Montag, 15. Oktober 2012

Tale as old as time

Man wird alt, wenn man merkt, dass nun schon die Serien von einst als Remake herumgeistern.

In den USA startete kürzlich die Serie "Beauty and the Beast", ein Remake der Serie, die Ende der 1980er Jahre bei uns unter dem Titel "Die Schöne und das Biest" auf SAT.1 lief. Die Hauptdarsteller waren damals Linda Hamilton als Catherine Chandler und Ron Perlman als Löwenmann Vincent.

Natürlich war ich skeptisch, als ich von dem Remake hörte. Die Magie der Originalserie kann kaum in die heutige Zeit gerettet werden, also - so war mir klar - würde ich zwangsläufig enttäuscht sein und infolgedessen der Serie Unrecht tun.

Doch alle Skepsis dieser Welt hätte mich nie und nimmer auf diesen unendlichen Käse vorbereiten können. Ich frage mich ernsthaft, was jemanden dazu bewegt, das Remake von etwas so Phantasievollem und Ungewöhnlichem wie die "Beauty and the Beast"-TV-Serie anzugehen, um dann so etwas Schales, Einfalls- und Seelenloses abzuliefern.

Die alte Serie war stimmungsvoll, voller Lyrik, Phantasie und Ruhe. Der Löwenmensch Vincent lebte in einer zweiten Welt, die sich in unterirdischen Gewölben von New York befand. Dort lebten Menschen, die sich von unserer lauten, seelenlosen und auf Konsum- und Kommerz ausgelegten Gesellschaft loslösen wollten, und dort hatte der Löwenmensch Vincent - er hieß so, weil man ihn als Baby vor dem St.-Vincent-Krankenhaus gefunden hatte - ein neues, friedliches Zuhause gefunden. Bis er eines nachts die verletzte Catherine im Central Park findet und in seine Welt bringt.

Gerade der Kontrast, das moderne New York und die altertümliche Welt von Vincent, machte den Reiz dieser Serie aus. Es zeigte: Unter unserer lauten, oberflächlichen Gesellschaft gibt es noch eine andere Seite, auch wenn sie sich vor dieser rauen Zivilisation verbergen muss. Das alles war mit grandiosen Dialogen umgesetzt, mit wunderbaren Sets. Hier waren Leute am Werk, die es wagten, über den Tellerrand des Fernsehens hinauszublicken.

Doch die neue Serie hat nichts davon. Im Remake wird die "Schöne" von Kristen Kreuk gespielt, die man als Lana Lang aus "Smallville" kennt; das "Biest" spielt ein Typ namens Jay Ryan, den man aus "Terra Nova" würde, hätte man "Terra Nova" gesehen. (Und wer hat das schon?)

In der neuen Serie gibt es keine andere Seite, keinen Kontrast mehr. Das ist nur noch lauter, phantasieloser Durchschnittskram. Junkfood-Unterhaltung, von der sich die Bewohner von Vincents Welt einst mit Grausen abgewendet hätten. Die alte Serie hat versucht, anders zu sein als der Mainstream. Die neue Serie versucht, so mainstreamig wie nur möglich zu sein.

Kristen Kreuk rennt als Detektivin durch blau aufleuchtende Tatortkulissen, hält den Leuten im Sturmschritt ihren Detektiv-Ausweis hin und googelt später nach Infos zum angeglichen Täter.

Das Biest, ein junger Ex-Soldat namens Vincent Keller, war im Afghanistankrieg einer DNS-Behandlung ausgesetzt worden. Seitdem verwandelt er sich hin und wieder in eine gefährliche Kampfmaschine. Als Hulk für Arme darf er im Pilotfilm zweimal der guten Catherine das Leben retten, indem er ihre Angreifer zerfetzt, bis das Blut in die Kamera spritzt. Ansonsten sieht er genauso ansehnlich aus wie auf dem Bild oben.

Die einzige Frage, die bleibt, ist die: Würde ich diese Serie weniger streng verreißen, wäre sie kein Remake von "Die Schöne und das Biest"? Wäre es anders, wenn die Serie einfach nur "Vincent" hieße und sich als Superhelden-"Hulk"-Variante anbieten würde. Ich kann nur sagen: Nein! Auch dann wäre diese Serie hohl, albern, gewollt, gekünstelt, einfallslos und trivial, mit anderen Worten all das, was das Original versucht hat, nicht zu sein.


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