Wann begann das Ende von "Star Trek"? Mit dem letzten Film? Mit der neuen Zeitlinie und einer Superman-Science-Fiction, bei der ein Kessel voll roter Materie mehr konnte als goldenes Kryptonit.
Nein. Das Ende von "Star Trek" begann mit den "Next Generation"-Filmen. Diese Filme waren ein hilfloses Herumeiern mit wirren Story-Elementen, bei denen man krampfhaft versuchte, cool zu sein. Und zwar cool wie ein Zwölfjähriger, der sich eine Zigarette in den Mund steckt, um erwachsener auszusehen.
Um zu verdeutlichen, was ich meine, möchte ich den Anfang von "Star Trek: Generations" ins Gedächtnis rufen. Ich denke, die meisten, die das hier lesen, werden wissen, von welcher Szene ich spreche. Es geht um die ersten Minuten des Films, in denen die ENTERPRISE B zu ihrem "Jungfernflug" ansetzen soll.
Und damit fängt es schon an. Eigentlich ist es gar kein Jungfernflug. Eigentlich dreht man nur eine kleine Runde im Sonnensystem, so dass es sich kaum lohnt, dafür den Warpantrieb einzuschalten. Das ganze klingt eher nach einem Testflug als nach einem Jungfernflug, zumal wichtige Schiffssysteme noch überhaupt nicht installiert sind. (Zur Erinnerung: Die Titanic sank auf ihrer "Jungfernfahrt", und das war nicht nur eine kleine Runde im Hafenbecken, sondern es war letztlich die Strecke, für den sie gebaut worden war. Ich will doch hoffen, dass auch die ENTERPRISE B die Aufgabe hatte, fremde Welten zu erforschen, und dass sie nicht Runden "um Pluto" hätte drehen sollen.)
Dann erhält die ENTERPRISE B einen Notruf von zwei el-aurianischen Flüchtlingsschiffen, die drei Lichtjahre entfernt sind, also näher sind als das nächste Sonnensystem.
El-aurianische Flüchtlingsschiffe im Zentrum der Föderation? Nur wenige Lichtjahre von der Erde entfernt?
Vor wem sind die geflüchtet?
Vor den Borg? Die Borg sind im Deltaquadranten, zig tausend Lichtjahre entfernt.
Und woher kennt man nicht nur die El-Aurianer, woher weiß man, dass diese El-Aurianer auf der Flucht sind? Sind el-aurianische Flüchtlings-Raumschiffe im Umkreis der Erde so normal, dass man nur einen kurzen Scan-Button drücken muss, um zu erkennen: Aha, schon wieder so ein Flüchtlingsschiff!
Wundert sich in dieser "Star Trek"-Welt niemand über Flüchtlingsschiffe? Zuckt man da nur mit den Schultern? Heute sind es halt ein paar Aliens aus dem Delta-Quadranten, und morgen schon ein paar Spezies aus dem Gamma-Quadranten, die vor dem Dominion flüchten.
Apropos Delta-Quadranten: Sind die El-Aurianer wirklich den ganzen Weg aus dem Delta-Quadranten vor den Borg geflüchtet? Das wäre so, als würde ich vor einem Einbrecher aus der Wohnung flüchten und anschließend einen Marathonlauf hinlegen.
Was war das Ziel der El-Aurianer? Die Erde? Warum flog man nicht zunächst einen Außenposten am Rand der Föderation an? Haben die El-Aurianer irgendeinen Super-Slipstream-Transwarp-Sprungantrieb, mit dem sie mal eben aus dem Delta-Quadranten flüchten können? Und wenn es so ist, warum haben die Borg nicht auch so einen Antrieb, immerhin scheinen sie doch etliche El-Aurianer assimiliert zu haben?
Das alles mag sich nach engstirnigem Nitpicken anhören, aber sorry: El-Aurianische Flüchtlinge unmittelbar bei der Erde ergeben keinen Sinn, besonders dann nicht, wenn sie den Menschen gar nicht ungewöhnlich vorkommen. In der Serie hätte es einen solchen Schwachsinn nicht gegeben. Die Crew der ENTERPRISE hätte die Schiffe gar nicht gekannt. Und erst die Überlebenden hätten erklärt, dass sie Flüchtlinge sind. Vielleicht haben sie irgendein Wurmloch benutzt, um zu fliehen, und als sie das Wurmloch verließen, gerieten sie in den Nexus. Das hätte erklärt, weshalb sich Flüchtlinge von so weit her plötzlich in der Nähe der Erde befinden.
Doch in den "Next Generation"-Kinofilmen kümmerte man sich nicht um "solche Details". Es ging um Flüchtlinge, die einen Hilferuf absondern. Mehr sollte der Zuschauer weder wissen noch hinterfragen. Die Glaubwürdigkeit einer solchen Szene war den Drehbuchautoren nicht wichtig. Vielmehr versuchten sie, Spannung aufzubauen, weil die ENTERPRISE angeblich nicht in der Lage ist, den Flüchlingen zu Hilfe zu kommen.
Nicht in der Lage? Auf dem Jungfernflug? Allmählich wird mir klar, warum die Titanic auf ihrer Jungfernfahrt untergegangen ist. Wahrscheinlich waren da auch noch keine relevanten Systeme installiert.
Erst als der mehr als überforderte Captain John Harriman erfährt, dass die ENTERPRISE (die sich noch immer im Sonnensystem befindet) das einzige Schiff in Reichweite ist, befiehlt er zögernd ein Rettungsmanöver. Wow! Wie spannend! Da dachten wir doch glatt, die ENTERPRISE würde die "Flüchtlinge" einfach nicht retten.
Mit anderen Worten: Diese winzige Szene, die uns zeigen soll, dass Harriman zögerlich ist, wird aufgelöst, indem wir erfahren, dass die ENTERPRISE "das einzige Schiff in Reichweite ist". Mit "Reichweite" sind die drei Lichtjahre gemeint, welche die el-aurianischen Flüchtlingsschiffe von der Erde entfernt sind.
Die ENTERPRISE befindet sich noch immer im Sonnensystem und ist das einzige Schiff in Reichweite? Es gibt also innerhalb des Sonnensystems aktuell kein zweites Schiff mit Warpantrieb!
Was für ein interstellarer Bananen-Staat ist diese Erde? Sie hat nur ein einziges Schiff zur Verfügung, ein Schiff wohlgemerkt, bei dem auch noch nahezu sämtliche relevanten Systeme fehlen und bei dem der Captain offenbar nur einen Wochenend-Kurs im Simulator gemacht hat. Und drei Lichtjahre entfernt schwirren "Flüchlingsschiffe" herum, denen irgendwie keinen helfen kann und die froh sein können, dass sie nicht eine Woche früher in Not geraten sind, denn da wäre dann wahrscheinlich gar kein Schiff in Reichweite gewesen.
(Über die mehr als unbeholfene Rettungsaktion möchte ich mich hier nicht mehr auslassen. Das soll ein Blogeintrag werden, kein Roman.)
Mit diesem Auftakt haben sich damals die Macher von "Star Trek" von allen Prinzipien verabschiedet, denen sie sich während der TV-Serie noch verpflichtet gesehen hatten. Danach folgte in allen Filmen ein wirrer Unfug aus geistig umnebelten Bösewichtern, die in den wenigsten Fällen selbst hätten erklären können, was sie eigentlich wollen, gemixt mit einer chaotischen Kette von Ereignissen, die keinerlei Überlegungen standhielten.
Das neue "Star Trek" hat sich nun mit der neuen Zeitlinie einen vermeintlichen Freibrief für noch mehr Unsinn ausgestellt, sozusagen eine Lizenz zum Blödeln. Und so eine Lizenz wird nicht erteilt, um sie ungenutzt zu lassen.
Daher sind meine Erwartungen - was den neuen Film angeht - nicht sehr hoch. Und genau deshalb erwarte ich einen unterhaltsamen Kinoabend. Den größten Fehler, den man bei den letzten "Star Trek"-Filmen begehen konnte, waren hohe Erwartungen. (In Wahrheit konnte man schon dankbar sein, wenn es nicht wieder vollends in die Hose ging.)
Was verspreche ich mir also von dem Film? Anstatt, peinlicher, schlecht gemachter Action wie in "Star Trek: Nemesis" verspreche ich mir perfekt gemachte Action. Anstatt durchschnittlicher Regieleistungen von irgendwelchen Anfängern oder Nobodys verspreche ich mir handwerkliche Perfektion. Perfekt gemachte Action und handwerkliche Perfektion waren die beiden Elemente, die den letzten Film auszeichneten (weshalb ich all jene verstehe, die den letzten Film als "Fortschritt" empfanden).
Was ich nicht erwarte, dass ist die Art von Glaubwürdigkeit und Durchdachtheit, die mich einst zum Fan machte, weil sie es mir ermöglichte, gedanklich in diese fremde Zukunftswelt einzutauchen. "Star Trek" hat inzwischen die Glaubwürdigkeit eines Superhelden-Franchise. Wenn man sich erst einmal damit abgefunden hat, kann man wohl gut mit den neuen Filmen leben.
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Schon wieder die bereits seit Jahren/Jahrzehnten beliebte These vom Ende, oder wenigstens vom Niedergang von Star Trek. Was wurde nicht darüber schon alles geschrieben? Seit Jahrzehnten gibt es immer einen Sündenbock, der angeblich dabei ist alles kaputtzumachen. Erst war der Sündenbock Fred Freiberger in Bezug auf TOS Staffel 3. Dann Mr. Roddenberry himself, (der in der Tat sein Franchise mit TMP fast selbst zerlegt hätte). Dann Shatner mit The Final Frontier. In manchen Kreisen Ira Steven Behr, die ihn dafür kritisierten mit DS9 ausnahmsweise mal was erfrischend anderes mit Star Trek ausprobiert zu haben. Dann natürlich das berüchtigte Duo Berman/Braga.
AntwortenLöschenUnd schlussendlich JJ Abrams (obwohl wir ihm den Hintern küssen sollten, dafür dass er nach dem Ende von „Enterprise“, als ich schon davon ausging für mindestens eine Dekade kein Star Trek mehr zu sehen zu bekommen, das Franchise fit für das 21. Jahrhundert gemacht hat.
Wieso blasen die Fans seit fast 50 Jahren eigentlich immer Trübsal? Welches Franchise kann schon von sich behaupten so lange durchgehalten zu haben? James Bond vielleicht. Und immer ist in Fandiskussionen Endzeitstimmung angesagt.
Tatsache ist, dass sich immer schon ähnlich wie in der Bibel die 7 mageren Jahre mit den 7 fetten Jahren abwechseln. Klar war Star Trek schlecht. Aber es wurde wieder gut. Es gab nämlich niemals diese von Fans immer beschriebene konstant gute Periode, die von Freiberger/Roddenberry/ Shatner/Braga/Berman/Abrams auf immer zerstört wurde.
Und all diejenigen, die die TNG-Zeit im Nachhinein verklären und JJ Abrams den Spiegel vorhalten wollen, wie richtiges Trek auszusehen hat, sollten nicht verdrängen, was für einen grottigen Trash diese Serie in den ersten beiden Jahren abgeliefert hat!
Zu Generations. Darauf immer noch rumzureiten ist wie das sprichwörtliche Schlagen des toten Pferdes. Nicht einmal die Autoren Braga und Ronald D. Moore dementieren noch, dass sie einen absolut sinnfreies, chaotisches Machwerk abgeliefert haben (der Audio-Kommentar ist diesbezüglich sehr interessant)
Hast Du den neuen Star Trek schon gesehen? Wenn ja, würde ich mich über eine Kritik von Dir dazu freuen.
AntwortenLöschenWas ist eigentlich mit den Kritiken zum letzten Star Trek passiert. Die finde ich hier nirgends mehr.
Wollte die mal einem Freund als Link schicken.
Den Film werde ich mir am Donnerstag ansehen. Die alten Kritiken habe ich wegen der vielen Proteste enfernt!
AntwortenLöschenObwohl ich in einigen PUnkten mit der Kritik nicht zugestimmt hatte, fand ich sie trotzdem recht interessant zu lesen. Den ganzen Artikel zu entfernen halte ich für übertrieben. Konstruktive Kritik sollte immer erlaubt sein und Trolls kannst du ja ignorieren/blocken.
LöschenNunja, Guinan sagte ja, dass ihr Volk nach dem Kontakt mit den Borg über die gesamte Galaxis verstreut wurde. Das könnte bedeuten, dass El-Aurianer immer nur als Flüchtlinge bekannt sind und auch als solche dann bezeichnet werden.
AntwortenLöschenUnd dass die Enterprise das einzige Schiff in Reichweite ist (was ja nichts anderes bedeutet, als dass die Erde praktisch ohne Verteidigung dasteht), das passiert ja nun fast in jedem Star-Trek-Film, das kann man dem siebten Teil nun wirklich nicht vorwerfen.
Schade. Aus meiner Sicht sind/waren die Proteste gerechtfertigt.
AntwortenLöschenAber was Du vergessen hast bei Treffen der Generationen, war den Nexus im Nexus zu zerstören. Das war ja mal der größte Salat überhaupt.
"Mit diesem Auftakt haben sich damals die Macher von "Star Trek" von allen Prinzipien verabschiedet, denen sie sich während der TV-Serie noch verpflichtet gesehen hatten. Danach folgte in allen Filmen ein wirrer Unfug aus geistig umnebelten Bösewichtern, die in den wenigsten Fällen selbst hätten erklären können, was sie eigentlich wollen, gemixt mit einer chaotischen Kette von Ereignissen, die keinerlei Überlegungen standhielten."
AntwortenLöschenSeltsamerweise hast du bei deiner Kritik zu Star Trek 7 auf "Phantastische Welten" in keinem Wort auf diese Logikfehler hingewiesen und zu den nächsten beiden Filmen sehr gute Kritiken geschrieben.
Mann Mann Mann, du hast ja gar keine Fantasie. Die haben sich schon an der Förderationsgrenze irgendwo gemeldet und wurden dann weitergeschickt. Daher wusste man, dass es Flüchtliche sind.
AntwortenLöschenUnd die Borg haben durchaus bessere Antriebe und sonstwas für Dinger. Kennt man ja seit Voyager. Vlt. haben dies von den ElAurianern. Oder die beiden Schiffe sind ins Bazanwurmloch geraten oder was auch immer. Wird schon genügend Möglichkeiten geben.
Tatsächlich finde ich die Sache mit Kirk aber auch blöd. Davon abgesehen ist der Film ne gute Fortsetzung der Serie. Hätte man nur mit irgend so einem Duraskonflikt aber auch hinbekommen. Man denke nur an Kampf um das klingonische Imperium. Tolle Folge. In Filmlänge.
"Die ENTERPRISE befindet sich noch immer im Sonnensystem und ist das einzige Schiff in Reichweite? Es gibt also innerhalb des Sonnensystems aktuell kein zweites Schiff mit Warpantrieb!"
Schon den ersten Film vergessen?
Nemesis empfinde ich nicht als schlecht gemachte Action. Die Raumschlacht am Ende ist z.B. eine der Besten. Natürlich hätte ich es lieber gesehen, wenn die Wiedervereinigungsfolge aufgegriffen worden wäre.
Als elften Film hätte besser Manny Coto einen Spiegeluniversumsfilm machen sollen. An der Enterprisefolge hat man gesehen, dass es funktioniert. Manny Coto soll angeblich ST-Fan sein. Sieht man an der Qualität der vieten Staffel.
Als irgendwelche 08/15-SciFi-Filme könnte man die neuen Filme schon gut finden. Aber wenn da Star Trek dransteht find ich sie nicht gut. Vlt. geht's mir damit so, wie damals den TOS-Fans mit TNG. Aber die Abramsproduktionen nicht als gutes ST zu empfinden, das nehme ich mir einfach raus.
Cloverfield und 8mm fand ich gut. Der soll sich also lieber an eigene Sachen setzen. Wenn der was bestehendes in die Hand nimmt wo er kein Fan von ist, kommt halt Murks raus, er hat eben keinen Sinn dafür.
Zum Glück bin ich kein StarWars-Fan.