Mittwoch, 21. Juli 2010

Doof oder fies?

Was ich mich seit meiner Kindheit schon immer fragte, war das: Wenn Politiker absoluten Müll verbreiten, liegt das daran, dass sie wirklich so naiv und unlogisch sind, oder tun sie es nur, weil sie den Bürger für naiv und unlogisch halten.

Ich weiß, ich weiß, viele werden jetzt sagen: Ist doch klar. Zweiteres. Die wollen uns für blöd verkaufen.

Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht.

Einiger Unsinn ist so fadenscheinig und durchschaubar, dass ich mich frage, ob sich Politiker, wenn sie die Bevölkerung schon verarschen wollen, sich nicht eine bessere Verarsche ausdenken könnten und würden.

Nehmen wir Diplom-Soziologin und Familienministerin Kristina Schröder, CDU-Politikern, die einst eine Doktorarbeit über "Gerechtigkeit und Gleichheit" verfasste. Nach ihrem neuen Plan zur Kürzung des Elterngeldes gibt es drei Kategorien.

1. Wer mehr als 2770 Euro netto im Monat hat (entspricht rein zufällig so etwa dem Einstiegsgehalt der höheren Beamtenlaufbahn, von denen ja rein zufällig nicht wenige Abgeordnete sind): Null Abstriche. Es gibt weiterhin 1800 Euro Elterngeld.

2. Einkommen unter 2770 Euro netto erhalten künftig 2 Prozent weniger Elterngeld.

3. Hartz-IV-Empfänger gehen künftig leer aus. (Das betrifft auch all die "Mini-Jobber", die mit Hartz IV aufstocken müssen, eine - wie ich unterstelle - bewusste Lücke, damit man was zum "sozialen nachbessern" hat.)

Okay, das ist sozial ungerecht, aber nichts, was nicht wie die Faust aufs Auge zum aktuellen Regierungstrend passen würde. Sich darüber aufzuregen, wäre albern und naiv. Wir haben hier eine Regierung, die gezielt das Lohn-Dumping der Industrie fördert und welche die daraus resultierenden Einnahmelücken der sozialen Sicherungssystem genau diesen Versicherungen als "Systemschwäche" ankreidet. Während man letztes Jahr etlichen Käufern eines Neuwagens sowie der Hotellobby Steuergeschenke in Milliardenhöhe machte, wurde dieses Jahr der Sozialetat um 7,9 Prozent gekürzt. Unangetastet blieb weiterhin der höhere Spitzensteuersatz, nicht mal für Spitzenverdiener. Unangetastet auch die im internationalen Vergleich absurd niedrige Vermögensbesteuerung. Und Pflichtversicherte der gesetzlichen Krankenkassen sollen künftige Beitragserhöhungen allein tragen, während Privatversicherte völlig unbehelligt bleiben, davon sogar profitieren, weil nun weitere Anreize für Gutverdiener geschaffen wurden, in die private Krankenversicherung zu wechseln, was die Einnahmeseite der privaten Krankenkassen weiter verbessert.

Ehrlich, sich über die Ungerechtigkeit beim Elterngeld aufzuregen, da kann ich wirklich nur müde abwinken. Wer das tut, der hat die letzten Jahre geschlafen, und zwar schon vor schwarz-gelb.

Viel drolliger finde ich aber die Begründung.

Die muss man sich nämlich schon auf der Zunge zergehen lassen. Die Begründung für die unsozialen Elterngeld-Pläne ist nämlich: Bezieher von Hartz IV sollen schließlich durch weitere Abschläge animiert werden, sich endlich eine Arbeit zu suchen. Personen mit höheren Einkommen dagegen sollen animiert werden, nicht mehr zur Arbeit zu gehen, um sich zu Hause um den Nachwuchs zu kümmern, und das lasse sich eben nur durch ein unverändertes Elterngeld erreichen.

Wie hieß es doch stets am Ende der "Gespenster-Geschichten"-Comics, die ich in meiner Kindheit so gerne las: Unglaublich, aber so steht es geschrieben.

1 Kommentar:

  1. "Was ich mich seit meiner Kindheit schon immer fragte, war das: Wenn Politiker absoluten Müll verbreiten, liegt das daran, dass sie wirklich so naiv und unlogisch sind, oder tun sie es nur, weil sie den Bürger für naiv und unlogisch halten."

    Ich glaube es kommt beides vor.

    Davon abgesehen, dass das Elterngeld dazu gedacht war Arbeitende zu ermutigen Kinder zu bekommen, Hartz4-Empfänger also naturlich keins bekommen sollten, und früher ja auch keins bekommen haben, als es das noch nicht gab, und sich auch keiner beschwert hat, dass es so etwas wie das Elterngelt nich gibt, davon abgesehen würde ich es ganz abschaffen. Es gibt schon das Kindergeld, das reicht zu, man braucht keine zehn verschiedenen Unterstützungen, was ja nebenbei auch mehr und teureren Verwaltungsaufwand bedeutet. Kindergeld würde ich aber nur bis zum Dritten Kind Zahlen, dafür für das Erste mehr und mit dem Zweiten und Dritten abnehmend. Die meisten Leute hierzulande haben eh null odr nur ein Kind. Und Eltern müssen ihre Kinder auch irgendwo selbst vesorgen können.

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