Der neue Superman-Film "Man of Steel" lässt mich ein wenig ratlos zurück.
Ich denke, als Film funktioniert das ganze. Es ist spannend, emotional mitreißend, optisch eindrucksvoll und voll von originellen und cleveren Ideen. Da "Superman" inzwischen zwei "Origin-Storys" hat - die eine auf Krypton, die andere in Smallville - fand ich es zum Beispiel sehr clever, die zweite Origin-Story in Rückblenden zu erzählen.
Aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob "Man of Steel" das ist, was man als "guten" Superman-Film bezeichnen kann.
Dieser Superman ist depressiver und geht damit ganz klar mehr in die Richtung der jüngsten Batman-Filme. Und ich gehöre nicht zu denen, die sagen: Superman darf nicht ernster sein, das darf nur Batman. Auch wenn ich mir tatsächlich gewünscht hätte, man hätte mit aktuellen Filmtechniken die bunte und "heile" Superman-Welt in ein modernes Kinospektakel umgesetzt. (Und wenn es spannend ist, würde es auch genug Zuschauer anlocken.)
Doch wie gesagt: Dieser Superman funktioniert für mich, und vielleicht ist die "heile" Superman-Welt in der Christopher-Reeve-Phase so perfekt umgesetzt worden, dass man besser die Finger davon lässt.
Mir ist aber nicht ganz klar, was dieser Film eigentlich sein will. Die Kampfszenen sind umwerfend und in ihrer Übertreibung absolut Superman- und Comic-gerecht. Endlich wurde ein typischer Superman-Zweikampf so dargestellt, wie man es vorher allenfalls aus Zeichentrick-Filmen und -Serien kannte. Da schleudern sich Superman und der Bad Guy mit Wucht durch mehrere Häuserschluchten und Tankstellen, dass es nur so kracht und scheppert.
Das ist witzig und macht Spaß. Dummerweise bleibt einem hier doch irgendwann das Lachen im Halse stecken, weil bei diesem Kampf der Giganten zig Tausende ihr Leben lassen. Es stürzen voll besetzte Wolkenkratzer ein, ganze Straßenzüge werden ausgelöscht und halb Metropolis geht unter.
Natürlich wäre das bei einem Zweikampf zwischen Godzilla und King Kong nicht anders. Und natürlich hätte ich in diesem Fall auch keine Probleme damit. Aber wenn Godzilla Häuser einreißt und grauenvolle Schäden verursacht, ist das doch etwas anderes als wenn Superman das tut.
In den alten Superman-Filmen wäre das alles undenkbar gewesen. Superman hätte zunächst bei der Evakuierung geholfen. Vielleicht hätte er irgendeinen Luxusdampfer aus dem Meer geholt, alle hätte einsteigen können und wären in Sicherheit gebracht worden. Superman hätte wahrscheinlich sogar noch eine kleine Katze aus einer Baumkrone befreit. Dann hätte irgendein General in irgendein Funkgerät gesagt: "Metropolis ist nun evakuiert!" Und wir hätten gewusst: Jetzt können noch so viele Bauwerke einstürzen, niemand ist mehr in Gefahr. (Außer natürlich Lois Lane, die sich dem Evakuierungsbefehl natürlich widersetzt hätte, um aus erster Reihe berichten zu können, und die Superman am Ende hätte retten müssen.)
Superman versucht hier noch nicht einmal, die vielen Kollateralschäden zu mindern. Man kann natürlich einwenden, dass er dafür auch keine Zeit hatte und dass es schließlich darum ging, das Ende der gesamten Erde zu verhindern. Störend ist jedoch, dass all diese Katastrophen vollkommen unbeeindruckt hingenommen werden. Sogar als Superman aufgrund eines Wutanfalls eine Tankstelle zum Explodieren bringt, hat er noch nicht einmal für einen kurzen Moment Schuldgefühle. Erst am Ende rettet Superman eine Familie (um die er sich aus heiterem Himmel plötzlich Sorgen macht), und natürlich rettet er Lois Lane. All die gesichtslosen Toten interessieren ihn nicht.
Andere neue Elemente gefielen mir sehr. Ich mochte, dass die Regierung in Superman sofort einen Feind sieht. Es stehen eben nicht alle sofort applaudierend herum, weil da ein Außerirdischer mit unkontrollierbaren Superkräften herumfliegt. Denn das, was nicht kontrolliert werden kann, wird gefürchtet.
Mir gefiel auch, dass Superman es tragisch findet, zu einem Leben als Außenseiter verdammt zu sein. Und dass er unter all seinen Supersinnen leidet.
Lois Lane hingegen ist in diesem Film vollkommen überflüssig. Ich gestehe den Machern zu, dass sie sich sicher viele Gedanken darüber gemacht haben, wie man einen modernen Superman darstellen soll. Über Lois Lane jedoch scheint man sich offenbar gar keine Gedanken gemacht zu haben. Ihre einzige Funktion in dem Film scheint zu sein, sich die Vorgänge stellvertretend für den Zuschauer erklären zu lassen. Das, was sie in dem Film tut, hätte auch Jimmy Olson tun können. Vielleicht erhält sie ja im nächsten Film mehr Konturen. Das bedeutet übrigens nicht, dass ich all den Schwaflern da draußen, die einen darüber belehren, dass dies doch eine "Origin-Story" war und man deshalb erst einmal "abwarten" müsse, wie sich das "alles entwickelt", auch nur im Ansatz Recht geben möchte. Ich kann nämlich diese "ist doch eine Origin-Story, warte erst einmal ab"-Ausrede nicht mehr hören. "Man of Steel" ist ein verdammter Zweieinhalb-Stunden-Film, da wird es ja wohl möglich sein, eine Figur wie Lois Lane gut zu charakerisieren, ohne auf die Fortsetzung warten zu müssen.
Fazit: Mir gefällt "Man of Steel". Und ich finde den neuen Superman jetzt schon tausend mal interessanter als alls die "Dark Knight"-Batman-Versionen. Das "Superman"-Universum hat mehr Science-Fiction, mehr abgedrehte Action und härtere Gegner. Allein die geniale Szene, als Superman sich festnehmen lässt und mit den Menschen spricht, stellt alles in den Schatten, was ein grimmiger Bruce Wayne je hätte tun können. Daher freue ich mich schon auf die Fortsetzung.
Sonntag, 30. Juni 2013
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Eine schön zu lesende Kritik, doch beim letzten Absatz musste ich schmunzeln. Batman und Superman spielen nämlich im selben Universum und für den nächsten Superman-Film sei ein Auftritt von Batman geplant ;)
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