Mittwoch, 14. Dezember 2011

Fütterung von Kleinkindern



Der obige Trailer bewirbt einen Film mit dem Titel "John Carter". Ich finde den Trailer gar nicht schlecht. Der Film basiert auf einer sehr alten Roman-Reihe – nicht dass jemand die wahnwitzige Vermutung anstellt, hier hätte Hollywood tatsächlich mal eine neue Idee gehabt - , doch darum soll es hier gar nicht gehen.

Dieser Trailer ist ein weiteres Beispiel für eine schon lange anhaltende Unart bei Filmtrailern: Permanente Fade-Outs. Fast schon im Sekundentakt wird der Bildschirm schwarz, gefolgt von etwa zwei Sekunden Bild und ... erneut Abblende.

Das alles könnte man ignorieren, würde inzwischen nicht jeder Blockbuster so beworben, man siehe nur hier, hier und hier als willkürliche Beispiele. Es folgt stets das gleiche Schema: Ein paar Bilder – Schwärze. Bilder – Schwärze.

Man könnte diese Masche als Mode-Gag abtun, aber ich denke, da steckt mehr dahinter. Es geht um die geistige Aufnahmekapazität des potenziellen Kinogängers.

Vor nichts hat Hollywood im Moment so sehr Angst, als seine Zuschauer intellektuell zu überfordern. Kein Wunder: Wer dem Publikum jahrelang zu neunzig Prozent aufgewärmten Dünnschiss nach der Struktur von Pornofilmen serviert (nur dass die Rammelszenen hier durch Kino-Action ersetzt werden), züchtet sich dadurch natürlich eine Gattung heran, für die man Kinotrailer nach dem Prinzip der Fütterung von Kleinkindern gestalten muss - immer wieder ein kleines Häppchen lauwarmen Brei in den Mund, und dann abwarten, damit der kleine Wonneproppen nicht zu viel rülpsen muss oder sich gar verschluckt.

Kritisch wird es nur, wenn man die geistige Aufnahmekapazität der Kinogänger irgendwann so weit gesenkt hat, dass bei einem Trailer auf zwei Sekunden Bild zehn Sekunden Schwarz-Pause zur geistigen Verdauung folgen müssen. Wobei: Die Handlung der meisten Filme ist in weniger als zwei Sekunden erklärt, sodass sich Trailer damit ohnehin nur noch selten befassen. Zwei Sekunden Filmausschnitt und zehn Sekunden Schwarzpause dürften bei den meisten Filmen locker reichen.

Samstag, 10. Dezember 2011

Generation Post-Doof

Die "Generation Doof" lässt sich gerne als Trainees und Praktikanten ausbeuten. Jetzt sind wir bei Generation Post-Doof angekommen. Die lassen sich nicht nur ausbeuten, die finden das auch noch normal und gut.

Anlass für diese Erkenntnis ist der über Spiegel-Online bekannt gewordene Umstand, dass amazon.de jährlich das Saisongeschäft bestreitet, indem es Tausende von Erwerbslosen zwei Wochen unbezahlt für sich arbeiten lässt. Die Arbeiter erhalten weiterhin Hartz-IV, das bekanntlich vom Steuerzahler erbracht wird. Die Arbeiter erhalten auch keinerlei Zahlung in die Rentenkasse. Dort werden sie so geführt, als hätten sie nicht gearbeitet.

Den Glücklichen, die "übernommen" werden, winkt laut Amazon-Pressesprecher eine Arbeitsmöglichkeit von drei Wochen (Wow!) bis sechs Monaten (nachzulesen hier), und das bei einer Bezahlung, die noch immer zum Leben nicht reicht, sodass die Betroffenen offenbar auch danach mit Hartz IV (also erneut mit Geldern des Steuerzahlers) aufstocken müssen, wie man hier nachlesen kann.

Gegen ein solch schamloses, ausbeuterisches Treiben bin ich als Einzelperson machtlos. Ich bin auch als Wähler machtlos, weil alle Mainstream-Parteien diesen Zustand fördern (weshalb dieser Missstand "legal" ist), weil er werbewirksam die Statistiken beschönigt, denn auch wenn jemand ohne Lohn für amazon.de arbeitet (oder danach so wenig Geld bekommt, dass er weiterhin auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen ist), so taucht er nicht mehr in der Arbeitslosen-Statistik auf.

Aber als Konsument habe ich Macht. Ich kann entscheiden, inwieweit ich menschliche Ausbeute unterstütze. Ich habe jährlich vierstellige Beträge bei amazon.de gelassen. Damit ist es vorbei, und zum Glück kenne ich viele, die meinem Beispiel folgen.

Natürlich gibt es andere. Mitglieder der Generation "Post-Doof". Die das alles gut und richtig finden. Wahrscheinlich, weil sie es nur noch aus Erzählungen von früher kennen, dass ein Saisonarbeiter ganz normal von Tag eins an guten und vernünftigen Lohn bekam.

So hat "Ralf" einen Kommentar im vorherigen Blogposting hinterlassen, und ich möchte diesen Kommentar hier noch einmal zitieren:

Nun, ich arbeite bei Amazon und weiß, dass die Arbeitsbedingungen bei uns sehr gut sind. Die Presse hat hier Dinge aufgebauscht. Es gab tatsächlich EINEN Fall, in dem ein Praktikant vom letzten Jahr, der nicht übernommen wurde, dieses Jahr wieder in einem unbezahlten Praktikum beschäftigt wurde. Es liegt hier aber auch in der Verantwortung der ARGE, diesen Umstand zu bemerken (Akten von ubezahlten Praktikanten werden nicht geführt) und wie gesagt, es war ein Versehen und kam nur in einem Fall vor.

Ja, es ist gängige Praxis bei vielen Firmen und viele Firmen nutzen diese Möglichkeit wesentlich unverblümter als Amazon. Wir haben immerhin eine Übernahmequote bei diesen Praktikanten von beispielsweise 90% in Werne. Die Hartz IV - Empfänger erhalten hier von Amazon also eine echte Chance, sich zu beweisen (Wie ich damals übrigens auch, andere Arbeitgeber wollten sich mit mir überhaupt nicht befassen).

Amazon nutzt die Möglichkeiten, die der Staat bietet, aber von "Aus"nutzen zu reden ist hier eine stark polemisierte Sichtweise.

1. Aufgebauscht? Wo wurde hier was aufgebaucht? Sich auf Staatskosten unbezahlte Saisonarbeiter zu holen, ist ein Skandal. Dieser Skandal führte zu zwei läppischen Artikeln auf Spiegel-Online (über die ich mich bereits gewundert habe), der zweite bereits beschönigend. Das war es auch schon. Reine Saisonarbeiter ohne Lohn für sich schuften zu lassen, ist auch dann ein Skandal, wenn es nicht regelmäßig "vermehrt" vorkommt.

2. Der immer wieder vorgebrachte Einwand, dies sei "üblich" und werde von anderen Firmen noch radikaler betrieben, ist eigentlich ein gesellschaftliches Pulverfass, das in die ganz großen Schlagzeilen gehört, keine Rechtfertigung. Wie gesagt: Ein Phänomen der Generation Post-Doof. Ich selbst habe als Schüler und Student Saisonarbeit verrichtet. Und natürlich wurde ich von Tag 1 an bezahlt! Doch für Generation "Post-Doof"-Menschen sind das wohl weit in der Ferne liegende Geschichten vom einstigen Arbeiterparadies.

3. Soso! Amazon führt also keine Akten über die "unbezahlten Praktikanten". Ich weiß nicht, ob diese Behauptung stimmt. Wenn sie stimmt, finde ich sie hochinteressant! Normalerweise gibt es bei "Praktikas" - zumindest bei das, was auch nur im Ansatz diese Bezeichnung verdient - Bewertungen, Zeugnisse, Zwischenberichte. Und amazon.de führt noch nicht einmal die Namen der unbezahlten Arbeitssklaven. Tja, warum sollten sie auch? Sollen das doch die ARGEn tun. Gerade diese Aussage beweist, dass die scheinheilige Bezeichnung "Praktikum" ein Hohn ist. Es geht hier ausnahmslos um das Ausnutzen kostenloser Arbeitskräfte. Mit Hilfe des Gesetzgebers lässt amazon.de Menschen unbezahlt für sich arbeiten, und interessiert sich für die Personen und ihre Arbeitsleistung noch nicht einmal hinreichend genug, um auch nur über die Namen Akten zu führen. Wären es echte Praktikas, würde amazon.de schon aus eigenem Interesse Akten führen. (Immer vorausgesetzt, dieser "Einwand" von Ralf entspricht der Wahrheit.)

Es könnte natürlich sein, dass dieser Kommentar von Ralf bewusst so verfasst war, dass jedem, der ihn liest, die scheinheiligen Rechtfertigungen von amazon.de ins Auge springen. In diesem Fall gratuliere ich dem Schreiber zu seiner hohen sozialen Intelligenz.

Damit man mir hier aber nicht Sturheit und Fanatismus vorwirft, mache ich hiermit amazon.de zwei Angebote:

Angebot 1:

Amazon.de darf mir gerne für zwei Wochen Lohn bezahlen - ohne dass von mir irgendeine Arbeitsleistung kommt, versteht sich. Nach diesen zwei Wochen werde ich dann großzügig entscheiden, was ich tue (denn ich brauche im Moment keinen Job bei amazon.de). Aber amazon.de kann das Prozedere dann gerne nächstes Jahr wiederholen. Akten werde ich in der Zwischenzeit keine führen.

Angebot 2:

Ich kaufe die nächsten zwei Wochen bei amazon.de ein, ohne dass mich die Pflicht trifft, den Kaufpreis zu entrichten. Damit würde ich amazon.de eine echte Chance geben, sich als Online-Händler zu "beweisen". Ob ich danach immer noch bei amazon.de gegen Bezahlung einkaufe, ist zwar ebenfalls meiner reinen Willkür unterworfen, aber keine Sorge, auch dieses Prozedere können wir gerne Jahr für Jahr wiederholen - am Besten während des Saisongeschäfts. Und obwohl ich keinerlei Kaufpreis entrichte, darf amazon.de mich in dieser Zeit gerne statistisch als Käufer führen.

Denn großzügig wie ich bin, gebe ich Unternehmen wie amazon.de gerne auch mal echte Chancen, sich bei mir zu beweisen!

Dienstag, 29. November 2011

Boykott von Amazon

Auf Spiegel-Online stand nun ein Betrag über einen Umstand, über den ich schon vor Wochen gelesen habe. Amazon.de lässt Arbeitslose ohne Lohn auf Kosten der Steuerzahler für sich arbeiten.

Als ich davon erfuhr, habe ich meine ausstehenden Vorbestellungen bei amazon.de storniert und in der Begründung eben auf diesen Missstand sozialer und menschlicher Ausbeute hingewiesen. Ohne eine Antwort zu erhalten.

Amazon.de braucht Saisonarbeiter, holt diese für sechs Wochen, lässt sie aber die ersten zwei Wochen unter dem Vorwand, es sei ein "Praktikum", kostenlos arbeiten. Die Arbeitenden erhalten weiterhin Hartz IV vom Staat.

Doch damit hat die Dreistigkeit kein Ende. Amazon wiederholt dieses Prozedere Jahr für Jahr, auch bei denen, die im Jahr zuvor bereits "eingestellt" worden waren und bei denen damit ein "Einarbeitungs-Praktikum" unnötig ist. Angeblich handelt es sich dabei um 9000 Leute, die Jahr für Jahr befristet eingestellt werden, stets erst nach der "unbezahlten Praktikumsphase". Bei der Hälfte wird diese Ausbeutung zum wiederholten Male angewandt.

Die Fragen, die der lesenwerte Spiegel-Online-Artikel nicht stellt, sind:

- Wozu benötigt jemand, der Dinge verpacken soll, ein zweiwöchiges Praktikum?
- Wieso soll der Steuerzahler dafür aufkommen, dass eine Firma Saisonarbeiter braucht?
- Wieso werden in Deutschland Gesetze erlassen, welche zeitlich befristete Arbeitsverträge für Arbeitgeber noch attraktiver machen? Der Nachteil an Befristungen ist für den Arbeitgeber, dass er die Leute immer wieder neu anlernen muss. Diesen Nachteil könnte er ja durch Festeinstellungen umgehen. Warum sollte der Steuerzahler die Kosten dafür übernehmen, dass sich ein Unternehmen vor Festeinstellungen drückt?

Ich habe die Partner-Links zu amazon von meiner Homepage gelöscht. In älteren Postings sind sie wohl noch enthalten, mir fehlt dafür die Zeit, sie alle zu löschen.

Dienstag, 15. November 2011

Nein, liebe Damen und Herren von Kinowelt, ich hatte echt nie die Absicht, die Sissifilme öffentlich aufzuführen

Wenn man heute einen Film kauft und einlegt, kommt eine derartige Flut an Rechtsbelehrungen und Warnungen auf einen zu, dass man sich fragt, welch hochgefährliches Höllenprodukt man sich da wohl zugelegt hat. Die Warnhinweise auf einer Großpackung Morphium sind wahrscheinlich läppisch dagegen.


Das alles wäre nicht schlimm, wenn man das Geschwafel wenigstens schnell wegklicken könnte. Aber nicht doch! Dann würden dem boshaften, ignoranten Filmkonsumenten ja ein paar Zwangsbelehrungen entgehen.


Inzwischen sind die drei "Sissi-Filme" mit Romy Schneider auf Blu-ray herausgekommen. Tolle Filme, brillant restauriert, eine echte Empfehlung ... Nur, es dauert, bis man sie zu sehen bekommt.


Zunächst kommt ein Schriftzug, der einen darüber aufklärt, dass man den Film nicht öffentlich aufführen darf. Ich weiß wirklich nicht, welche Vorstellung die Herrschaften von Kinowelt von der Realität haben. Wie hoch schätzen die wohl den Prozentsatz ihrer Käufer ein, die tatsächlich auf die Idee kommen, Filme, die mindestens jährlich im Fernsehen laufen, öffentlich aufführen zu wollen?


Doch nicht nur das: Diese Schrifttafel wird auch noch von einem gelangweilten Sprecher, der alle Zeit der Welt zu haben scheint, im trägen Plauderton vorgelesen. Und dieser ganze Labermüll über irgendwelche strafrechtlichen Drohungen, die sofort eintreten, wenn man irgendwas angeblich Verbotenes mit dem Film tut, lassen sich nicht einmal beschleunigen, geschweige denn überspringen.


So eine Idiotie hätte ich ehrlich gesagt nicht einmal den offensichtlich paranoiden Mitarbeitern von Kinowelt zugetraut. Am Ende war ich so genervt, dass ich mir am liebsten geschworen hätte, alle Hebel in Bewegung zu setzen, um den Film doch noch irgendwie öffentlich aufzuführen. Quasi als stille Rebellion, als offenen Ungehorsam! Könnte man vielleicht irgendwie mit dem nächsten Banken-Sitting kombinieren.


Hat man den Lall überwunden, kommt natürlich die obligatorische Altersempfehlungsbelehrung, in der einem zum x-ten Mal erklärt wird, dass der Film dennoch unpädagogisch und scheiße sein kann, auch wenn ihn zwölf Prüfer eingehend gesichtet und mit einer Freigabe ab null versehen haben. Im Fall von Sissi heißt das übersetzt: Der Film ist ab null Jahren, euer Kind wird also aufgrund des Films kein Axtmörder werden, ob es danach allerdings noch immer die Demokratie für eine tolle Sache hält, wenn es mal Angela Merkel mit Romy Schneider vergleicht, da waschen wir unsere Hände in Unschuld.


Danach folgt dann noch ein Text mit der Belehrung, dass man die Entertaste der Fernbedienung drücken soll (wusste gar nicht, dass die eine Entertaste hat, aber gut) wenn man die Gehörlosenfassung aktivieren will. Warum dieser Text auch vorgelesen wird, weiß ich nicht, für die Gehörlosen ja wohl eher nicht, und die, die hören können (dürfte ja selbst bei einem Film wie "Sissi" noch immer die Mehrheit sein), erfahren auch nicht, was sie drücken müssen, wenn sie den Film ganz normal sehen wollen.


Hat man all das durchgestanden, ist man endlich im Menü angekommen und kann den Film sehen. Bei all den Quatschinfos versäumt es Kinowelt übrigens, dem Käufer zu verraten, auf welcher der drei Blu-rays sich die Extras verbergen, für die auf der Verpackung geworben wird. Ich wollte mir zuerst die Extras ansehen und legte auf Verdacht hin die dritte Blu-ray ein. Da war allerdings das gesuchte Extra – eine Doku über Romy Schneider – nicht drauf. Also legte ich die erste Blu-ray ein. Wieder Belehrung über öffentliche Aufführung und darüber, dass die FSK keine pädagogischen Empfehlungen gibt. Und ich frage mich langsam: Warum gibt es die eigentlich nicht? Anstatt immer wieder wertvolle Lebenszeit der Kunden zu vergeuden, indem ihnen immer wieder gesagt wird, was die FSK-Freigabe nicht ist, warum kann man nicht einfach an dieser Stelle kurz eine Empfehlung einblenden? Oder auf die Verpackung kleben. Freigabe: Ab Null. Empfehlung: Ab 10. Fertig. Könnte man sich den ganzen anderen Quatsch sparen. Oder sehen sich die schlauen Prüfer der FSK nicht dazu in der Lage, neben einer "Freigabe" auch eine "Empfehlung" auszusprechen?


Auch auf Blu-ray 1 war das Extra nicht. Es war auf Blu-ray 2! Nach geschlagenen fünfzehn Minuten konnte ich also endlich auf einer selbst gekauften Blu-ray den Inhalt sehen, den ich sehen wollte.

Samstag, 5. November 2011

Der Kult-Begründer

Der Tod von H. G. Francis hat mich daran erinnert, wie sehr dieser Autor mich in meiner Jugend geprägt hat. Als Kind habe ich die Hörspiele, die von ihm verfasst wurden, regelrecht verschlungen. Und während Eberhard Alexander-Burgh mit seinen wundervollen Hörspiel-Reihen "Hui Buh" und "Die Hexe Schrumpeldei" ganz sicher meinen schwarz-albern-abstrusen Sinn für Humor geprägt hat, so hat H. G. Francis meine Vorliebe für Science Fiction und Grusel gefördert.


Eines meiner ersten H.-G.-Francis-Hörspiele war "Das Gespenst vom Schlosshotel". Ein junges Ehepaar muss wegen einer gesperrten Brücke in einem Schlosshotel übernachten, wo im Keller ein Geist haust. Ich habe mich zu Tode geängstigt, wusste H. G. Francis doch genau, dass es für Kinder nichts Gruseligeres gibt als ein unheimlicher Keller.


Das Besondere an diesem Hörspiel war der Verzicht auf einen Erzähler, was bei H. G. Francis - im Gegensatz zu allen anderen Europa-Hörspielen - sehr häufig vorkam. Durch H. G. Francis habe ich schon damals gelernt, wie man trockene Information in einen unterhaltsamen Dialog packt. Und ich habe gelernt, wie man es besser nicht machen sollte.


Meine erste große Science-Fiction-Begeisterung war "Commander Perkins". Die Begegnung mit den unheilvollen Weganern, welche die Menschen für den Ursprung des Bösen halten und in rätselhaften Sprüchen Bibelstellen zitieren, war so völlig anders als das, was man damals aus dem Fernsehen kannte. Hier zog sich die Spannung aus Andeutungen, Mystery und Geheimnissen. Historische Geschichten wurden mit Science Fiction erklärt, darunter eine Bibelstelle aus dem Alten Testament.


Das hat nicht zuletzt wegen Erich von Däniken heute natürlich einen langen, albernen Bart, doch damals war es für mich aufregend, neu und geheimnisvoll. Obwohl "Commander Perkins" nur neun Hörspielfolgen hat, die auch noch vorzeitig beendet und deren zweiter Zyklus daher nie aufgelöst wurde (gefolgt von einer zehnteiligen Jugendbuchreihe, in der aber die offene Story der Hörspiele nicht aufgegriffen wurde und die ebenfalls mit einem offenen Ende aufwartet), ist "Commander Perkins" noch heute zu Recht Kult.


Denn wenn etwas genial ist, wenn etwas stimmig ist, wenn etwas faszinierende Charaktere und eine spannende, originelle Story hat, dann interessiert es nicht, ob am Ende irgendwelche Detailfragen offen bleiben. Das gilt auch für Serien wie "The Prisoner" oder "Twin Peaks". Das gilt auch für Filme wie "Das weiße Band". Und natürlich auch für "Lost", wo die Macher in dem ultimativ genialen Nachtrag "New Man in Charge" noch einige Fragen beantworteten und damit zeigten, wie uninteressant diese erratbaren Antworten waren (und wie man sich stattdessen als Zuschauer freute, Figuren wie Walt oder Hurley wiederzusehen.)


Fast scheint es so, als habe H. G. Francis damals den kleinen, vor seinem Kassettenrekorder sitzenden Thomas auf diese späteren Kultserien behutsam vorbereiten wollen. Und wenn er die Schuld trägt, dass mich noch heute viel Mainstream-Käse in Kino und TV langweilt, dann wäre allein das schon Grund genug, ihm für alle Zeiten dankbar zu sein.

Freitag, 2. September 2011

Die Ersatz-Bildzeitung aus der Provinz

Wer an die unverbesserlichen Gegner des Science-Fiction-Genres denkt, der sieht vor seinem geistigen Auge vielleicht ein paar konservative Leute, deren Filmgeschmack irgendwo bei "Der Förster vom Silberwald" oder den "Sissi"-Filmen stehen geblieben ist und die sich gerne darüber aufregen, dass im Radio so viel "englisches Zeug" läuft. Mit anderen Worten: Konservative, Ewiggestrige.

Dabei ist das sogenannte linksintellektuelle Lager viel schlimmer. Dass sich daran nichts geändert hat, zeigte kürzlich ein Beitrag auf "Zeit online", der vorgab, über das 50jährige Jubiläum der Heftreihe "Perry Rhodan" berichten zu wollen, dessen Autor sich stattdessen jedoch nicht entblödete, die Überschrift "Der Ersatz-Hitler aus dem All" zu wählen. Als es Proteste hagelte, wurde die Überschrift in "Der Weltraum als Modelleisenbahn-Keller" geändert. Bravo. Aus einem ignoranten, vorurteilsbeladenen und rufmörderischen Titel wurde also ein ignoranter und vorurteilsbeladener Titel. Welch ein Fortschritt.

Doch das dummdreiste Geschwafel über Science Fiction in der ansonsten doch angeblich so aufgeschlossenen Nicht-Boulevard-Presse hat eine lange Tradition. Bereits 1975 hat der "Der Spiegel" von einem "Kino-Comeback jener hochgradig stupiden TV-Serie, die das ZDF unter dem Titel 'Raumschiff Enterprise' dargeboten hat" (Spiegel 53/75) berichtet, ohne weiter darauf einzugehen, was denn eigentlich an der Serie so "hochgradig stupide" war. Damals glaubte man wohl, dies nicht weiter begründen zu müssen.

1978 war anlässlich des Erfolgs von "Krieg der Sterne" ein Artikel unter dem Titel "Science Fiction – Flucht ins All" (Spiegel 5/78) erschienen, in welchem "Perry Rhodan" als "schlimmste Ausgeburt imperialistischer, faschistischer Zukunftsphantasie" beschimpft und der Titelheld als "Space Adolf" bezeichnet wurde. Weil das offenbar noch nicht reichte, wurde die amerikanische Essayistin Susan Sonntag zitiert, die Parallelen zwischen Science Fiction und Pornografie entdeckt zu haben glaubte. "Die Pornografie ist – genauso wie die Science Fiction – ein Zweig der Literatur, der auf Desorientierung, auf psychische Verwirrung, ausgerichtet ist." Diese doch reichlich hirnrissig klingende Aussage wurde weder erläutert noch erklärt. Es war damals wohl auch egal, Hauptsache, es klang irgendwie wissenschaftlich und diffamierte das Science-Fiction-Genre nach Strich und Faden.

Danach wurde der Psychologe Thomas vom Scheidt zitiert, der "SF-Leser mit dem Rauschdrogen-Konsumenten" verglich. "Vom Scheidt (...) hat in seiner Praxis SF-Freaks psychoanalytisch behandelt und dabei Defekte der seelischen Struktur seiner Patienten entdeckt, die offensichtlich typisch für das Gros der SF-Anhänger sind. Von Freuds Feststellung ausgehend, 'der Glückliche phantasiert nie, nur der Unbefriedigte', stieß er auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, die sich durch 'seelische Zustände von Sinnlosigkeit, tiefster Verlassenheit und Isoliertheit' bemerkbar macht."

Es ist doch eher unwahrscheinlich, dass vom Scheidt seine "Untersuchungen" nach empirisch ernstzunehmenden Kriterien durchführte, so dass die Aussage, die angeblichen Defizite seien "typisch für das Gros der SF-Anhänger" wohl nichts anderes als reine Spekulation und Wichtigtuerei waren. Schade, dass noch niemand die Defizite von Journalisten untersucht hat. Es wäre interessant zu erfahren, welche Motivation manchen aus ihrer Gattung (oder soll man sagen, ein "Gros" ihrer Gattung?) noch heute dazu treibt, ein literarisches Genre mit haltlosen Nazi- und Pornografie-Vergleichen in ein schiefes Licht zu rücken.

Da offenbar so mancher Journalist von Zeit Online auf dieser hinterwäldlerischen Voreingenommenheit der verlängerten Nachkriegszeit stehen geblieben ist und selbst angesichts eines so eindrucksvollen Literatur-Phänomens wie "Perry Rhodan" noch immer nichts besseres zu bieten hat, als hirn- halt- und geistlose Klischees und Vorurteile von vorgestern nachzuplappern, lässt das nur einen Schluss zu: Zeit Online ist die "Ersatz-Bildzeitung aus der Provinz".

Mittwoch, 31. August 2011

That's not the point

Bei dem RTL-Beitrag über die Gamer reichen die Reaktionen ja von empörten "Zockern" bis hin zu "war halt witzig gemeint, die Gamer sollen sich nicht so haben".

Beide Reaktionen übersehen offenbar völlig, dass hier wieder einmal Menschen vor der Kamera vorgeführt wurden, deren ganzes Verbrechen darin lag, eine Con zu besuchen, um dort einen schönen Tag zu haben. Diese Personen, die hier vor einem Millionenpublikum als verklemmt, unhygienisch und dumm beschimpft wurden, haben sich nicht für eine Casting-Show beworben. Sie wurden auf der Con überredet, was in die Kamera zu sagen.

Und dann hat man schamlos ihre Gutmütigkeit ausgenutzt.

Wenn ein Junge plötzlich aus heiterem Himmel gefragt wird, warum er keine Freundin hat, und dann so überrumpelt ist, dass er nur stammeln kann, er sei wohl zu schüchtern (anstatt, wie es richtig gewesen wäre, dieser potenziellen Arschgeweihträgerin zu sagen, sie soll sich verpissen), ist das einfach nur unsagbar dumm. Diesen Jungen dann aber auch noch abends vor einem Millionenpublikum lächerlich zu machen, ist kriminell, und ich sehe hier mit Entsetzen, dass eine Gesellschaft mit ihrem Müllfernsehen offenbar dabei ist, jegliches Gespür für richtig und falsch zu verlieren. Offenbar sind das die Folgen einer Stefan-Raab-Gehirnwäsche, wonach es in Ordnung ist, andere öffentlich zu verspotten und öffentlich vorzuführen. Hauptsache, man gehört nicht selbst irgendwie der anvisierten Gruppe an. Wenn doch, ist der Aufschrei groß, aber auch nur dann.

Es ist mir völlig egal, was irgendein arroganter Redakteur bei RTL über mich als Gamer denkt. Nicht egal ist mir, wenn ich dank Youtube und Fernsehkritik.tv mitbekomme, mit was für einem Drecksfernsehen inzwischen die Gesellschaft überschüttet wird, und wie sich in einer Gesellschaft allmählich eine Gleichgültigkeit darüber ausbreitet, dass Einzelpersonen grundlos und boshaft öffentlich in einem Massenmedium zur Unterhaltung niedergemacht werden.

Ich denke, man sollte allmählich anfangen, bereits kleinen Kindern beizubringen, nicht nur nicht zu fremden Menschen ins Auto zu steigen, sondern auch sofort das Weite zu suchen, wenn sie irgendwo die Mikrofone und Kameras von irgendwelchen Schmierenjournalisten erblicken.

Donnerstag, 25. August 2011

Jetzt sind also die Gamer dran


Meine Güte! Jetzt haben wir es amtlich: "Star Trek" ist out und vorbei, mit anderen Worten: Nicht mehr uncool genug. Das heißt: Die Medien müssen sich neue Convention-Gänger für ihr Vorurteils-TV suchen. Jetzt sind wieder mal die armen Gamer dran. Kannte man sie vorher im Grunde nur als potenzielle Amokläufer, entdecken sie die Medien nun neu als stinkende Looser und Singles. So, wie RTL die Zocker hier niedermacht, da ging man ja mit den Trekkern über Jahrzehnte hinweg noch sanft um.

Macht nix: Ich halte das alles fest und werde es eines Tages in dem Buch "Computerspiele in Deutschland" schonungslos aufdecken!

Wer hat's erfunden?

Die Menschheit glaubt an Herrscher, Führer, Könige ... Das wurde mir beim Streit zwischen Apple und Samsung um das iPad mal wieder klar.

Apple will Samsung gerichtlich untersagen, ein Tablet-PC herauszubringen. Dabei geht es übrigens nicht um den Streit von "Patenten" oder "Marken", wie eine juristisch wie immer desinformierte Presse schreibt, sondern Geschmacksmuster- bzw. Designschutz. Apple muss also beweisen, dass die Gestaltung des iPad "neu" ist.

Nun stellt sich heraus, dass bereits in dem Film "2001" ähnliche Techniken zu sehen waren.

Anlass genug, für die SZ zu schreiben: "Als Stanley Kubrick das iPad erfand", beginnend mit dem Teaser: "Hat sich Steve Jobs das iPad-Design vom legendären Regisseur Stanley Kubrick abgeschaut?"

Ich denke, hier ist es an der Zeit, doch mal festzustellen, dass Steve Jobs keineswegs das iPad "erfunden" hat. Es ist dadurch reich geworden, aber erfunden haben es seine Mitarbeiter. Und auch Stanley Kubrik hat ganz sicher nicht das Teil "erfunden", das in der Szene des Films "2001" zu sehen war: Es war sein Produktionsdesigner, noch wahrscheinlicher einer der Mitarbeiter, die für den Produktionsdesigner gearbeitet haben.

Die Leute sollten sich hin und wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass nicht Cäsar Gallien erobert hat, sondern seine Soldaten. Nicht Walt Disney hat Donald Duck und Hunderte von anderen Figuren erfunden, sondern seine Angestellten. (Und selbst bei Micky Maus sind die Aussagen uneinheitlich, ob nicht Walt Disneys Parner Ub Iwerks den Löwenanteil an der Gestaltung der Figur übernommen hatte.) Und ganz sicher hat auch Gene Roddenberry nicht das Handy erfunden, auch wenn der Star-Trek-Kommunikator stark daran erinnert.

Firmenbesitzer und Anführer dürfen gerne den Ruhm und das Geld ernten. Man sollte sie jedoch in Artikeln nicht auch noch als geistige Schöpfer bezeichnen.

Dienstag, 23. August 2011

Prequel-Wahn

Mein erstes Prequel, das ich bewusst sah, war der "Dallas"-TV-Film "Dallas - Wie alles begann". Er lief 1987 im deutschen Fernsehen und erzählte die Vorgeschichte des Ewing-Imperiums. Und schon damals fragte ich mich: Wen interessiert das?

George Lucas muss diesen Film gesehen haben, als er sich daran machte, die Vorgeschichte zu "Star Wars" zu bringen. Das Geniale an Episode 1 bis 3 war, dass George Lucas damit die Geschichte umkehrte und aus dem vorherigen Bösewicht Darth Vader den Haupthelden des Sechsteilers machte. George Lucas hatte erkannt, dass er nicht mehr länger Luke Skywalker, sonder Darth Vader geworden war. Diese aus filmhistorischer Sicht einmalige Sache wurde natürlich von wenigen überhaupt nur wahrgenommen, die meisten waren damit beschäftigt, über den ach so albernen Jar Jar Binks zu jammern.

Wie auch immer: Seitdem scheint mir im Kino der Prequel-Wahn ausgebrochen zu sein. Allerdings ohne die Genialität von George Lucas, also ohne den geschickten Schachzug, durch das Prequel auch die bisherigen Filme in ein neues Licht zu rücken.

Heute dreht man Prequels, um zum einen eine "Marke" fortzuführen und die "Stamm-Zuschauer" mitzunehmen, und zum anderen, um neue Zuschauer zu ködern, die von "zu viel Vorwissen" abgeschreckt sein könnten. Denn das ist ja die neueste Leier: Um Fortsetzungen wie "Final Destination 800" oder "Alien Nr. 2000" oder einen weiteren "Star Trek"-Film "verstehen" zu können, braucht man als gewöhnlicher Zuschauer ein Elefantengedächtnis und das eingehende Studium des Franchises, anderenfalls wäre es unmöglich, der ultragenialen, von brillanten Hollywood-Literaten ausgeheckten Story zu folgen, denn schließlich flossen bislang ja stets sämtliche Inhalte von Hunderten von "Star Trek"-Folgen in die einzelnen Filmdrehbücher ein, weshalb die "Star Trek"-Filme für normale Zuschauer vollkommen unverständlich wurden, nicht wahr?

In meiner Kindheit gab es zig "Planet der Affen"-, "Dracula"- und "Godzilla"-Filme, und kein einziger davon war ein Prequel. Aber heute? "Alien" kriegt ein Prequel. Warum? Interessiert das irgendjemanden? Oder glaubt wirklich irgendwer, es bestünde die Gefahr, jemand könnte der 0815-Story einer weiteren Alien-Fortsetzung nicht folgen? (Wer so blöd ist, der scheitert garantiert bereits bei den Hürden der Online-Kartenreservierung und beim Aufsetzen der 3-D-Brille!) Die "X-Men" kriegen auch ein Prequel. "Star Trek" kriegt irgendeinen Zeitlinien-Prequel-Murks, der irgendwie weder die eigentliche Vorgeschichte noch etwas wirklich neues erzählt, sondern eine "ihr müsst euch kennenlernen, weil das so sein muss, damit wir von 'Star Trek'-Zitaten begleitet möglichst viel kaputt machen können und jemand wie Taylor Lautner in der Fortsetzung den Khan spielen kann"-Verblödung. Denn das ist der allerneueste Trend: Man erzählt am besten irgendeine Vorgeschichte, die gar nicht mehr zum Rest passt, die also in eine neue Dimension der Überflüssigkeit eintaucht.

Von "Sex and the City" soll es jetzt auch ein Prequel geben, als nächstes sind vielleicht die verzweifelten Hausfrauen dran oder Mulder und Scully, die sich vielleicht doch schon irgendwie in ihrer Kindheit gekannt haben. Oder die Jugendjahre von Rocky und Rambo, wobei da vorab die schwierige Entscheidung zu fällen wäre, was den Machern lieber wäre: Eine floppende TV-Serie, oder ein überflüssiges B-Picture, hauptsache gut besetzt mit billigen Teenie-Schauspielern, denn der Nachteil der Original-Schauspieler ist ja, dass sie nicht nur älter werden, sondern auch einiges an Gage fordern.

Das "Potenzial" für Prequels ist jedenfalls noch lange nicht ausgereizt.

Samstag, 20. August 2011

Wo ist David Tennant?



Ich gebe es zu: Der einzige Grund, mir das "Fright Night"-Remake anzusehen, wäre für mich David Tennant."Fright Night" kenne ich noch als "Die rabenschwarze Nacht".

Und nun sah ich den Trailer zum "Fright Night"-Remake, und dachte die ganze Zeit: Wo zum Geier ist David Tennant??? Immerhin soll er doch die Rolle spielen, die im Original von Roddy McDowall verkörpert wurde.

Und dann sehe ich
das hier:

Freitag, 19. August 2011

Das Letzte

Was würde man wohl von einem Lehrer halten, der sagt: Jeder, der als Letzter in die Klasse kommt, erhält eine Strafarbeit.

Nun mag es ganz armselige Dummköpfe geben, die sagen würden: Gut so! Das motiviert die Schüler, flott die Klasse zu betreten.

Alle anderen mit einem IQ über 50 würden aber erkennen, dass dies schlichtweg Blödsinn ist, weil einer eben immer als letzter den Raum betreten muss. Er würde erkennen, dass das auch überhaupt nichts aussagt, und dass die Panikmache, nicht letzter sein zu wollen, nur zu unsinnigem Gerangel führen würde, einem Gerangel, bei dem rein nichts gewonnen wäre, weil es ja nichts daran ändert, dass irgendeiner halt mal als letzter reinkommen muss.

An dieses Beispiel möge bitte jeder denken, wenn er mal wieder so eine hirnrissige Schlagzeile wie "Dax fällt auf Jahrestief" liest und glaubt: Wahnsinn! Jetzt brummt aber der Bär! Mal abgesehen davon, dass die Aussagekraft von Dax-Entwicklungen schnellstens gegen Null geht, wenn man sich nur mal kurz damit beschäftigt: An irgendeinem Tag im Jahr wird es IMMER den niedrigsten Kurs geben. So wie es an irgendeinem Tag im Jahr am Kältesten, am Wärmsten oder auch nur am Windigsten sein wird.

Freitag, 5. August 2011

Neo

So ändern sich die Zeiten.

Früher (und leider heute noch immer) gab es etwas, das sich vollmundig "Neo-Nazi" nannte. Wer auch immer dieses Wort "schöpfte", wahrscheinlich dachte er, das Wort "Neo" passe zum Wort "Nazi", weil es auch mit "N" anfängt.

Inzwischen gibt es das Neo-ZDF, wobei mir noch immer nicht ganz klar ist, was der Großeltern-Sender ZDF damit bezweckt: Die Verjüngung der "Marke" ZDF, oder das Abschieben der Jugend in eine bequeme Nische, sodass man künftig jede Zuschrift, die sich über das altbackene ZDF-Programm beklagt, mit einem "geh halt bei ZDF-Neo spielen" kontern kann.

Nun wurde das ganz große "Perry-Rhodan-Geheimprojekt" verkündet: Ab dem 30. September 2011 soll "Perry Rhodan Neo" starten. Der Untertitel: "Die Zukunft beginnt von vorn". Daher weiß ich allmählich, was das Wort "Neo" übersetzt bedeutet. Es heißt: "Wir sind die gleichen alten Dödel, versuchen aber verzweifelt, junges Blut zu ködern, das uns normalerweise den Vogel zeigen würde."

Und genau das versuchen nun die Macher der Heftserie "Perry Rhodan". Diesmal soll Perry Rhodan nicht mehr im Jahr 1971 zum Mond fliegen, sondern im Jahr 2036. Von da an soll die Geschichte "neu und modern" erzählt werden.

Modernisierungen müssen nicht immer schlecht sein. Viele ahnen wahrscheinlich gar nicht, dass viele Enid-Blyton-Romane, die sie in ihrer Jugend lasen, bereits modernisierte Fassungen waren. Und es muss ja nicht immer in einem so hirnlosen Blödsinn wie dem letzten "Star Trek"-Film münden, der in seiner haarsträubenden Mischung aus "Top Gun" und "Transformers" nichts mehr mit dem zu tun hatte, was "Star Trek" einst war.

Zu bedenken ist allerdings: "Perry Rhodan" entstand im Jahr 1961, im Zeitalter des "Kalten Kriegs" und vor der ersten Mondlandung. Die Menschen waren gespannt, wie so eine Mondlandung laufen könnte. Eine solche Neugier fehlt bei den heutigen Lesern. Perry Rhodan musste damals nur auf friedliche Weise die beiden Supermächte entwaffnen, um eine bessere Welt zu erschaffen. Heute müsste er schon den Wahnsinn um Finanzspekulationen und Ausbeutung beenden, um den Lesern zumindest in der Phantasie den Traum von einer besseren Welt zu erfüllen.

Im "Perry Rhodan"-Forum meinte jemand treffend: "Warum aufgebackene Brötchen kaufen, wenn ich frische haben kann?" Recht hat er. Mit anderen Worten: Lieber "Sternenfaust" lesen!

Dienstag, 31. Mai 2011

In dubio pro reo

Heute gab es einen aufsehenerregenden Freispruch. Und zwar für die spanischen Gurken. Sie waren zu Unrecht beschuldigt worden, den EHEC-Virus ausnahmslos in Norddeutschland (und nicht im Heimatland) zu verbreiten.

Ich habe aber ohnehin nie an deren Schuld geglaubt ...

Sonntag, 15. Mai 2011

Scre4m

"Scream 4" ist wieder einmal ein spannender und origineller Gruselspaß.

Mit "Scream 1" war es gelungen, das Horrorgerne in die Postmoderne zu heben, indem das Befolgen und Brechen von Genre-Regeln im Film selbst thematisiert wurde. In Teil 4 nun parodiert man genau diese "Meta-Ebene", entlarvt den Regelverstoß als neue Regel und findet dabei durchaus einen Weg einer neuen Verunsicherung, weil der Zuschauer ab einem bestimmten Punkt jede Wendung für möglich hält. Dass es bei einem Film wie "Scream", bei dem der Täter sich über das Telefon anmeldet, nun auch die Handy- und Internet-Stream-Generation Einzug findet, ist ebenfalls eine gelungene Variante.

So gesehen eine Filmempfehlung für jeden Genre-Fan. Und für "Scream"-Liebhaber ohnehin ein Muss. Allein die drei Hauptdarsteller Neve Campbell, Courteney Cox und David Arquette aus den ersten drei Filmen wiederzusehen, macht Spaß und sorgt dafür, dass man um das Überleben dieser Figuren mitfiebert.

Dennoch gibt es auch Schattenseiten. Der Auftakt des Films ist originell und wendungsreich, bereits ihm fehlt jedoch das Spektakuläre. Absolut gelungen ist abermals das dramatische und wendungsreiche Finale.

Das Problem liegt dazwischen. Es ist der Schwachpunkt so gut wie aller Horrorfilme: Wie fülle ich die Zeit zwischen Auftakt und großem Finale?

Genau hier versagt "Scream 4". Das Drehbuch versucht, den Zuschauer durch ein Mehr an Kill-Sequenzen bei "Laune" zu halten, was nicht funktioniert. Auch Wes Craven scheint mit voranschreitenden Alter ein wenig zahnlos zu werden. Wo sind sie, die dramatischen, fetzigen und rasanten Verfolgungsjagden, die Flucht vor dem Täter durch verwinkelte Gebäude, mit kuriosen Kamerafahren und schnellen Schnitten? Wo ist die Horror-Action, die in Teil 1 und 2 so gut funktioniert hat? Bei dem Mehr an Tötungsszenen fehlt leider die Zeit, um eine atmosphärische Gruselstimmung aufzubauen. Unvergessen zum Beispiel die Szene, wie sich Sidney in Teil 2 in einem verbeulten Autowrack am bewusstlosen Killer vorbeizwängen muss. Genau solche Sequenzen fehlen im Mittelteil dieses Films.

Damit kein Missverständnis aufkommt: Dies ist ein spannender, kurzweiliger und für Genre-Freunde sehr unterhaltsamer Film. Aber leider eben kein Film, der die Zuschauer wie einst der Auftakt der "Scream"-Reihe permanent unter Strom setzt. Dies ist natürlich - gerade, was das Horrorgenre angeht - jammern auf hohem Niveau. "Scream" ist all dem Gerne-Schmarren, der rauskommt, hauchhoch überlegen. Dennoch ist es schade, dass es der Film diesmal nicht in die Kategorie "herausragend" geschafft hat, denn dafür hätte so viel gar nicht mehr gefehlt.

Mittwoch, 4. Mai 2011

Yes, wie kill

Der Spruch "ich glaube, ich bin im falschen Film" fühlte sich noch nie so treffend an. Da schickt ein Friedensnobelpreisträger heimlich ein Killerteam in ein fremdes, autonomes Land, lässt dort einen unbewaffneten Terroristenanführer töten, sieht per Live-Video zu, und das Volk feiert auf den Straßen und die christliche Regierungschefin eines anderen, demokratischen Landes äußert ihre "Freude" über die gelungene Tötung, während Jack-Bauer-Darsteller Kiefer Sutherland twittert, dass das echte Leben doch machmal "besser" sei als die Fiktion.

Zugleich loben die Republikaner die unter Bush angewandte Foltermethode "Water Boarding", weil die doch so erfolgreich gewesen sei und zu Informationen über Bin Ladens Aufenthaltsort geführt habe (was noch nicht einmal stimmt).

Da muss man sich fragen: Ist es ein plumper Gag, oder geniale Satire, wenn David Letterman - vor den "die Top-10 letzten Terroristenworte" - sein Publikum fragt: "Did you folks enjoy the Osama Bin Laden season finale?" Jimmy Kimmel zeigte einen Fake-Trailer für den neuen "Bin Laden"-Film, bei dem man Spaß mit seiner Leiche hat. Außerdem meinte er, seit Bin Ladens Leiche im Ozean schwimme, würde er sich nicht mehr so schuldig fühlen, wenn er beim Baden ins Meer pinkelt.

Dagegen ist die Bild-Zeitung ja fast schon niveauvoll. Sie bescheinigt der "einzigen Super-Macht" nur mal schnell ein "Recht auf Rache".

Zugleich sind aufgrund der Jubelstimmung die Aktienkurse gestiegen, was mich zu der Überlegung führt, ob man für die nächste Finanzkrise nicht ein paar Oberterroristen zum Abschießen in Reserve halten sollte.

Gabor Steingart meinte im Morning Briefing des Handelsblatts, die Tötung Bin Ladens sei ein "Riesenerfolg für die westliche Welt". Das ist dümmster Blödsinn. Wir sind doch hier nicht bei einem Fußballspiel, bei dem am Schluss gerade noch das Siegertor geschossen wurde, auch wenn man das angesichts der jubelnden Massen auf den Straßen glauben könnte. Solche Formulierungen sind auch eine Beleidigung der Toten, die Bin Laden zu verantworten hat. Es ist armselig angesichts eines fragwürdigen Verhaltens der "westlichen Welt", das immer fanatischere und rechtsstaatsfeindlichere Züge annimmt. Das ist auch gelogen angesichts des Problems, dass die "westliche Welt" – wie selbst von den USA eingeräumt wird – um keinen Deut sicherer geworden ist. Der Bin-Laden-Film ruft nach einer Fortsetzung, und das zumindest haben wir aus Hollywood gelernt: Fortsetzungen sind meist furchterregend.

Donnerstag, 28. April 2011

Das ist aber teuer

Seit es das Amazon-Kindle nun auch in Deutschland gibt, höre ich aus meinem Bekannten- und Freundeskreis immer nur eines: "Huch, die eBooks sind aber teuer!"

Und in der Tat! Der grandiose Roman "Jeder stirbt für sich allein" (den ich gerade auf dem Kindle lese) kostet als sehr schönes, im Stil der sechziger Jahre aufgemachtes Hardcover 19.95 EUR, in der Kindle-Version jedoch 15,99 EUR, also nur knapp vier Euro weniger.

Und es kommt, wie ich es schon immer gesagt habe. Während man ein 700 Seiten dickes Hardcover für 20 Euro sogar als "günstig" empfindet, scheinen 16 Euro für ein eBook doch ausgesprochen viel Geld zu sein. Es steckt so in uns drin: Das "nicht Stoffliche" muss billig sein. Ebooks sollten billig sein. Billiger als Taschenbücher.

Sind sie aber nicht.

Der S. Fischer Verlag hat für die deutschen Verwertungsrechte an dem Roman "Das Spiel des Engels" von Ruiz Zafóns (und für vier ältere Jugendbücher dieses Autors) einen Vorschuss (!!!) von drei Millionen Euro gezahlt ... Glaubt irgendjemand, dass so ein Buch dann als eBook verramscht werden kann, weil - wie immer und immer wieder behauptet wird - der Verlag ja die "Druckkosten" spart? (Zumal die elektronische Aufbereitung ja auch Geld kostet.)

In den USA ist es häufig sogar so: Die Kindle-Preise orientieren sich am Hardcover. Erscheint später die Taschenbuch-Version, ist das eBook oft sogar teurer als das Taschenbuch.

Bei einem Preisvorteil von vier Euro, da kann man sich leicht ausrechnen, wie viele eBooks man kaufen muss, damit sich der Anschaffungspreis des Kindles (139 EUR bzw. 189 EUR) amortisiert hat. Die Vorteile des Kindles sind: Es ist leichter, handlicher, man kann es in einer Hand halten und bedienen (was bei einem Hardcover spätestens beim Umblättern problematisch wird) und man kann die Schriftgröße dem individuellen Geschmack anpassen. Außerdem kann man Bücher jederzeit kaufen und sofort mit dem Lesen beginnen - ohne Lieferzeiten. Für S-Bahnfahrten ist das Kindle so ideal wie ein MP3-Player. Ich bin noch immer begeistert von meinem Kindle (hatte den schon aus den USA), auch mein iPad (der ganz andere Vorteile hat), konnte das Kindle nicht verdrängen.

Aber wer glaubt, mit dem Kindle werde das Lesen von Büchern billiger oder gar deutlich billiger, der sollte dann doch noch mal den Rechenschieber benutzen.

Donnerstag, 21. April 2011

Schatten über neue Who-Staffel

Am Sonntag beginnt in England eine neue Staffel der britischen Science-Fiction-Serie "Doctor Who". Leider liegt darüber ein Schatten. "Doctor Who" hat nämlich zwei Spin-Offs. Das eine ist "Torchwood", das deutlich düsterer als die Ur-Serie ist. Die zweite Serie ist "Sarah Jane Adventures", eine Teenager-Serie um die ehemalige Doctor-Begleiterin Sarah Jane Smith, die bereits in den 1970er Jahren bei "Doctor Who" mitspielte.

Elisabeth Sladen, die 63-jährige Darstellerin von Sarah Jane Smith, ist nun sehr plötzlich an einem Bauchspeicheldrüsenkrebs verstorben. Von der fünften Staffel von "Sarah Jane Adventures" sind nur sechs Episoden abgedreht, dann wird die Serie abrupt enden.

Die Nachricht hat mich geschockt, zumal Elisabeth Sladen in der Serie eine Energie an den Tag legte, bei der man ihr das Alter wirklich nicht anmerkte. Außerdem erinnerte die Serie "Sarah Jane Adventures" auf sehr unterhaltsame Weise an den "unschuldigen Charme" der alten "Doctor Who"-Folgen, was durch sehr viele Anspielungen auf die alten "Doctor Who"-Zeiten verstärkt wurde. Ein Jammer, dass dies alles wegen eines so traurigen Grundes plötzlich endet.

Elisabeth Sladens Tod kam wohl für alle sehr überraschend. Tom Baker, der in den 1970er Jahren an der Seite von Elisabeth Sladen den vierten Doctor gespielt hatte, hatte erst vor einer Woche für sechs weitere Hörspiele mit Elisabeth Sladen unterschrieben.

Dienstag, 22. März 2011

Unverhofft kommt manchmal oft

J.R. Ewing hat den Satz nicht erfunden, aber in einer "Dallas"-Folge gesagt: "Überraschungen sind die Gewürze des Lebens".

Wenn mir vor zwei Jahren jemand gesagt hätte, dass ich einst die Heftreihe "Sternenfaust" leiten würde, ich hätte gefragt, was er geraucht hat. (Und zwei Monate später hat mich damals Susanne Picard gefragt, und meine Reaktion war: ICH???)

Und kaum zu glauben, dass es gerade mal etwas über ein Jahr her ist, dass ich mir eine Playstation 3 gekauft habe. Dass ich seitdem zum Zocker-Fan geworden bin, hätte ich mir selbst nie ausmalen können. Das liegt einfach daran, dass sich Spiele so massiv verändert haben. Ging es früher darum, irgendeine Figur durch abstrus-abstrakte Game-Welten zu steuern, taucht man nun in eine erzählerisch dichte Welt ein. Spiele sind heute viel filmischer, mit aufwendigen Soundtracks und nicht selten mit Hollywood-Autoren fürs Drehbuch. Vor allem aber: Die großen Science-Fiction- und Phantastik-Welten findet man zurzeit leider weder im Kino noch im Fernsehen, sondern in den Videospielen. Hier eine Liste der von mir kürzlich durchgezockten Spiele:

James Bond: Blood Stone 007

Also, an MIR lag es nicht, dass das Studio dieses genial-kurzweiligen Spiels Pleite ging. Anders als in vielen Verrissen fand ich dieses Spiel unterhaltsam, optisch umwerfend und inhaltlich vergnüglich. Ein guter Ersatz für den verschobenen Bond. Zudem mit sehr guter Synchro!

Quantum Theory

Ja, ich war einer von denen, die diesen wirren Krampf durchgezockt haben. Die Story ist mir noch immer ein Rätsel. In einer postapokalyptischen Welt wird das Leben von einem Material nemens "Erosion" bedroht, das irgendwie mit "lebenden Türmen" zusammenhängt, die von irgendwelchen Cyberkämpfern erobert werden, die sich mit der Diablosis anlegen? Verwirrt? Das ist man nach dem Spiel auch.

God of War 3

Nachdem ich "God of War 1" wegen vieler frustiger Stellen nur mit Tobsuchtsanfällen durchspielte, "God of War 2" deswegen sogar abbrach, war mir zunächst die Lust am Krieggott Kratos vergangen. Kürzlich habe ich mich dann an "God of War 3" gewagt und war beeindruckt: Tolle Action, tolle - fast künstlerische - Bilder, ein bombastischer Soundtrack ...

Vanquish

Ja, diese japanischen Spiele halt. So hektisch, dass man kurz vor dem epileptischen Anfall steht. Ein kurzweiliges Ballerspiel auf einer abgedrehten russischen Raumstation, auf Dauer aber ein wenig eintönig. Ein seltsamer Wechsel von zu leichten und bockschweren Stellen.

Dead Space 2

Wenn man das spielt, merkt man, was anderen Spielen fehlt. Hier stimmt alles: Die spannende Story, die Effekte, die Synchro, der Grusel, die Herausforderung, die Atmopshäre ... Die Welt von "Dead Space" wurde ja inzwischen von Comics und Romanen erweitert (ich lese gerade Dead Space: Märtyrer (ein eher fader Roman), eine Kinofilm ist in Vorbereitung.

Killzone 3

Ego-Shooter haben den Nachteil, dass sie mich sehr schnell langweilen. Das hat mir dieses Spiel bestätigt. Es ist grandios gemacht. Allein 70 Minuten Cut-Szenes, wieder ein genialer Soundtrack, der dauernd auf meinem iPod läuft, umwerfende Graphik ... Ein Exklusiv-Titel für die Playstation 3, der sogar für die c't gelobt wurde. Und dennoch: Irgendwann wurde es mir zu eintönig.

Dragon Age II

Nur noch brillant! Dieses Spiel habe ich bereits einmal durchgezockt, jetzt bin ich beim zweiten Durchgang. Diesmal als Magier (vorher spielte ich einen Krieger). Macht als Magier weitaus mehr Spaß, kann jedem diese Rolle nur empfehlen. Eine spannende Story, originell gelöst, gut gemacht. Nur die Kämpfe sind mir eher zu hektisch und zu wenig taktisch, da gefiel mir "Final Fantasy 13" dann doch besser. Ansonsten aber eines der unterhaltsamsten Spiele, die ich je in meiner Konsole hatte.

Freitag, 18. März 2011

Häh?


(Quelle: Stuttmann Karikaturen)

Ich weiß ja nicht wirklich, wie ein Atomkraftwerk funktioniert.

Aber offenbar ist es so: Sie werden dadurch sicherer, indem man sie für drei Monate abschaltet und das ganze großspurig "Moratorium" nennt, was zu deutsch wohl so viel wie "Volksverarsche" heißt.

Aber vielleicht kenne ich mich einfach nur nicht genug aus. Vielleicht ist es ja bei Atomkraftwerken wirklich so, dass die wie ein Windows-Rechner funktionieren. So ein Windows-Rechner läuft, wenn man ihn mal runterfährt und dann wieder neu startet, auch manchmal besser als vorher.

Merkel meinte ja gestern in ihrer Rede: "Wir wissen, wie sicher unsere Kernkraftwerke sind." Und dann meinte sie, gerade weil die Kraftwerke sicher sind, müsse man handeln, denn ihr Grundsatz sei: Im Zweifel für die Sicherheit! Was wohl so viel heißt wie "im Zweifel für den Angeklagten", so nach dem Motto: Die Kernkraftwerke kommen jetzt mal für drei Monate in Untersuchungshaft, werden dann aber freigelassen, weil sie im Zweifel einfach als sicher gelten.

Ob "wir" wissen, wie sicher die Kraftwerke sind, bezweifle ich. Allerdings dürften "wir" wissen, was in drei Monaten passieren wird. Es wird von einer "vernünftigen Lösung", einem "wirtschaftlich und moralisch vertretbaren Kompromiss" gefaselt werden. Man wird angeblich erhöhte Standards einführen, eine Gefahr für die Bürger ausschließen und weitermachen, den Atomausstieg dann jedoch vorverlegen, von 2050 vielleicht auf das Jahr 2045.

Ändert halt nichts am aktuellen Problem. Was "alle" wissen: Merkel hätte am liebsten ein Wahl-Moratorium. Und das nicht nur wegen des Disasters in Japan, das aller Welt die Lüge von der Beherrschbarkeit der Atomkraft drastisch vor Augen führt. Es bröckeln nicht nur die Kraftwerke. Es bröckeln viele konservative Lügen. Das Märchen vom "freien Markt"? In sich zusammengebrochen. Der Bürger erlebt längst nur noch einen Markt, der zwar für die Vermögenden Milliarden-Gewinne anhäuft, die Verluste jedoch der Allgemeinheit aufdrückt.

Die "konservativen Werte" bröckeln genauso. Das Ideal der Familie (Mann, Frau, Kind) repräsentiert das eigene Kabinett nicht mehr. Die "Werte der Kirche" wurden durch zahlreiche Missbrauchsfälle beschmutzt. Und die bürgerlichen Tugenden der Rechtschaffenheit hat man auf dem Guttenberg-Altar geopfert.

Im Moment hat Merkel zwei Möglichkeiten: Sie hält an der Atomkraft fest und entscheidet sich damit gegen die Interessen der Bürger. Oder sie kehrt zum von Rot-grün beschlossenen Ausstieg zurück. Dann hat sie ihre Inkompetenz genauso eindrucksvoll bewiesen, wie uns Japan im Moment die Gefahren der Atomkraft drastisch vor Augen führt.

Dienstag, 15. März 2011

Der Ausstieg vom Ausstieg pausiert

Deutschland, das Land der Aussteiger und Pausen! Erst gab es den Atomausstieg, dann kam der "Ausstieg vom Austieg", der jetzt aber wiederum pausiert.

Absurd ist es natürlich im Moment schon ein wenig, wenn nun Atomkraftgegner zu Recht den deutschen Atomkraftwerken vorwerfen, sie seien vollig veraltet und überholt. Das sind sie zwar, aber halt schon auch deshalb, weil seit Jahrzehnten immer wieder vom "Ausstieg" gesprochen wird, aus dem dann gerne mal wieder ausgestiegen wird ... oder er pausiert dann halt.

Aber nun sind sie nun mal, wie sie sind: Veraltet.

Und das ist die große Verarsche! Eine Verarsche, mit der man in Deutschland weit kommt. Denn der Deutsche bildet sich ja noch immer viel ein auf sein "Made in Germany". Also kann man ihm einflüstern, dass deutsche Kraftwerke eben noch echte, deutsche Wertarbeit sind.

Um diese Verarsche zu perfektionieren, spricht man dann schnell von "erneuten Sicherheitsprüfungen", die man durchführen will. Solange bei dieser Prüfung die Sicherheitskriterien nicht verändert werden - und die sind, da sind sich viele einig, viel zu lasch -, wird das Ergebnis kaum überraschend sein. Die Merkel-Taktik ist also: Man macht erstmal nix. Die Sicherheitsprüfung kann man machen oder auch nicht, das Ergebnis ist jetzt schon klar. Und dann wird man in ein paar Wochen verkünden, dass eine "erneute Prüfung" zweifelsfrei ergeben hat, dass die Kraftwerke sicher sind. Aber bis dahin wollen wir doch nicht auf den Rücken der Japaner eine Atomdebatte führen. (So wie Guttenberg ja nicht auf dem Rücken der Soldaten eine Diskussion um seine Person haben wollte.)

Und wenn die Menschen aber dennoch debattieren wollen? Dann erklärt man eben mal schnell ein paar Ergebnisse zur Geheimsache. Im Sommer 2010 lag in Österreich eine Untersuchung über das Atomkraftwerk "Isar 1" vor. Sie wurde auf Drängen der deutschen Behörden als Verschlusssache behandelt, weil eine Veröffentlichung "Betriebsgeheimnisse gefährden" würde. Und Horst Seehofer setzte sich im gleichen Sommer für eine "unbegrenzte Laufzeitverlängerung" ein. Komisch, dass er jetzt so ganz plötzlich das Kraftwerk vom Netz nehmen will.

Merkel erinnert ein wenig an einen Schulleiter, der einem Lehrer sagt, er solle den Sohn seines guten Freundes noch einmal benoten, etwas anderes als Note Eins wäre aber nicht drin. Merkel wörtlich: "Ein Abschalten deutscher Kernkraftwerke kann und darf nicht unsere Antwort sein!" Erinnert ein wenig an "Stuttgart 21". Da hat man auch noch mal "geprüft", allerdings mit der Vorgabe, dass ein Baustopp nicht zur Debatte steht.

Mittwoch, 2. März 2011

Der schwerste Schritt seines Lebens

"Dies ist der schwerste Schritt meines Lebens!" Das waren die Worte von Karl-Theodor zu Guttenberg. Damit meinte er seinen Rücktritt von den politischen Ämtern.

Verstehe. Das einzige, das dieser Mann bedauert, ist der Verlust von Macht und Prestige. Dabei hätte es in seinem Leben ganz andere "schwere Schritte" geben müssen. Einer der schwersten Schritte seines Lebens hätte sein müssen, seinen Doktorvater Professor Peter Häberle zu belügen, ihm eine Arbeit vorzulegen, die zu großen Teilen (oder im Fall eines Ghostwriters vollständig) nicht von ihm verfasst wurde. Der schwerste Schritt seines Lebens hätte es sein müssen, für einen derartigen Betrug ungeniert ein "summa cum lauda" zu kassieren und damit zu prahlen. Der schwerste Schritt seines Lebens hätte es sein müssen, die Kanzlerin und die Wähler mit dem Gerede von "ein paar vergessenen Fußnoten" für dumm zu verkaufen.

"Der schwerste Schritt meines Lebens", das sagt ein Mann, der schon mehreren Beerdigungen beiwohnte. Beerdigungen von Soldaten, die für einen mehr als fragwürdigen Krieg gefallen sind.

Doch das alles war für von Guttenberg offenbar nie ein "schwerer Schritt". Denn es verhalf ihm zu dem, was er einzig und allein und mit allen Mitteln anstrebte und woran er sich später klammerte: Macht und Prestige.

Einem Mann, dem es allein um Macht und Prestige geht, dem ist es egal, wie er zu Einfluss und akademischen Titeln kommt. Hauptsache, er kriegt sie. Und konsequenterweise ist der Verlust von Macht und Prestige für einen solchen Mann dann auch das Schlimmste, das ihm passieren kann.

Leider ist von Guttenberg hier keine Ausnahme. Ganz im Gegenteil. Er ist der typische, moderne Politiker. Heute geht es niemanden mehr um die Sache. Es geht um Macht. Und um Machtkämpfe. "Nach der Wahl ist vor der Wahl", das geben Politiker ganz unumwunden zu, und begreifen dabei gar nicht, dass sie vom Volk nicht gewählt wurden, um Wahlkampf zu machen. Sie sind gewählt worden, um gute Regierungsarbeit zu leisten. Und zwar nicht für Finanz-, Pharma- und Energiekonzerne. Auch nicht für die "Bild"-Zeitung. Sondern für den Bürger.

Leider ist das der Nachteil des demokratischen Systems. Es hilft denen nach oben, die nicht für die Sache, sondern für ihre eigene Macht kämpfen. Die es gelernt haben, mit fragwürdigen Medien zu kooperieren. Die auf die Unterstützung finanzstarker Geldgeber vertrauen können, weil sie bereit sind, sich in der Amtszeit gefällig zu erweisen.

Viele durchschauen es und wenden sich ab. Dann sprechen die Politiker gern von "Politikverdrossenheit", und erkennen gar nicht, wo diese Verdrossenheit herkommt, wollen nicht wahrhaben, dass der Fisch vom Kopf stinkt, und dass sie die Basis nicht auf Dauer verarschen können.

Ab und zu gelingt die Verarsche. Dann gelingt es kurz, den Wählern vorzumachen, es ginge "um die Sache". Den Grünen gelingt dies im Moment zum Beispiel ganz gut. Sie stellen sich gegen zu niedrige Hartz IV-Sätze und Stuttgart 21, obwohl sie beides einst mitentschieden haben. Und es gelang von Guttenberg. Darin war er Meister. "Guttenberg war ein Mann, mit dem man sich als Wähler identifizieren konnte", meinte heute früh ein Anrufer bei "Bayern 3". Und kapiert dabei gar nicht, dass er hier von einem millionenschweren Baron spricht, der für die eigene Macht und das eigene Prestige alles tat. Der sich nicht entblödete, bei einem mehr als notwendigen Besuch der Soldaten im Hindukusch das Fernsehteam eines kommerziellen Privatsenders mitzunehmen.

"Soviel Scheinheiligkeit und Verlogenheit war selten in Deutschland", meinte die Kanzlerin, und sie hat recht. Gestern ist ein kleiner Teil dieser Scheinheiligkeit und Verlogenheit zurückgetreten.

Donnerstag, 24. Februar 2011

Das Volk hält zum Plagiator

Heute früh durfte ich auf dem auch durch meine Gebühren finanzierten Radiosender Bayern 3 so einiges an Guttenberg-Reklame über mich ergehen lassen. Erst gab es so rein zufällig eine Umfrage, wie viele Bayern schon mal "abgeschrieben" haben. Und das waren natürlich ganz, ganz viele.

Dann kamen einige "Meinungen" zu Wort. Und zwar "extreme Meinungen", wie immer wieder betont wurde. "Da macht man einen guten Mann kaputt", meinte eine Frau. Ein Mann sagte: "Ein Betrüger!" Diese beiden "Extremmeinung" sollten zwei Dinge beweisen. Zum einen natürlich die unglaubliche Objektivität von Bayern 3, immerhin lässt man ja "alle Meinungen" zu Wort kommen. Und dann soll dies natürlich implizieren, dass die Wahrheit doch "irgendwo in der Mitte" liege. (Sorry, da liegt die Wahrheit so gut wie nie!)

Als Guttenberg "freiwillig" auf seinen Doktor verzichtete, erschien eine sehr gute Analyse auf www.nachdenkseiten.de. Den kompletten Beitrag gibt es hier: Man muss nicht mit allem übereinstimmen, was dort geschrieben steht. Sehr treffend fand ich aber folgende Passage:

Der ertappte Dieb lässt auf der Flucht seine gestohlene Beute fallen. Aber damit bleibt er ein Dieb. Das geradezu groteske Ausmaß und die Dreistigkeit des Textdiebstahls selbst sind beredter Ausdruck einer Bedenkenlosigkeit, wie sie nur aus einem habitualisierten Gefühl gesellschaftlicher Unverwundbarkeit heraus erwachsen kann. Für diese "Elite" ist es von jeher selbstverständlich, zum eigenen Vorteil von anderen zu nehmen, andere zu instrumentalisieren, über andere zu verfügen oder sie wegzuwerfen, wenn es nützt. Der Baron hat in seiner kurzen Karriere jedes Mal, wenn er in Bedrängnis kam, Karrieren von Untergebenen zerstört, nur um zu signalisieren, dass er "entschlossen handeln" kann. Ein bewusstes Mitglied dieser Klasse gibt aus freien Stücken keinen Jota einer Beute her, denn die Aneignung von Werten, die andere geschaffen haben (wie von Texten, die andere geschrieben haben) ist ihr ureigenstes moralisches Recht seit Jahrhunderten.
(http://www.nachdenkseiten.de/?p=8427)

Freitag, 18. Februar 2011

Für blöd zitiert

Was mich an der Guttenberg-Debatte um abgeschriebene Passagen in seiner Doktorarbeit so verwundert: Jeder tut gerade so, als wäre alles in Ordnung gewesen, hätte Guttenberg die abgeschriebenen Texte in Anführungszeichen gesetzt und mit einer Fundstelle versehen.

Nope, Herrschaften. Dem ist keineswegs so. Auch dann kann es ein Plagiat sein. Und zwar dann, wenn die künstlerische Eigenleistung in den Hintergrund tritt und ein Zitierzweck nicht erkennbar ist.

Zitieren kann ich, um meine Meinung zu bekräftigen. Oder um eine fremde Meinung zu widerlegen. Oder um den Gedanken aufzugreifen und ersichtlich fortzuspinnen.

Kein Zitat ist es, wenn eine Textstelle eben gerade gut passt und etwas treffend formuliert, was man nicht selbst formulieren möchte. Dann eben ist und bleibt es Plagiat, völlig gleichgültig, ob da eine Fundstelle steht oder nicht.

Als Jurist weiß Guttenberg das. Er weiß: Ein gestohlenes Auto ist und bleibt ein gestohlenes Auto, auch wenn ich auf die Fahrertür "dieses Auto gehört eigentlich Herrn Meier" eingravieren lasse. Wenn Guttenberg das nicht weiß, dann wäre er ein so miserabler Jurist, dass man sich nicht nur fragen müsste, ob er die Doktorarbeit selbst geschrieben hat, man müsste sich fragen, ob er wirklich persönlich zum juristischen Staatsexamen angetreten ist.

Da ich also davon ausgehe, dass Guttenberg das weiß, kann ich nur vermuten, dass er die Bevölkerung gezielt für blöd verkaufen möchte. Für blöd verkaufen über die Tatsache, wann etwas unter das Zitierrecht fällt, und wann es schlichtweg ein Plagiat ist. Und zwar mit oder ohne Fundstelle.

Und das ist der eigentliche Skandal.