum wiederholten Male angewandt.

Die Fragen, die der lesenwerte Spiegel-Online-Artikel nicht stellt, sind:

- Wozu benötigt jemand, der Dinge verpacken soll, ein zweiwöchiges Praktikum?
- Wieso soll der Steuerzahler dafür aufkommen, dass eine Firma Saisonarbeiter braucht?
- Wieso werden in Deutschland Gesetze erlassen, welche zeitlich befristete Arbeitsverträge für Arbeitgeber noch attraktiver machen? Der Nachteil an Befristungen ist für den Arbeitgeber, dass er die Leute immer wieder neu anlernen muss. Diesen Nachteil könnte er ja durch Festeinstellungen umgehen. Warum sollte der Steuerzahler die Kosten dafür übernehmen, dass sich ein Unternehmen vor Festeinstellungen drückt?

Ich habe die Partner-Links zu amazon von meiner Homepage gelöscht. In älteren Postings sind sie wohl noch enthalten, mir fehlt dafür die Zeit, sie alle zu löschen.

Dienstag, 15. November 2011

Nein, liebe Damen und Herren von Kinowelt, ich hatte echt nie die Absicht, die Sissifilme öffentlich aufzuführen

Wenn man heute einen Film kauft und einlegt, kommt eine derartige Flut an Rechtsbelehrungen und Warnungen auf einen zu, dass man sich fragt, welch hochgefährliches Höllenprodukt man sich da wohl zugelegt hat. Die Warnhinweise auf einer Großpackung Morphium sind wahrscheinlich läppisch dagegen.


Das alles wäre nicht schlimm, wenn man das Geschwafel wenigstens schnell wegklicken könnte. Aber nicht doch! Dann würden dem boshaften, ignoranten Filmkonsumenten ja ein paar Zwangsbelehrungen entgehen.


Inzwischen sind die drei "Sissi-Filme" mit Romy Schneider auf Blu-ray herausgekommen. Tolle Filme, brillant restauriert, eine echte Empfehlung ... Nur, es dauert, bis man sie zu sehen bekommt.


Zunächst kommt ein Schriftzug, der einen darüber aufklärt, dass man den Film nicht öffentlich aufführen darf. Ich weiß wirklich nicht, welche Vorstellung die Herrschaften von Kinowelt von der Realität haben. Wie hoch schätzen die wohl den Prozentsatz ihrer Käufer ein, die tatsächlich auf die Idee kommen, Filme, die mindestens jährlich im Fernsehen laufen, öffentlich aufführen zu wollen?


Doch nicht nur das: Diese Schrifttafel wird auch noch von einem gelangweilten Sprecher, der alle Zeit der Welt zu haben scheint, im trägen Plauderton vorgelesen. Und dieser ganze Labermüll über irgendwelche strafrechtlichen Drohungen, die sofort eintreten, wenn man irgendwas angeblich Verbotenes mit dem Film tut, lassen sich nicht einmal beschleunigen, geschweige denn überspringen.


So eine Idiotie hätte ich ehrlich gesagt nicht einmal den offensichtlich paranoiden Mitarbeitern von Kinowelt zugetraut. Am Ende war ich so genervt, dass ich mir am liebsten geschworen hätte, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Film doch noch irgendwie öffentlich aufzuführen. Quasi als stille Rebellion, als offenen Ungehorsam! Könnte man vielleicht irgendwie mit dem nächsten Banken-Sitting kombinieren.


Hat man den Lall überwunden, kommt natürlich die obligatorische Altersempfehlungsbelehrung, in der einem zum x-ten Mal erklärt wird, dass der Film dennoch unpädagogisch und scheiße sein kann, auch wenn ihn zwölf Prüfer eingehend gesichtet und mit einer Freigabe ab null versehen haben. Im Fall von Sissi heißt das übersetzt: Der Film ist ab null Jahren, euer Kind wird also aufgrund des Films kein Axtmörder werden, ob es danach allerdings noch immer die Demokratie für eine tolle Sache hält, wenn es mal Angela Merkel mit Romy Schneider vergleicht, da waschen wir unsere Hände in Unschuld.


Danach folgt dann noch ein Text mit der Belehrung, dass man die Entertaste der Fernbedienung drücken soll (wusste gar nicht, dass die eine Entertaste hat, aber gut) wenn man die Gehörlosenfassung aktivieren will. Warum dieser Text auch vorgelesen wird, weiß ich nicht, für die Gehörlosen ja wohl eher nicht, und die, die hören können (dürfte ja selbst bei einem Film wie "Sissi" noch immer die Mehrheit sein), erfahren auch nicht, was sie drücken müssen, wenn sie den Film ganz normal sehen wollen.


Hat man all das durchgestanden, ist man endlich im Menü angekommen und kann den Film sehen. Bei all den Quatschinfos versäumt es Kinowelt übrigens, dem Käufer zu verraten, auf welcher der drei Blu-rays sich die Extras verbergen, für die auf der Verpackung geworben wird. Ich wollte mir zuerst die Extras ansehen und legte auf Verdacht hin die dritte Blu-ray ein. Da war allerdings das gesuchte Extra – eine Doku über Romy Schneider – nicht drauf. Also legte ich die erste Blu-ray ein. Wieder Belehrung über öffentliche Aufführung und darüber, dass die FSK keine pädagogischen Empfehlungen gibt. Und ich frage mich langsam: Warum gibt es die eigentlich nicht? Anstatt immer wieder wertvolle Lebenszeit der Kunden zu vergeuden, indem ihnen immer wieder gesagt wird, was die FSK-Freigabe nicht ist, warum kann man nicht einfach an dieser Stelle kurz eine Empfehlung einblenden? Oder auf die Verpackung kleben. Freigabe: Ab Null. Empfehlung: Ab 10. Fertig. Könnte man sich den ganzen anderen Quatsch sparen. Oder sehen sich die schlauen Prüfer der FSK nicht dazu in der Lage, neben einer "Freigabe" auch eine "Empfehlung" auszusprechen?


Auch auf Blu-ray 1 war das Extra nicht. Es war auf Blu-ray 2! Nach geschlagenen fünfzehn Minuten konnte ich also endlich auf einer selbst gekauften Blu-ray den Inhalt sehen, den ich sehen wollte.

Samstag, 5. November 2011

Der Kult-Begründer

Der Tod von H. G. Francis hat mich daran erinnert, wie sehr dieser Autor mich in meiner Jugend geprägt hat. Als Kind habe ich die Hörspiele, die von ihm verfasst wurden, regelrecht verschlungen. Und während Eberhard Alexander-Burgh mit seinen wundervollen Hörspiel-Reihen "Hui Buh" und "Die Hexe Schrumpeldei" ganz sicher meinen schwarz-albern-abstrusen Sinn für Humor geprägt hat, so hat H. G. Francis meine Vorliebe für Science Fiction und Grusel gefördert.


Eines meiner ersten H.-G.-Francis-Hörspiele war "Das Gespenst vom Schlosshotel". Ein junges Ehepaar muss wegen einer gesperrten Brücke in einem Schlosshotel übernachten, wo im Keller ein Geist haust. Ich habe mich zu Tode geängstigt, wusste H. G. Francis doch genau, dass es für Kinder nichts Gruseligeres gibt als ein unheimlicher Keller.


Das Besondere an diesem Hörspiel war der Verzicht auf einen Erzähler, was bei H. G. Francis - im Gegensatz zu allen anderen Europa-Hörspielen - sehr häufig vorkam. Durch H. G. Francis habe ich schon damals gelernt, wie man trockene Information in einen unterhaltsamen Dialog packt. Und ich habe gelernt, wie man es besser nicht machen sollte.


Meine erste große Science-Fiction-Begeisterung war "Commander Perkins". Die Begegnung mit den unheilvollen Weganern, welche die Menschen für den Ursprung des Bösen halten und in rätselhaften Sprüchen Bibelstellen zitieren, war so völlig anders als das, was man damals aus dem Fernsehen kannte. Hier zog sich die Spannung aus Andeutungen, Mystery und Geheimnissen. Historische Geschichten wurden mit Science Fiction erklärt, darunter eine Bibelstelle aus dem Alten Testament.


Das hat nicht zuletzt wegen Erich von Däniken heute natürlich einen langen, albernen Bart, doch damals war es für mich aufregend, neu und geheimnisvoll. Obwohl "Commander Perkins" nur neun Hörspielfolgen hat, die auch noch vorzeitig beendet und deren zweiter Zyklus daher nie aufgelöst wurde (gefolgt von einer zehnteiligen Jugendbuchreihe, in der aber die offene Story der Hörspiele nicht aufgegriffen wurde und die ebenfalls mit einem offenen Ende aufwartet), ist "Commander Perkins" noch heute zu Recht Kult.


Denn wenn etwas genial ist, wenn etwas stimmig ist, wenn etwas faszinierende Charaktere und eine spannende, originelle Story hat, dann interessiert es nicht, ob am Ende irgendwelche Detailfragen offen bleiben. Das gilt auch für Serien wie "The Prisoner" oder "Twin Peaks". Das gilt auch für Filme wie "Das weiße Band". Und natürlich auch für "Lost", wo die Macher in dem ultimativ genialen Nachtrag "New Man in Charge" noch einige Fragen beantworteten und damit zeigten, wie uninteressant diese erratbaren Antworten waren (und wie man sich stattdessen als Zuschauer freute, Figuren wie Walt oder Hurley wiederzusehen.)


Fast scheint es so, als habe H. G. Francis damals den kleinen, vor seinem Kassettenrekorder sitzenden Thomas auf diese späteren Kultserien behutsam vorbereiten wollen. Und wenn er die Schuld trägt, dass mich noch heute viel Mainstream-Käse in Kino und TV langweilt, dann wäre allein das schon Grund genug, ihm für alle Zeiten dankbar zu sein.