Samstag, 16. Dezember 2017

"The Orville" ist besser als "Star Trek" (und nicht nur "Discovery")

Die erste Staffel von "The Orville" ist in den USA gelaufen, und sie hat nicht nur mich total überrascht.

Das, was in den Trailern wirkte wie ein einfallsloses Fan-Projekt und "Star Trek"-Plagiat, erwies sich als die originellste, unterhaltsamste und sympathischste Serie des Jahres 2017.

Noch nie habe ich so schnell die Wandlung von Skepsis bis Begeisterung hin zu Fanatismus entwickelt wie hier, bei "The Orville".

Nun sind ja bereits viele Videos auf Youtube aufgetaucht, in denen "The Orville" mit "Discovery" verglichen wird. Das wohl sympathischste Video ist das hier.


Ehrlich gesagt: Ich denke gar nicht daran, "The Orville" mit "Discovery" zu vergleichen. Die Frage, was besser ist, ist für mich gar keine Frage.

Der Dreck unter meinen Schuhsohlen ist besser als "Discovery"!

Ich gehe daher weiter. Ich frage:

Ist "The Orville" besser als das "Star Trek", das wir bislang kannten?

Hier sind fünf Elemente, in denen "The Orville" besser ist als "Star Trek":

5. Technobabble

Das Technobabble gehört zu einer Science-Fiction-Serie wie der medizinisch Fachbegriff zu einer glaubwürdigen Krankenhaus-Serie. Man darf es nur nicht übertreiben. Man darf es aber auch nicht untertreiben. Bei der "Next Generation" wurde leider zu oft übertrieben. J.J. Abrams hat dann alles in die Tonne geschmissen und auf das Niveau eines Superman-Comics reduziert, indem irgendeine wundersame "rote Materie" plötzlich alles konnte - durch die Zeit reisen, Sonnen reparieren, Planeten vernichten ...

"The Orville" hat genau das richtige Maß gefunden: Technobabble (meist von Isaac), Nachfrage, was das heißt, Übersetzung in Umgangssprache ... und schon kann es mit den Charakterszenen weiter gehen!

4. Das Privatleben der Figuren

Die mit Abstand schönste Szene in "Star Trek 5: Am Rande des Universums" ist die Szene, in der Kirk, Spock und McCoy am Lagerfeuer sitzen. Es ist sogar eine der schönsten Szenen aller "Star Trek"-Filme. Solche Szenen hatte vor allem das Next-Generation-"Star Trek" viel zu wenig. Dabei sind gerade solche Sequenzen enorm wichtig, damit der Zuschauer sich in einem Science-Fiction-Universum zu Hause fühlt.

Und genau das hat Seth MacFarlane stark ausgebaut. Fast jede Folge zeigt uns Charakterszenen, in denen die Figuren beisammen sitzen und sich einfach nur über Privates oder vollkommen Nebensächliches unterhalten. Eine echte Verbesserung!

3. Kein Beamen

Roddenberry hat das Beamen nur erfunden, weil Szenen mit Shuttles damals für TV-Serien zu aufwendig gewesen wären. Auch glaubte er, die Geschichten damit schneller erzählen zu können. Das Beamen hat aber einen riesigen Nachteil: Es ist ein gewaltiger Deus Ex Machina, weil man aus jeder Gefahrensituation wegbeamen kann. Also braucht es viel Technobabble, weshalb Beamen gerade nicht klappt. Ich habe nie verstanden, weshalb Rick Berman für "Enterprise" nicht zumindest das Beamen abgeschafft hat. Abrams war sogar so blöd, eine Super-Beam-Technik einzuführen, mit der man auf andere Planeten beamen kann.

MacFarlane hat das Beamen abgeschafft. Eine Szene, in der ein Shuttle irgendwo landet, funktioniert heute genauso schnell wie das Beamen. Viele "The Orville"-Folgen hätten aber mit einer Beam-Technik schnell gelöst werden können, man hätte sich also jedes Mal irgendeinen Ionen-Sturm-Hinderungsgrund überlegen müssen.

2. Der Humor

Bei "Star Trek" gab es immer schon Humor. Und er kam auch stets bei den Zuschauern wunderbar an. Episoden wie "Kennen Sie Tribbles" sind Fan-Favoriten. Der Humor aber war meist wenigen Episoden vorbehalten. Ansonsten nahm sich "Star Trek" immer extrem ernst, weshalb "Star Trek" - anders als zum Beispiel "Star Wars" - ein sehr spießiges Image hatte, trotz Filmen wie "Star Trek 4: Zurück in die Gegenwart".

Es wird immer behauptet, "The Orville" nutze den Humor, um als Parodie durchzugehen und um sich nicht dem Vorwurf aussetzen zu müssen, ein Plagiat zu sein. Ich denke aber, der Humor ist ein unverzichtbarer Bestandteil, um die Serie unterhaltsamer zu machen. Der Humor hat in "The Orville" eine ähnlich zentrale Funktion wie in Klassikern wie "Ghostbusters" oder "Zurück in die Zukunft". Seth MacFarlane hat den Humor von "Star Trek" als bislang unterschätztes Element erkannt und ausgebaut.

1. Kein "Enterprise-Material"

In der ersten Barclay-Episode "Hollow Pursuits" sagt Riker an einer Stelle, dass jemand wie Barclay nicht auf die Enterprise gehöre. Denn da sind nur die "besten der besten". Ich denke, mit dieser Aussage hat man "Star Trek" keinen Gefallen getan. Denn plötzlich wirkten die Figuren wie die Klassenbesten aus einem Streber-Club. Dieses elitäre Getue hat sich dann leider fortgesetzt und das spießige Image von "Star Trek" verfestigt.

"The Orville" behauptet das gar nicht. Im Gegenteil! Ed Mercer erfährt gleich zu Beginn, dass er nicht die erste Wahl war, um Captain der Orville zu sein. Die Figuren sind viel durchschnittlicher, und dadurch dem Zuschauer näher. MacFarlane hat jedoch auch nicht den Fehler begangen, die Figuren wie bei "Discovery" zu kompletten Vollidioten zu machen. Die Größe einer Person zeigt sich nicht darin, ob sie Fehler begeht, sondern wie sie mit ihren Fehlern umgeht und was sie tut, um sie zu korrigieren. Genau das macht die Figuren in "The Orville" zu Helden. Und das ganz ohne immer und überall der Klassenbeste gewesen zu sein.

Fazit

Daher komme ich zu dem Ergebnis: Ja, "The Orville" ist das bessere "Star Trek".

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