Mittwoch, 20. März 2013

Prometheus - Auf der Suche nach Payoffs

Mit großer Verspätung sah ich vor wenigen Tagen den Film "Prometheus" auf Blu-ray.

So fesselnd und stimmungsvoll der Film optisch ist, so unrettbar fällt er inhaltlich auseinander. Kopfschüttelnd muss man am Ende feststellen, dass hier offenbar Drehbuchautoren am Werk waren, denen man dringend einen Anfängerkurs für Kreatives Schreiben empfehlen möchte.

Die Story ist so simpel, wie es sich für einen Horrorfilm der Alien-Reihe gehört. Die DNS der Menschheit stammt von außerirdischen Besuchern, und ein Team von Wissenschaftlern glaubt, den Ursprung dieser Aliens in einem bestimmten Sternbild zu finden. Am Zielort findet man aber nicht die Außerirdischen, sondern einen hochgefährlichen Schleim, der sich mit Lebewesen verbindet und gefährliche Kreaturen erzeugt.

Soweit, so simpel. Das Problem des Films ist nicht, dass er unverständlich ist oder viele "Fragen" ungeklärt lässt. Das Problem ist, dass der Film aus einer Aneinanderreihung von Setups besteht, denen kein einziges Mal ein sogenanntes Payoff folgt. Und genau das lässt die Zuschauer unzufrieden zurück.

Die Begriffe "Setup" und "Payoff" sollen hier kurz erklärt werden. In dem Film "Lethal Wepon 2" wird zu Beginn das Haus von Murtaugh gezeigt, an dem offenbar Reparaturen stattfinden. Riggs und Murtaugh sehen, wie ein Handwerker bei diesen Arbeiten eine Nagelpistole benutzt. Die beiden haben bis dahin noch nie eine Nagelpistole gesehen und sind begeistert davon.

Die Szene erscheint zunächst vollkommen überflüssig. Doch als Murtaugh später in dem Haus angegriffen wird, führt er keine Waffe bei sich. Doch es gelingt ihm, die Nagelpistole zu ergreifen, die aufgrund der Reparaturarbeiten noch herumliegt. Und genau mit dieser Nagelpistole kann er den Angreifer im letzten Moment abwehren.

Diese Szene ist der "Payoff" für den scheinbar "sinnlosen" Dialog über die Nagelpistole, der nun plötzlich im Rahmen der Filmlogik einen Sinn ergibt. Denn die Szene davor, der "Setup", zeigte uns Zuschauern, dass es kein verblüffender Zufall war, weshalb sich in dem Haus eine Nagelpistole befindet.

Gute Filme nutzen selbst in der Hauptauflösung mehrere Setups, die der Zuschauer zuvor wahrgenommen hat, die aber erst im Zusammenspiel mit dem "Payoff" einen höheren "Sinn" ergeben. Besonders gut funktioniert es dann, wenn der Setup zunächst gar nicht als solcher erkennbar ist, weil er auch für sich allein bestehen könnte.

Im Film "Prometheus" gibt es unzählige scheinbare Setups, die jedoch allesamt ins Leere gehen. Zu Beginn sehen wir zum Beispiel den Androiden David, wie er sich den Film "Lawrence von Arabien" ansieht. Die Szene ist und bleibt überflüssig. Wir sehen, wie David sich die Haare wie der Filmschauspieler kämmt. Doch was soll uns das sagen? Welche Funktion hat diese Szene für den Film?

Keine.

Doch wenn ein Charakter in einem Film Szenen aus einen anderen Film sieht, sollte dies in einem Payoff münden. In "Zurück in die Zukunft II" läuft zum Beispiel in einem Fernseher eine Szene aus dem Clint-Eastwood-Western "Für eine Handvoll Dollar". Diese Szene dient als Setup für Teil 3 von "Zurück in die Zukunft", denn darin wählt Marty McFly für sich den Namen "Eastwood", und er nutzt bei einer Schießerei den Trick des Filmhelden, um sich vor den feindlichen Kugeln zu schützen.

Die gesamte "Zurück in die Zukunft"-Trilogie ist ein Meisterwerk an perfekt ausbalancierten Setups und Payoffs. "Prometheus" ist das krasse Gegenteil: Es fehlen jegliche Payoffs. Weyland finanziert eine groß angelegte Weltraummission, deren Ziel er geheim hält. Warum? Hatte er Angst, ein anderer Multi-Billionär würde ihm zuvorkommen, hätte er das Ziel der Mission publik gemacht? Wenn er die Crew vorher informiert hätte, wäre er vielleicht nicht mit zwei Biologen dagestanden, die angesichts einer seit zehntausend Jahren toten Alien-Leiche sofort die Flucht ergreifen.

Weyland verheimlicht seinen Tod. Und später offenbart er ohne zu zögern, dass er noch lebt. Niemand scheint davon beeindruckt. Wozu also überhaupt die ganze Geheimniskrämerei? Wozu der Plot um den scheinbar toten Weyland, der plötzlich noch lebt?

Später entpuppt sich Meredith Vickers als Weylands Tochter. Vor wem wollte sie das geheim halten? Wollte man sie vor Alien-Heiratsschwindlern schützen, die auf Weynlands Erbe aus sind?

Der Androide David infiziert Charlie Holloway heimlich mit dem Alien-Schleim. Warum? Eine solche Szene erfordert eine Auflösung. Irgendeinen geheimen Plan, der später offenbart wird. So ist die gesamte Szene einfach nur überflüssig, Charlie Holloway hätte sich genauso versehentlich infizieren können, als er auf dem Planeten unvorsichtigerweise (und ungeachtet möglicher Krankheitskeime) seinen Helm öffnete, nachdem er eine Sauerstoffatmosphäre entdeckt hatte.

Letztlich schaufelt der Film "Prometheus" den Zuschauer mit Setups voll, die kein Payoff bekommen. Das unbefriedigte Gefühl, das beim Zuschauer am Ende bleibt, liegt daher nicht am Mangel von "Antworten" über die Motive der Aliens (die können bei einem solchen Film ruhig offen bleiben). Es sind die fehlenden Payoffs für eine Reihe von überflüssigen Szenen, die dem Zuschauer das Gefühl geben, seine Zeit und seine Aufmerksamkeit verplempert zu haben.