Der neue "Star Trek"-Film hat ja erneut die 
Debatte ausgelöst, ob das jetzt noch 
"echtes" "Star Trek" ist oder einfach nur noch ein Film, der die Marke und die Begrifflichkeiten benutzt, ähnlich wie bei vielen 
Superhelden-Verfilmungen.
Die Frage aber ist: 
Was ist denn überhaupt "echtes" "Star Trek"?
Ich erinnere mich noch, wie bei der "
Next Generation" die Frage aufkam, ob ein "Star Trek" 
ohne Kirk und Spock funktionieren könne. Später hieß es bei "
Deep Space Nine": Ist eine Serie 
auf einer Raumstation noch 
"echtes" "Star Trek"?
"Star Trek" hat 
stilistisch so ziemlich 
alle Facetten von Science-Fiction ausgeleuchtet, die denkbar sind. Von einer 
bunten 1960er-Jahre-Serie, einer eher 
behäbigen 1980er-Jahre-Serie (zu einer Zeit, als vor allem Gerichtsserien beliebt waren, eine Zeit also, in welcher der Zuschauer es gewohnt war, langen Dialogen zuzuhören), gefolgt von 
sehr actiongeladenen 1990er-Jahre-Serien. Und am Ende gab es sogar eine 
moderne Retro-Serie ("Enterprise").
Es gibt "Star Trek" sogar als 
schwach animierte Zeichentrick-Serie. Und nicht zu vergessen die 
Kinoreihe, die auch 
alles abdeckte. Sie begann als großes 
Kino-Epos mit State-of-the-Art-Effekten, wandelte sich dann jedoch mehr und mehr in eine durchschnittlich erfolgreiche Filmreihe, der man das 
eingeschränkte Budget spürbar ansah.
Und nun hat "Star Trek" den 
Sprung geschafft und liefert 
hochaktuelles Effekte-Kino, welches im Grunde erstmals seit dem allerersten "Star Trek"-Kinofilm den 
Vergleich mit aktuellen Blockbustern nicht mehr scheuen muss.
Wie kann es angesichts 
all dieser Facetten überhaupt noch so etwas wie 
"echtes" "Star Trek" geben? Und woran würde man 
"unechtes" "Star Trek" überhaupt noch erkennen können?
Ich denke, was das bisherige "Star Trek", sozusagen das 
"Pre-Abrams-Trek" auszeichnete, das war das Bemühen darum, ein
 in sich schlüssiges Universum zu erschaffen. Damit meine ich nicht nur das Techno-Babble. Ich meine die 
Welt als ganzes.
Wenn es in "Star Trek" zu einer Raumschlacht kam, verlief diese nach 
bestimmten, nachvollziehbaren Kriterien. Wenn auf der Krankenstation eine Untersuchung stattfand, erkannte man, welcher Logik sie folgte. Genau 
dadurch wurde das Universum so 
glaubwürdig.
Daher hatte ich auch 
nie einen Zweifel daran, ob "Deep Space Nine" 
"echtes" "Star Trek" ist. (Ich hatte in den ersten zwei Staffeln jedoch Zweifel daran, ob es 
"gutes" "Star Trek" ist.)
"Star Trek: Voyager" hat zu Beginn den 
großen Fehler begangen, eine gewisse 
Beliebigkeit einzuführen. Bei "Star Trek: Voyager" musste man Energie sparen, daher durfte der Replikator nur begrenzt benutzt werden. Alles andere jedoch - wie die Holodecks - war kein Problem. Der 
Verbrauch von Photonentorpedos war kein Problem. Die 
Zerstörung von Shuttles war kein Problem. (Erst sehr viel später wurde etabliert, dass die Crew in der Lage ist, neue Shuttles zu bauen.) Der 
Tod von Crewmitgliedern war kein Problem, es gab nie personelle Engpässe. Die VOYAGER traf 
immer wieder auf die gleichen Aliens, obwohl man doch eigentlich konsequent  
in eine Richtung flog. Die Warpgeschwindigkeit war 
beliebig. Wer würde bei einer 70-jährigen Reise mit Warp-5 fliegen, wenn man Warp 9 zur Verfügung hat? Warp 5 ist 125-fache Lichtgeschwindigkeit, Warp 9 ist 729-fache Lichtgeschwindigkeit! Wer würde bei einer 70jährigen Reise eine 
Geschwindigkeit wählen, die nur ein 
Sechstel so schnell ist wie die Maximalgeschwindigkeit?
Diese Beliebigkeit wurde damals von den Fans 
heftig kritisiert. 
Zu Recht.
Der letzte "Star Trek"-Film hat sich nun durch die 
Einführung der neuen Zeitlinie einen 
Freibrief für diese Beliebigkeit verschafft. Darin sehe ich den 
größten Bruch. Es werden 
absurde Techniken aus dem Hut gezaubert, es herrscht 
reine Willkür bei der Auswahl von Offizieren, und das Verhalten der Figuren entspricht 
keinen nachvollziehbaren Charakterisierungen mehr. Die neue Zeitlinie dient als Rechtfertigung dafür, 
Etabliertes zu zerstören, und 
zugleich dient sie als Rechtfertigung für 
absurde Zufälle, sodass sich plötzlich Figuren begegnen, die "
füreinander bestimmt" sind. Daher richtet es das 
"Schicksal" so ein, dass Kirk vor einem Eismonster fliehend auf 
Spock und Scotty trifft, während das 
gleiche Schicksal nichts unternimmt, um 
Spocks Mutter und die Heimatwelt der Vulkanier zu retten.
So etwas kann man nur noch als 
vollkommene Beliebigkeit akzeptieren. Und wenn den Fans - anders als damals bei "Star Trek: Voyager" - diese 
Beliebigkeit plötzlich vollkommen egal ist oder wenn sie die neue Zeitlinie als 
akzeptable Erklärung für diese Willkür hinnehmen, dann geht das ja auch in Ordnung.
Doch für die anderen ist und bleibt es nun einmal die 
endgültige Abkehr von etwas, in das es sich lohnte, gedanklich 
einzutauchen. Egal ob 
gut oder schlecht, es wird 
nie wieder etwas sein, das es 
wert ist, darüber nachzudenken oder sich darüber 
aufzuregen, wenn es wie bei "Star Trek: Nemesis" 
hohl, widersprüchlich und schlecht ist.
Ob in Zukunft ein "Star Trek"-Film gut oder gelungen ist, wird sich nach den 
gleichen Kriterien entscheiden wie bei einem zweiten "Avengers"-Film. Die neuen Filme dienen dem Zweck, 
Spaß zu haben. Es wäre geradezu absurd, zu erwarten, es sei etwas geplant, bei dem sich das 
Nachdenken lohnen könnte. Letztlich wird es künftig gar keinen großen Unterschied machen, ob nun Captain America, Iron Man, Thor, Hulk und Black Widow gegen Loki kämpfen, oder ob Kirk, Spock, McCoy, Uhura, Scotty, Sulu und Chekov gegen einen von Benedict Cumberbatch verkörperten Typen antreten. Beides soll nichts anderes sein als
 unterhaltsamer Effekte-Spaß.
Das ist 
legitim. Und es ist 
legitim, 
Gefallen an etwas zu finden, das gut gemacht ist.
Aber es ist auch legitim, wenn ich sage, dass dies 
kein echtes "Star Trek" mehr ist.