Dass Gen-Technik irgendwie böse und gefährlich ist, das muss man vor allem einem Deutschen nicht erklären. Wer in die Gene eingreift, greift in den Bauplan Gottes ein. Dass die Menschen seit Jahrhunderten durch Züchtungen immer wieder die Gene ihrer Umwelt veränderten und dadurch viele Pflanzen überhaupt erst essbar oder zumindest bekömmlicher machten, interessiert nicht. Beim Zufall kann Gott seine Hand im Spiel haben, beim gezielten Verändern nicht mehr.
Übertreibe ich? Mag sein. Fakt ist jedoch: Wahllose Veränderungen der Gene sind noch immer erlaubt. Sie gelten nicht als Gen-Technik.
Doch wie ändert man die Gene wahllos? Ganz einfach: Man bestrahlt die Pflanzen radioaktiv. Früher hat man das Saatgut dafür tatsächlich in Atomkraftwerke gebracht, um sie dort einer gehörigen Portion Gammastrahlung auszusetzen. Dann hat man das Saatgut gepflanzt, um zu testen: Was wurde dadurch besser? Ein aufwendiges Verfahren, doch praktisch alle Getreidearten wurden so "behandelt". Auch Soja, Kartoffeln und Tomaten, oder Obst. Auf diese Weise gelangt man zu gewünschten Ergebnissen, zum Beispiel zur "Züchtung" von kernlosen Trauben.
Dass bei einer solchen Bestrahlung auch viele ungewollte Effekte möglich sind, stört komischerweise niemanden. Nicht einmal jene, die es doch eigentlich besser wissen müssten, sind sie doch mit zahllosen japanischen Monsterfilmen aufgewachsen. Aber auch der Biobauer darf seine gezüchteten Trauben, die ihre Geburtsstätte im Atomkraftwerk feierten, brav anpflanzen. Ist ja keine Gen-Traube, sondern eine "natürliche".
Aber wehe, man erzeugt im Gen-Labor gezielt Mais, der zum Beispiel "Bt-Toxin" produziert, womit sich der Mais gegen Schädlinge wehrt. Im Bio-Landbau macht man das besser: Dort sprüht man BT-Toxin direkt auf die Pflanzen. Ist erlaubt und "bio".
Damit hier keine Missverständnisse entstehen: Die "Bestrahlungsmethode" ist nach wie vor erlaubt. Daran hat auch der "Atomausstieg" nichts geändert. Es ist noch immer die legale Alternative zur verteufelten Gen-Technik. Man bestrahlt die Pflanzen, ändert die Gene und hofft auf die "X-Men"-Pflanze, also eine Pflanze, die dann durch Zufall bessere Eigenschaften aufweist. Was an dieser Methode "berechenbarer" oder "ungefährlicher" sein soll als an der Gen-Technik, kann natürlich niemand rational erklären. Will auch niemand erklären. Lieber sammelt man weitere "Einwände" gegen die Gen-Technik.
Jetzt hat man ein neues Argument gegen Gen-Technik gefunden: Gen-manipulierter Mais macht angeblich besonders dick. Juhu! Ein erneuter Beweis für die Gefahren der Gen-Technik. Es hat ja alles, das auf dieser Erde wächst, schon einmal im Verdacht gestanden, besonders dick zu machen. Erst waren es tierische Fette, dann sämtliche Fette, dann die Kohlenhydrate … Es muss also etwas Neues her. Da bietet sich "Gen-Food" natürlich an. Vor allem der verhasste "Gen-Mais".
Der Grund könnte aber ein völlig anderer sein, und der liegt ganz schlicht beim Fruchtzucker. Schon vor einigen Jahren hat man in Labortests festgestellt, dass Fruchtzucker (Fruktose) - ja, genau der, den man jahrelang ausgerechnet Diabetikern empfohlen hat - besonders dick macht und das Diabetesrisiko erhöht. Damit war auch erstmals eine einleuchtende Erklärung für die angebliche Zunahme des Übergewichts in den USA gefunden. Seit der Kuba-Krise nutzte man dort immer weniger Rohrzucker. Stattdessen verarbeitete man die Stärke aus dem Mais für die Herstellung von Maissirup. Der Anbau von Mais wird seit damals massiv subventioniert, wodurch der Maissirup viel billiger ist als Rohrzucker. Zudem hat Maissirup eine stärkere Süßkraft. Daher ist in den USA in nahezu allen Getränken und Fertiggerichten anstelle des Haushaltszuckers Maissirup enthalten.
Wenn nun gen-manipulierter Mais dicker macht, dann könnte das schlichtweg daran liegen, dass dieser Mais einen besonders hohen Stärkegehalt hat. Und bei Masttieren ist dieser Effekt ja sogar erwünscht. Für die Menschen hat er dann leider einen weniger schönen Effekt. Das ist aber sicher keine Folge der Gen-Technik. Es ist eben eine Folge eines neu gezüchteten Mais. Vielmehr sollte man genau das zum Anlass nehmen, eingehend zu untersuchen, ob bestimmte Menschen auf Fructose mit Gewichtszunahme reagieren. Dann könnte man diesen Menschen die Empfehlung mit auf den Weg geben, auf Fertigprodukte mit hohem Fructose-Anteil sowie auf "gesundes Obst" zu verzichten.
Aber das wäre wohl zu sinnvoll, es wird also keiner tun. Lieber wird man "Gen-Food" als Dickmacher verschreien, um diesem "Teufelszeug" endgültig das Handwerk zu legen.
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