Die Kommentarfunktion im Internet ist Fluch und Segen zugleich.
Fluch, weil jeder besserwisserische Schwachkopf irgendeinen hirnverbrannten, überflüssigen Senf von sich geben und veröffentlichen kann.
Segen deshalb, weil man sich als Leser nicht länger Illusionen über die Menschheit macht und erkennt, dass sie zu einem erschütternden Großteil aus besserwisserischen Schwachköpfen besteht, die gar nicht erkennen, was für einen überflüssigen Senf sie verzapfen.
Auf diese Erkenntnis stieß ich, als ich mir bei Amazon die Kundenbewertungen zu dem japanischen Rollenspiel "Trinity: Souls of Zill O'll" durchlas. Im Forum machte jemand die Anmerkung, das Spiel sei, anders als (damals) bei Amazon angegeben, nicht auf deutsch spielbar, weil weder deutsche Sprache noch deutsche Texte zur Auswahl stehen. Tatsächlich sei das Spiel also nur auf Englisch spielbar.
Man könnte meinen, dass damit die Angelegenheit erledigt sei. Doch irgendein Typ schrieb als Erwiderung:
"Wieso ist das ein Problem für dich? In der heutigen Zeit sollte wirklich jeder in der Lage sein, Englisch zu sprechen... verglichen mit der deutschen oder französischen Grammatik ist es eine sehr "einfache" Sprache. Ich finde es ehrlich gesagt ziemlich peinlich, dass es immer wieder Leute gibt, die sich über eine fehlende deutsche Sprach-/Textversion aufregen. Ursprünglich war nicht einmal sicher, ob dieses Game außerhalb von Japan veröffentlicht wird. Also solltest du als "RPG Fan" froh sein, es überhaupt zocken zu können."
Daraufhin entbrannte eine Diskussion darüber, wie man heutzutage denn noch ohne Englisch durchs Leben kommt.
Das alles erinnert mich an den "Loriot"-Sketsch mit dem Frühstücksei. Der Ehemann beklagt, dass das Ei zu hart sei und offenbar nicht, wie gewünscht, nur viereinhalb Minuten gekocht hat, worauf er als Antwort erhält: "Zu viele Eier sind gar nicht gesund."
Es ist eine Marotte der Deutschen. Beim Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft entbrennt plötzlich eine Debatte darüber, ob es diese Eigenschaft oder gar das Produkt an sich "überhaupt braucht".
Es ist ein cleveres Spiel mit der Logik, mit der Vollidioten sehr leicht punkten können, wenn man sich auf ihr Spiel einlässt. Und nein, das ist kein Einzelfall. In Wahrheit passiert es sogar andauernd. Wenn irgendwo etwas fehlt, das angeblich enthalten sein soll, wird garantiert irgendwer sagen: "Aber das brauchst du doch eh nicht." Besonders beliebt bei fehlenden oder fehlerhaften deutschen Sprachspuren. "Auf deutsch schaut man das doch eh nicht."
Nun hat man die Wahl, sich entweder als Prinzipienreiter aufzuspielen (die Eigenschaft ist einem nicht wichtig, es stört einem aber trotzdem, dass sie fehlt, zumal dann, wenn sie zugesichert wurde), oder darauf zu beharren, dass man selbst sehr wohl diese Eigenschaft benötigt (worauf man sich schnell viele Belehrungen und herablassendes Gefasel einhandelt, selbst bei einem japanischen Rollenspiel, das durch die englische Fassung ja genauso weit vom Original entfernt ist wie bei einer deutschen Übersetzung). In beiden Fällen ist man am Ende der Loser.
Was also tun? Den Einwand ignorieren? Ihn kategorisch mit einem "das ist kein relevanter Einwand" abschmettern? Das ist leider gar nicht so leicht zu beantworten. Denn wäre gegen dümmliche Besserwisserei tatsächlich ein einfaches und wirksames Kraut gewachsen, wäre sie längst ausgerottet.
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Die Sache mit einem reduzierten Englisch als Weltsprache höre ich (noch) relativ häufig. Ich glaube aber, dass sich das in der Zukunft erledigen wird. Historisch gesehen war es immer so, dass die Nation, die global dominant war sich auch sprachlich durchsetzen konnte. Mit dem Aufstieg Asiens und dem Niedergang des Westens in seiner heutigen Form, wird sich das aber geben.
AntwortenLöschenIch höre immer wie einfach Englisch angeblich sein soll. In der Tat, für Deutsche ist es das auch, da beide Sprachen sehr verwandt sind. Ich habe aber ein paar japanische Freunde, die mir erzählen wie hart Englisch für sie ist. Ist wahrscheinlich so, als würde man uns dazu nötigen Japanisch zu lernen. In China (global player der Zukunft) wird das nicht anders sein. Unsere Kinder werden möglicherweise Mandarin als erste Fremdsprache lernen müssen, wer weiß? Dieser ewige Kreislauf des Sprachimperalismus kann erst durchbrochen werden, wenn man sich auf eine globale Plansprache wie Esperanto einigt.
P.S Loser nicht Looser.
Der Loser ist korrigiert! :-)
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